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FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Gynäkologische Endokrinologie
Postmenopause
Positionspapier der Nordamerikanischen Menopause-Gesellschaft (NAMS) zur Hormonersatztherapie (HRT)
Hintergrund: 5 Jahre ist es her, als die NAMS ihr letztes Positionspapier zur HRT publizierte. Das im Juni 2017 veröffentlichte Update wird von diversen internationalen Fachgesellschaften inklusive der Deutschen Menopause-Gesellschaft (DMG) und der Europäischen Menopause- und Andropause-Gesellschaft (EMAS) unterstützt.
Stichpunktartig werden im Folgenden die wesentlichen Neuerungen respektive die interessanten Einzelaspekte beschrieben.
Allgemeines I Indikationen der US-amerikanischen
Zulassungsbehörde FDA für eine HRT: 1. störende vasomotorische Beschwer-
den 2. Prävention des Knochenmassever-
lustes 3. Hypoöstrogenämie aufgrund von
Hypogonadismus, Kastration oder prämaturer Ovarialinsuffizienz (POI) und 4. urogenitale Atrophie. I Das bisherige HRT-Konzept «lowest dose for the shortest period of time» wird als unpassend oder für einige Frauen sogar als nachteilig beurteilt. Das neue HRT-Konzept bezieht sich auf «appropriate dose, duration, regimen, and route of administration». I Eine HRT sollte nicht routinemässig im Alter von 65 Jahren beendet werden. Eine Fortführung der HRT kann bei Frauen über 60 bis 65 Jahre nach entsprechender Beratung bei persistierenden vasomotorischen Beschwerden, Aspekten der Lebensqualität und/oder zur Osteoporoseprävention in Erwägung gezogen werden. I Der Einsatz von individuell hergestellten bioidentischen Hormonen wird im Allgemeinen aufgrund von mangelnden Sicherheitsdaten nicht empfohlen. In speziellen Situationen wie Allergien sollte die Indikation schriftlich dokumentiert werden. I Hormonspeicheltests zur Bestimmung der HRT-Dosis sind unzuverlässig und werden nicht empfohlen.
Gestagentyp I Orales mikronisiertes Progesteron à
300 mg zur Nacht reduziert Hitzewallungen und nächtliche Schweissausbrüche und verbessert den Schlaf. I Mikronisiertes Progesteron ist möglicherweise weniger thrombogen als andere Progestagene.
Vaginale Atrophie I Zur Behandlung der vaginalen Atro-
phie sind neben vaginalen Östrogenen der SERM Ospemifen und intravaginales DHEA zugelassen.
Prämature Vaginalinsuffizienz (POI) I Eine unbehandelte frühe Menopause
und POI sind mit einem erhöhten Risiko für koronare Herzerkrankung, Demenz, Apoplex, M. Parkinson, Augenerkrankungen und einer erhöhten Gesamtmortalität verbunden.
Sinnesorgane I Eine HRT erhöht das Risiko für Augen-
trockenheit, reduziert aber das Risiko für Katarakt und Offenwinkelglaukom.
Muskulatur I In Kombination mit Krafttraining erhält
respektive erhöht eine HRT die Muskelmasse und verbessert die Muskelkraft.
Schlaganfall und Gesamtmortalität I Ein HRT-Beginn vor dem 60. Lebens-
jahr respektive innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause reduziert signifikant die Gesamtmortalität. I Ein HRT-Beginn vor dem 60. Lebensjahr respektive innerhalb von 10 Jahren
Prof. Dr. med. Petra Stute
Quelle: The 2017 hormone therapy position statement of The North American Menopause Society. Menopause 2017; 24 (7): 728-753. DOI: 10.1097/GME.0000000000000921
nach der Menopause ist nicht mit einem erhöhten Apoplexrisiko verbunden.
Mammakarzinom
I Eine kombinierte HRT mit CEE+MPA
erhöht das Risiko für ein invasives
Mammakarzinom um weniger als ei-
nen zusätzlichen Fall pro 1000 Anwen-
derinnen pro Jahr. Dieses Risiko liegt
etwas höher als das Trinken von einem
Glas Wein pro Tag, ist aber niedriger
als das Trinken von zwei Gläsern Wein
pro Tag und vergleichbar mit dem
Brustkrebsrisiko bei Adipositas bezie-
hungsweise Bewegungsmangel.
I Eine HRT erhöht das Brustkrebsrisiko
von Frauen mit familiärer Brustkrebs-
belastung nicht zusätzlich.
I Eine HRT erhöht das Brustkrebsrisiko
von BRCA-1/2-Mutationsträgerinnen
nach bilateraler Ovarektomie nicht zu-
sätzlich und sollte analog zu Frauen
mit POI bis zum Erreichen des media-
nen Menopausenalters (52 Jahre) in Er-
wägung gezogen werden.
I
Prof. Dr. med. Petra Stute Präsidentin Schweizerische Menopausengesellschaft Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde – Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch
Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
36 GYNÄKOLOGIE 4/2017