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STUDIE REFERIERT
Sicherheit von Bupropion und Vareniclin bei COPD
Eine Auswertung von Daten des britischen National Health Service (NHS) ergab, dass Bupropion und Vareniclin bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung nicht mit einem höheren Risiko für schwere kardiovaskuläre und neuropsychiatrische Ereignisse verbunden sind als eine Nikotinersatztherapie.
Thorax
Vareniclin (Champix®) und Bupropion (Zyban®) haben sich in der Allgemeinbevölkerung und bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (chronic obstructive lung disease, COPD) als wirksame Medikamente zur Unterstützung der Rauchentwöhnung erwiesen. Aus Anwendungsbeobachtungen nach der Markteinführung ergab sich jedoch der Verdacht, dass beide Substanzen mit schweren kardiovaskulären und neuropsychiatrischen Nebenwirkungen verbunden sein könnten. Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) und die Europäische Arzneimittelagentur versahen die Fachinformationen zu Vareniclin und Bupropion daher mit entsprechenden Warnhinweisen. Kürzlich liess die FDA bei beiden Medikamenten den Hinweis auf das erhöhte neuropsychiatrische Risiko jedoch wieder entfernen. Die Rücknahme dieser Warnung basierte auf einer grossen randomisierten, kontrollierten Studie, welche die FDA von den Herstellern angefordert hatte. Hier zeigte sich unter Vareniclin und Bupro-
MERKSÄTZE
O Vareniclin und Bupropion haben sich als wirksame Medikamente zur Unterstützung der Rauchentwöhnung erwiesen.
O Bei COPD-Patienten liegt ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre und neuropsychiatrische Ereignisse vor.
O Vareniclin und Bupropion sind bei COPD-Patienten nicht mit einem höheren Risiko für kardiovaskuläre und neuropsychiatrische Ereignisse verbunden als eine Nikotinersatztherapie.
pion keine signifikante Zunahme neuropsychiatrischer Ereignisse im Vergleich zu Patienten, die Nikotinpflaster oder Plazebo erhalten hatten. Die Ergebnisse der Herstellerstudie bestätigen die Resultate älterer Metaanalysen und Beobachtungsstudien.
Datenauswertung
In einer der genannten Beobachtungsstudien hatten Daniel Kotz von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Deutschland) und sein Team anhand einer Auswertung der Datenbank QResearch des NHS gezeigt, dass Vareniclin und Bupropion in der Allgemeinbevölkerung bei Rauchern nicht mit einem erhöhten kardiovaskulären und neuropsychologischen Risiko verbunden sind. Ergänzend untersuchte die Arbeitsgruppe nun die Sicherheit beider Medikamente in einer Untergruppe von Rauchern mit COPD. Bei COPD-Patienten ist das Risiko für Nebenwirkungen möglicherweise besonders hoch, weil aufgrund ihrer Erkrankung bereits ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre und neuropsychiatrische Ereignisse vorliegt.
Ergebnisse
In ihrer retrospektiven Kohortenstudie identifizierten die Forscher in der Datenbank QResearch 14 350 COPD-Patienten. Im Zeitraum von Januar 2007 bis Juni 2012 wurden 350 von ihnen mit Bupropion und 3574 mit Vareniclin behandelt. Die verbleibenden 10 426 COPD-Patienten erhielten eine Nikotinersatztherapie und dienten als Kontrollgruppe. Zur Evaluierung der kardiovaskulären und neuropsychiatrischen Sicherheit verglichen die Wissenschaftler die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse (isch-
ämische Herzerkrankungen, Schlag-
anfälle, Herzinsuffizienz, periphere
vaskuläre Erkrankungen, kardiale Ar-
rhythmien) und neuropsychiatrischer
Ereignisse (Depressionen, Selbstverlet-
zungen) in beiden Gruppen über einen
Zeitraum von 6 Monaten. Das Follow-
up umfasste eine Behandlungsphase
von etwa 12 Wochen und weitere
3 Monate nach Behandlungsende.
Unter Bupropion und Vareniclin zeigte
sich kein signifikant höheres Risiko für
kardiovaskuläre und neuropsychiatri-
sche Ereignisse als unter der Nikotiner-
satztherapie. Vareniclin war zudem mit
einem signifikant verminderten Risiko
für eine Herzinsuffizienz (Hazard-Ratio
[HR]: 0,56; 95%-Konfidenzintervall [KI]:
0,34–0,92) und für Depressionen (HR:
0,73; 95%-KI: 0,61–0,86) assoziiert.
Somit sind Bupropion und Vareniclin
auch bei COPD-Patienten wahrschein-
lich nicht mit einem höheren Risiko für
kardiovaskuläre Ereignisse, Depressio-
nen oder Selbstverletzungen verbunden
als eine Nikotinersatztherapie.
Als Limitation ihrer Studie erachten die
Forscher die relativ geringe Anzahl der
mit Bupropion behandelten COPD-Pa-
tienten. Als Stärke ihrer Untersuchung
werten sie die hohe externe Validität
ihrer Ergebnisse, die aus der Analyse
von Patientendaten aus zahlreichen
Hausarztpraxen aller Regionen Gross-
britanniens resultiert.
O
Petra Stölting
Quelle: Kotz D: Cardiovascular and neuropsychiatric risks of varenicline and bupropion in smokers with chronic obstructive pulmonary disease. Thorax 2017; DOI: 10.1136/thoraxjnl-2017-210067, published online 4 May 2017.
Interessenlage: 3 der 6 Autoren haben Gelder von Pfizer, GlaxoSmithKline, Johnson & Johnson und Novartis erhalten. Die Zahlungen standen jedoch nicht im Zusammenhang mit der referierten Studie. Die Hersteller von Vareniclin und Bupropion waren nicht an der Studie beteiligt.
ARS MEDICI 14+15 I 2017
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