Transkript
eMedikation als Schlüssel für eHealth
Momentan schafft eHealth für Ärzte keinen
nennenswerten Mehrwert, berücksichtigt die
derzeitige eHealth-Strategie des Bundes doch
nicht die Anliegen der Ärzteschaft. Für sie
steht nicht der Austausch von Laborwerten,
Berichten, Diagnosen und so weiter an erster
Stelle, sondern der Zugriff auf Informationen
zu Medikamenten. Die hierfür notwendigen
Voraussetzungen müssen allerdings erst noch
geschaffen werden.
Adrian P. Müller
Falsche Stossrichtung Was lange währt, wird endlich gut. Für die eHealth-Strategie des Bundes gilt dieses Sprichwort allerdings nicht. Fragt man Ärzte, was eHealth für sie bedeutet, bekommt man oft dieselbe Antwort. Grundsätzlich seien Bemühungen im eHealth-Bereich zwar zu begrüssen, jedoch fokussierten die bisher getroffenen Massnahmen nicht auf die Bedürfnisse der Ärzteschaft. Unter dieser Voraussetzung sei denn auch das elektronische Patientendossier für Ärzte momentan von geringer Bedeutung. Stünde hierbei doch insbesondere der Austausch von Laborwerten, Berichten, Diagnosen, Vitalwerten und so weiter im Zentrum. Solange sich daran nichts ändere, so ein Grossteil der Ärzteschaft, arbeite man lieber wie bis anhin weiter. Zumal mit dem Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) bis jetzt nur die stationären Leistungserbringer zum
Führen eines elektronischen Patientendossiers verpflichtet sind.
Kurskorrektur unabdingbar
Die Frage, wo eHealth wirklich nützlich sein könnte, beantworten Ärzte meist einhellig mit dem Stichwort «eMedikation». Sehen sie darin doch den Schlüssel für eHealth. Betrachte man nämlich die Häufigkeit, mit der Ärzte, Apotheker, Pflegefachpersonen sowie Patienten auf zentrale Gesundheitsdaten zugriffen, so gehe es mehrheitlich um Informationen zu Medikamenten. Andere Daten wie zum Beispiel Laborwerte, Berichte, Diagnosen, Vitalwerte und so weiter hätten demgegenüber einen geringeren Stellenwert. Demzufolge müsste der eMedikation allein schon deshalb mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Fehler reduzieren –
Behandlung optimieren
Wo werden im Schweizer Gesundheitswesen die meisten Fehler verursacht? Genau: bei der Medikation! So fehlen allen Akteuren eineindeutige Informationen darüber, welche Medikamente Patienten ganz genau einnehmen. So weiss ein zweiter behandelnder Arzt oftmals nicht, was für ein Arzneimittel der erste verordnet hat, ganz zu schweigen von Dosierung, Einnahmeintervall, allfälligen Interaktionen und so weiter.
APA-Präsident Dr. med. Adrian P. Müller fordert ein Umdenken bei der jetzigen eHealth-Strategie des Bundes.
Konsumieren Patienten dann noch Drittprodukte, ist ein Überblick kaum mehr möglich. Es erstaunt also nicht, dass für fast 5 Prozent der Hospitalisationen in der Schweiz Fehlmedikationen die Ursache sind. Die Kosten hierfür gehen in die Milliarden. Einschlägige Studien haben immer wieder gezeigt, dass sich Fehler bei der Medikation um mindestens 50 Prozent reduzieren lassen, wenn alle an der Behandlung beteiligten Leistungserbringer über genügend aktuelle und korrekte Medikationsdaten verfügen. Hierzu bietet sich die eMedikation im Besonderen an.
eMedikation ist keine eNebensache
Damit eHealth allen Beteiligten einen Mehrwert liefert, muss aus Sicht der APA O die eMedikation stärker in den Fokus gestellt werden O eine Datenbank auf Ebene Bund geschaffen werden O der Zugriff auf Patientendaten für Fachpersonen einfach möglich sein O die Finanzierung durch diejenigen erfolgen, die am Ende profitieren.
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Wer ist die APA?
Die Vereinigung der Ärzte mit Patientenapotheke (APA) setzt sich für eine sichere, qualitativ hochstehende und günstige Medikamentenversorgung der Patientinnen und Patienten ein. Hierbei vertritt sie die Interessen der selbstdispensierenden Ärzte gegenüber der Politik, der Industrie und den Grossisten. Die APA ist als Verein organisiert und umfasst rund tausend Mitglieder. Für APA-Mitglieder ist das Handbuch «Qualitätssicherung der Praxisapotheke» kostenlos. Zudem erhalten sie gratis ein sogenanntes «Protokollheft». Darin sind alle Protokolle aus dem Handbuch enthalten. Werden auch Sie bei uns Mitglied, und füllen Sie den Anmeldetalon auf unserer Website aus (www.patientenapotheke.ch), oder kontaktieren Sie uns via Mail (info@patientenapotheke.ch), Telefon (071 246 51 40) oder Fax (071 246 51 01).
Ärzte mit Patientenapotheke (APA) Kolumbanstrasse 2, Postfach 148, 9008 St. Gallen
Vier Voraussetzungen
Soll eMedikation in der Schweiz zum Treiber für eHealth werden, müssen vier Voraussetzungen zwingend erfüllt sein: Erstens braucht es eine gesamtschweizerische Datenbank. Hierbei ist zu beachten, dass die Daten nicht
aufgrund irgendwelcher Datenschutzbedenken gelöscht werden. Zudem müssen Patienten lebenslang eindeutig identifizierbar sein. Die Hoheit über die Daten soll bei ihnen liegen, sprich: sie können grundsätzlich alle Daten sperren. Sie müssen allerdings darauf auf-
merksam gemacht werden, dass sich
der Nutzen minimiert, je mehr sie den
Zugriff einschränken. Zweitens müs-
sen alle Akteure zusammenarbeiten,
insbesondere der Bund und die Daten-
schützer sind diesbezüglich gefordert.
Drittens sind sämtliche Bemühungen
im eHealth-Bereich so zu orchestrieren,
dass keinem der Beteiligten Nachteile
entstehen. Es kann nicht sein, dass Ärz-
ten aufgrund von eHealth zusätzlicher
administrativer Aufwand sowie Mehr-
kosten erwachsen. Viertens gilt es, das
Mitspracherecht je nach Anwendungs-
komplexität zu gewichten. Insbeson-
dere Ärzte sollen stärker mit einbezo-
gen werden. Sind diese Bedingungen er-
füllt, kann eMedikation zum Schlüssel
für eHealth werden. Am Ende profitie-
ren alle – die Ärzteschaft, die Patienten,
die Apotheker, die Spitäler, die Heime
und auch die Spitex.
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Dr. med. Adrian P. Müller
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