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Kongressbericht
International Conference on Malignant Lymphoma (ICML), Lugano, 14. bis 17. Juni 2017
Rezidiviertes/refraktäres Hodgkin-Lymphom
Gutes Abschneiden der Checkpoint-Inhibitoren bei stark vorbehandelten Patienten
Checkpoint-Inhibitoren haben Einzug in die Behandlung diverser Tumorentitäten gefunden. Studien mit Nivolumab und Pembrolizumab zeigen, dass diese Immuntherapien auch bei Hodgkin-Lymphomen sehr vielversprechend sind. Gerade Patienten mit einer rezidivierten/refraktären Erkrankung konnten von der Behandlung profitieren.
Neben Tumorzellen finden sich in einem Lymphom auch verschiedene Immunzellen, darunter viele zytotoxische T-Zellen, die Bestandteil der antitumoralen Immunantwort sind (1). «Verschiedene Mechanismen sind jedoch dafür verantwortlich, dass diese Immunantwort gehemmt wird», erklärte Prof. Stephen M. Ansell, Rochester/USA. «An der Oberfläche der T-Zellen sind verschiedene Rezeptoren zu finden, darunter PD-1. Lymphomzellen weisen eine übermässige Expression der beiden Liganden von PD-1, PD-L1 und PD-L2, auf. Über eine Bindung an PD-1 kann dies dazu führen, dass eine wirksame Antitumor-Immunantwort unterdrückt wird.» Auf diese Weise sei es der Tumorzelle möglich, dem Immunsystem zu entkommen. «Mittlerweile wurden jedoch mehrere monoklonale Antikörper entwickelt, die entweder an PD-1 oder PD-L1 binden und die so die Interaktion zwischen dem Liganden und dem PD-1-Rezeptor blockieren. Bei den Lymphomen wurden in klinischen Studien bisher hauptsächlich Anti-PD-1-Antikörper getestet.»
Ermutigende Phase-I-Daten
Ansell erläuterte einige Studienresultate zum Einsatz von Anti-PD-1-Antikörpern beim Hodgkin-Lymphom (HL). In einer Phase-I-Studie (CA209-039) führte Nivolumab bei Patienten mit einem rezidivierten/refraktären (r/r) HL zu einer Gesamtansprechrate (ORR) von 87% (20 von 23 Patienten), unter ihnen 17% mit einem kompletten Ansprechen (CR) und 70% mit einem partiellen Ansprechen (PR) (2). Die übrigen drei Patienten erreichten eine stabile Erkrankung. «Damit konnten alle eingeschlossenen Patienten zu einem gewissen Grad von der Behandlung mit Nivolumab profitieren», kommentierte Ansell. Ebenfalls als sehr ermutigend
sei zudem der anhaltende Nutzen der Behandlung zu beurteilen. Das progressionsfreie Überleben (PFS) lag nach 24 Wochen bei 86%. Für Pembrolizumab liegen ebenfalls gute Resultate beim HL vor. In einer Studie der Phase Ib (KEYNOTE-013) erreichte der Anti-PD-1-Antikörper bei Patienten mit einem r/r HL eine ORR von 65% (CR: 16%, PR: 48%) (3). Das PFS betrug nach 24 Wochen 69% und nach 52 Wochen 46%. Ansell ging dabei auch auf die Resultate der immunhistochemischen Untersuchung von Tumorproben bezüglich der PD-L1Expression ein: «Von 10 untersuchten Proben erwiesen sich alle als positiv. Zudem war der Grad der PD-L1-Expression jeweils sehr hoch, sehr viel höher als die ‹Cut-offs›, wie sie zum Beispiel bei soliden Tumoren verwendet werden. Eine Korrelation mit dem Ansprechen herzustellen, war jedoch schwierig.»
Hohe Ansprechraten mit Nivolumab
Wie Ansell weiter erläuterte, ist es nach den ermutigenden Resultaten der PhaseI-Studien natürlich wichtig gewesen, den Schritt in die Phase II zu machen. Im Falle von Nivolumab geschah dies in der Studie CheckMate 205 (4). In diese noch laufende Studie wurden erwachsene Patienten mit einem r/r HL nach einer autologen Stammzelltransplantation (ASCT) in 3 unterschiedliche Kohorten eingeschlossen (Kohorte A: Brentuximab-vedotin-[BV-]naiv; B: BV nur nach der ASCT; C: BV vor und/oder nach der ASCT). Alle Patienten erhielten Nivolumab 3 mg/kg alle 2 Wochen bis zur Progression oder inakzeptablen Toxizität. Die Patienten der Kohorte C mit einem CR über den Zeitraum von einem Jahr konnten die Nivolumab-Behandlung unterbrechen und sie im Falle eines Rezidivs wiederaufnehmen.
Nach einem minimalen Follow-up von 6 Monaten ergab sich für Kohorte B eine ORR von 66,3% (CR: 8,8%; PR: 57,5%) und ein 6-Monats-PFS von 77% bei einer akzeptablen Verträglichkeit. Ein Update dieser Resultate mit einem medianen Follow-up von 15 Monaten zeigte für Patienten der Kohorte B eine ORR von 68% (5). «Wichtig zu erwähnen ist hier, dass die mediane Dauer des Ansprechens mit 13 Monaten bei etwas mehr als einem Jahr lag», ergänzte Ansell. Das 12-Monats-PFS betrug 54,6%, das 12-Monats-Gesamtüberleben (OS) 94,9%. Das Update umfasste zudem auch Resultate zu den BVnaiven Patienten der Kohorte A. Hier zeigte sich eine ORR von 68% (CR: 22%, PR: 46%). «Bei einem medianen Followup von 14 Monaten wurde in dieser Kohorte die mediane Ansprechdauer noch nicht erreicht», erläuterte der Redner. Das neueste Update der CheckMate205-Studie wurde im Rahmen des Kongresses in Lugano präsentiert (6). Das mediane Follow-up lag nun bei 19 Monaten (Kohorte A), 23 Monaten (Kohorte B) und 16 Monaten (Kohorte C): Unter Nivolumab wurden in allen Kohorten hohe Ansprechraten erreicht, unabhängig vom Status bezüglich BV-Therapie. So lag die ORR in Kohorte A bei 65%, in Kohorte B bei 68% und in Kohorte C bei 73%. Das Ansprechen (CR oder PR) erwies sich auch hier weiterhin als anhaltend. Das mediane PFS betrug in Kohorte A 18,3 Monate, in Kohorte B 14,7 Monate und in Kohorte C 11,9 Monate. Das mediane OS wurde noch nicht erreicht.
Pembrolizumab bei primär refraktären Patienten aktiv
Die Phase-II-Studie zu Pembrolizumab beim r/r HL trägt den Namen KEYNOTE087 (7). Auch diese Studie enthielt 3 Kohorten. Kohorte 1 umfasste Patienten mit einem Rezidiv nach einer ASCT und nachfolgender BV-Therapie. In Kohorte 2 wurden Patienten nach Versagen einer Salvage-Chemotherapie und einer BV-Behandlung eingeschlossen (chemoresistent, nicht für eine ASCT geeignet). Kohorte 3 schliesslich schloss Pati-
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enten mit einem Rezidiv nach ASCT ein, die nach der Transplantation kein BV erhalten hatten. Alle Patienten wurden einmal alle 3 Wochen mit 200 mg Pembrolizumab behandelt. Kohorte 1 erreichte schliesslich eine ORR von 73,9%, Kohorte 2 eine solche von 64,2% und Kohorte 3 eine solche von 70,0%. Die mediane Dauer eines Ansprechens wurde in keiner der Kohorten erreicht. Das 6-Monats-PFS betrug 72,4%, das 6-Monats-OS 99,5%. Damit führte die Pembrolizumab-Monotherapie bei diesen Patienten mit einem grossen therapeutischen Bedarf (Versagen einer ASCT bzw. nachfolgenden Therapie/nicht für ASCT geeignet) zu guten Resultaten.
Subgruppenanalyse bei primär chemorefraktären HL-Patienten Prof. Ansell wies darauf hin, dass auch eine Subgruppenanalyse zu den 73 primär
chemorefraktären HL-Patienten durch-
geführt wurde. Diese wurde in Lugano
gesondert präsentiert und zeigte, dass
Pembrolizumab bei diesen Patienten zu
vergleichbar guten Resultaten wie in der
Gesamtpopulation führte (ORR: 79,5%,
CR: 23,3%, PR: 56,2%) (8). Die mediane
Zeit bis zum Ansprechen betrug 2,8 Mo-
nate. Nach 6 Monaten lag die PFS-Rate
bei 79,6% und die OS-Rate bei 100%.
«Ich finde es ermutigend, dass die in der
Regel sehr schwer behandelbaren primär
refraktären Patienten ebenfalls von einer
PD-1-Blockade profitieren können», so
Ansell. Abschliessend wies er darauf hin,
dass eine der nächsten klinischen Her-
ausforderungen wohl darin liegen wer-
de, diese vielversprechenden immunolo-
gischen Ansätze in Kombinationsthera-
pien zu integrieren.
L
Therese Schwender
Quellen: 1. Ansell SM et al.: Where Do Programmed Death-1 Inhibitors
Fit in the Management of Malignant Lymphoma? J Oncol Pract 2016; 12: 101–106. 2. Ansell SM et al.: PD-1 blockade with nivolumab in relapsed or refractory Hodgkin’s lymphoma. N Engl J Med 2015; 372: 311–319. 3. Armand P et al.: Programmed Death-1 Blockade With Pembrolizumab in Patients With Classical Hodgkin Lymphoma After Brentuximab Vedotin Failure. J Clin Oncol 2016; Jun 27. pii: JCO673467. [Epub ahead of print]. 4. Younes A et al.: Nivolumab for classical Hodgkin’s lymphoma after failure of both autologous stem-cell transplantation and brentuximab vedotin: a multicentre, multicohort, single-arm phase 2 trial. Lancet Oncol 2016; 17: 1283–1294. 5. Timmerman JM et al.: Checkmate 205 Update with Minimum 12-Month Follow up: A Phase 2 Study of Nivolumab in Patients with Relapsed/Refractory Classical Hodgkin Lymphoma. Blood 2016,128: Abstract #1110. 6. Fanale M et al.: Nivolumab for relapsed/refractory classical Hodgkin Lymphoma after autologous transplant: full results after extended follow-up of the phase 2 checkmate 205 trial. Hematol Oncol 2017; 35(S2): Abstract #125. 7. Chen R et al.: Phase II Study of the Efficacy and Safety of Pembrolizumab for Relapsed/Refractory Classic Hodgkin Lymphoma. J Clin Oncol 2017; 35: 2125–2132. 8. Zinzani PL et al.: Pembrolizumab monotherapy in patients with primary refractory classical Hodgkin lymphoma: subgroup analysis of the phase 2 KEYNOTE-087 study. Hematol Oncol 2017; 35(S2): Abstract #125.
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