Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Wie finden Sie eigentlich die neuen Banknoten? Richtig ist: Schweizer Banknoten gehörten schon immer zu den schönsten überhaupt. Richtig ist auch: und zu den fälschungssichersten. Ebenfalls richtig: zu den wertvollsten, weil wertstabilsten sowieso. Richtig ist aber auch: Diese neuen gschtabligen, unhandlichen, seelenlosen Halbkartons gehören zu den nervigsten Nötli ever. Man sehnt sich geradezu zurück nach den alten Tabloid-grossen italienischen Lira. Oder wenigstens nach dem Heiligen Sankt Martin (100er-Nötli von 1957). Kein Wunder meinte die frivole Gisela: Ich stell jetzt um auf Bitcoins!
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Und grad nochmals die frivole Gisela: Ich habe noch nie verstanden, wie man beim Biathlon Zweiter werden kann. Wozu hat man denn ein Gewehr?
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Ein neuer Aufreger: Schwule Paare, die sich ihre Kinder von Leihmüttern machen und austragen lassen und anschliessend – sofern ohne Mängel – definitiv kaufen. Frage: Geht das moralisch noch durch? Gute Frage, denn «natürlich» ist das natürlich nicht. Aber da es keine wissenschaftlich bestätigten Berichte gibt, dass es Schwulen – trotz unermüdlicher Versuche – je gelungen wäre, gemeinsam Kinder zu zeugen, ist’s wenigstens ein Ausweg. Ausserdem: nicht alles, was «nicht natürlich» (im Sinne von «von der Natur nicht vorgesehen») ist, ist auch «nicht normal» – im Sinne von «nicht üblich». Denn «normal» ist, was die Gesellschaft toleriert. Und unsere Gesellschaft toleriert schliesslich fast alles, was ökonomisiert werden kann. Vom Erzeugen bis zum Töten. Und wenn es dann noch gelingt, das ökonomisierte Handeln positiv zu besetzen (z.B. mit dem Hinweis auf GenderGleichberechtigung), dann können offenbar alle mit dieser Form eines Kindermarkts leben, ohne ihn für
dubios oder unmoralisch zu halten. Erstaunlich, irgendwie. Aber eben: irgendwie auch nicht. Noch nicht.
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In unseren jungen linken Jahren war «die Ehe» eine abgrundtief konservative Institution. Wer sich darauf einliess, gehörte zum spiessigen Establishment, war naiv – oder hatte materielle Gründe. Es galt (auch wenn’s nur wenigen vergönnt war): Wer zweimal mit der gleichen pennt, gehört schon zum Establishment. Ehe? Nie! (Durchgehalten haben’s allerdings nur wenige.) Und heute: Ausgerechnet Linke und Grüne und natürlich die LSBTTIQ (Sie wissen schon, oder? Nein? Also die Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgenders, Transsexuellen, Intersexuellen und Queers) wollen sie unbedingt «für alle»: eben diese «Ehe», die Progressive seinerzeit so ätzend fanden. Sind sie konservativ geworden, spiessig oder vernünftig, die neuen Linken, Grünen und sexuell irgendwie anders Orientierten? Oder einfach nur auf ein neues Objekt gestossen im Club «Will haben»?
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Ein genervter Nachbar zum Thema: «Mir egal. Heiratet von mir aus eure Nachttischlampen, aber löst endlich die wahren Probleme unseres Landes.»
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Hoffentlich nicht ganz ernst gemeinte Klage eines noch gar nicht so alten Kollegen. Ich habe den Sex aufgegeben ... Liege ich unten, hab ich Platzangst, liege ich oben, hab ich Höhenangst, liege ich auf der Seite, sehe ich nichts im Fernsehen ...
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Wenn kleine Kinder bei einer Demo Schilder mit Boykottaufrufen gegen zum Beispiel Produkte aus Israel oder
gegen AKW oder für die Homoehe oder gegen Rassismus oder … hoch halten müssen, ist das dann auch eine Art von Kindsmissbrauch?
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Alles sprach von den gewalttätigen Linksextremisten in Hamburg. Niemand von den Franzosen. Dabei brannten anlässlich der Nationalfeier zum Tag der Erstürmung der Bastille (auch ziemlich gewalttätig übrigens), am 14. Juli, landesweit insgesamt 897 Autos und es wurden 368 Personen verhaftet (gemäss «Parisien»). 2016 waren es 855 Fahrzeuge und 577 Festnahmen gewesen. Das Innenministerium ist sehr zufrieden, dass es nicht schlimmer gekommen ist als 2016. Hoffentlich freuen sich auch die 897 Besitzer von rauchenden Autos ein wenig darüber.
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Gesundheitsprävention ist «in», wir sollen alles «gesünder» … – vor allem leben und essen. Zum gesunden Sommerleben gehört gemäss dem Präsidenten der Europäischen Vereinigung der Dermato-Onkologen (die Meldung ist nicht neu, zugegeben) auch das Tragen eines Burkinis. Irgendwie hat der Herr ja Recht: Man spart sich das Geld für eine potente Sonnencrème und tut erst noch etwas für die Integration (die Integration der Sonnenbadenden in die «new society»).
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Und das meint Walti: Drei zentrale Fragen sollte man sich im Leben stellen: 1. WILL ich das? 2 Will ich DAS? Und am Entscheidendsten: 3. Will ICH das?
Richard Altorfer
ARS MEDICI 14+15 I 2017
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