Transkript
Wer war eigentlich … – Herr Heimlich?
EDITORIAL
Henry Jay Heimlich (1920–2016)
Henry Jay Heimlich (nach manchen Quellen Henry Judah Heimlich) wurde 1920 in Wilmington (Delaware) als Sohn von Philip Heimlich und Mary Epstein geboren. 1937 schloss er die New Rochelle High School in New York ab, 1941 erhielt er einen B.A.-Abschluss an der Cornell University und 1943 den Doktorgrad am Weill Cornell Medical College. Während des Zweiten Weltkriegs war er bei der US-Marine als Arzt tätig. Anschliessend absolvierte er eine Facharztausbildung auf dem Gebiet der allgemeinen und Thoraxchirurgie und arbeitete viele Jahre in New York City. Er wechselte 1977 als Professor an die Xavier University of Cincinnati. Heimlich war seit 1951 verheiratet mit Jane Murray. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Phil, Peter, Janet und Elisabeth.
1957 nahm Heimlich erstmals eine operative Rekonstruktion der Speiseröhre vor, die zunächst unter seinem Namen bekannt wurde. Die Operation war jedoch Jahre zuvor von Dan Gavriliu in Rumänien erfolgreich durchgeführt worden. Heimlich anerkannte das, sodass die Operation schliesslich nach Gavriliu benannt wurde. 1974 beschrieb Heimlich erstmals, mit welchem Handgriff ein Verschluss der Atemwege durch einen Fremdkörper beseitigt werden kann. Eine Zeitung berichtete kurz darauf, wie ein Erstickender damit gerettet wurde. Damit wurde Heimlichs Ruhm begründet. (2003 behauptete Edward A. Patrick, ein angeblich langjähriger Kollege Heimlichs, der eigentliche Erfinder des Manövers gewesen zu sein, was zu Betrugsvorwürfen von Heimlichs Sohn Peter Anlass gab.) Henry Heimlich selber hat das «Heimlich-Manöver» während seiner Arbeit als Mediziner kein einziges Mal in einem Notfall angewendet. Erstmals kam er 2003 in die Situation, als Restaurantgäste ihn, den 83-Jährigen, zu Hilfe riefen. Erst im Alter von 96 geriet Heimlich in einem Seniorenheim ein weiteres Mal in die Situation, einer 87-jährigen Mitresidentin, die sich an einem Hamburger verschluckt hatte und zu ersticken drohte, mit dem Heimlich-Manöver zu helfen. Die Technik rettete, soviel man weiss, auch Expräsident Ronald Reagan, der Sängerin Cher sowie den Schauspielerinnen Marlene Dietrich und Liz Taylor das Leben. Und auch Pro-
minente haben den Griff erfolgreich angewendet: Angeblich rettete der Regisseur Clint Eastwood damit einem Mann bei einem Golfturnier das Leben. Wer einen zufällig gefilmten Live-Einsatz sehen will, klicke den folgenden Link an: www.welt.de/ vermischtes/article160394387/ Erfinder-des-Heimlich-Griffs-isttot.html Sein späteres Schaffen beeinträchtigte leider Heimlichs Ansehen, vor allem wegen seiner Behauptung, Aids, Krebs und Lyme-Borreliose seien heilbar, wenn man die Patienten mit Malaria infiziere. Diese Theorie stammte ursprünglich vom Medizin-Nobelpreisträger Julius Wagner-Jauregg, der herausgefunden haben wollte, dass Malaria Neurolues heile. Seit Anfang der Neunzigerjahre organisierte Heimlich Experimente in Mexiko, China und afrikanischen Ländern, bei denen Patienten malariainfiziertes Blut injiziert wurde. Diese Versuche wurden von FDA und CDC abgelehnt und von Bioethikern als «medizinische Gräuel» angeprangert. 2016 erlitt Heimlich einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er mit 96 Jahren verstarb.
Richard Altorfer
ARS MEDICI DOSSIER VII I 2017
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