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STUDIE REFERIERT
Langfristig kein erhöhtes Krebsrisiko durch orale Kontrazeptiva
Die Einnahme oraler Kontrazeptiva verringert das Risiko, an Darm-, Eierstock- oder Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. In einer britischen Studie war dieser Effekt auch nach mehr als vier Jahrzehnten noch nachweisbar. Da die Häufigkeit anderer Krebsarten vorübergehend steigt, beurteilen die Autoren den Einfluss auf das Krebsrisiko insgesamt als neutral.
American Journal of Obstetrics & Gynecology
Orale Kontrazeptiva werden von Millionen Frauen auf der ganzen Welt verwendet. Noch immer sind wichtige Fragen bezüglich langfristiger Krebsrisiken, die mit der Einnahme verbunden sind, ungeklärt. So ist unbekannt, ob die Risiken für endometriale, ovarielle und kolorektale Karzinome erhöht sind. Auch weiss man nicht, ob die Einnahme oraler Kontrazeptiva während der Fortpflanzungsperiode das Krebsrisiko im Alter erhöht. Von Bedeutung ist zu wissen, wie hoch das Gesamtrisiko von Frauen, die in früheren Jahren Kontrazeptiva einnahmen, in späteren Lebensphasen ist.
Studiendesign und -ziel Ziel der Studie war es, die langzeitigen Krebsrisiken sowie die Gesamtlebensdauer bei Einnahme oraler Kontrazeptiva zu bestimmen, wobei zugleich die
MERKSÄTZE
O Die Einnahme oraler Kontrazeptiva verringert das Risiko, an Darm-, Eierstockoder Gebärmutterhalskrebs zu erkranken.
O Ehemalige Anwenderinnen erkrankten auch seltener an Lymphomen oder Leukämien.
O Ein erhöhtes Risiko von Lungenkrebs wurde nur bei Raucherinnen beobachtet.
O Das erhöhte Risiko für Brust- und Gebärmutterhalskrebs, das zunächst bei Einnahme von Kontrazeptiva beobachtet wurde, konnte nach einem Zeitraum von fünf Jahren nach Absetzen der Präparate nicht mehr erfasst werden.
mit der Einnahme verbundenen Vorteile erfasst wurden. 46 022 Frauen waren in den Jahren 1968 und 1969 am britischen Royal College of General Practitioners für die Studie rekrutiert worden und wurden bis zu 44 Jahre beobachtet. Etwa 23 000 Frauen hatten orale Kontrazeptiva eingenommen. Die Kontrollgruppe war ähnlich gross. Standardisierte Raten von bestimmten und allen Krebsarten wurden zum einen für Frauen bestimmt, welche orale Kontrazeptiva über einen bestimmten Zeitraum eingenommen hatten, und zum anderen für solche, welche dies niemals getan hatten. Hierbei wurden Daten zu Alter, Sozialstatus und Rauchen erfasst. Das attributale Risiko (Formel: Risiko der Exponierten – Risiko der Nichtexponierten) sowie die präventive Wirkung (preventive fraction) wurden bestimmt. Mithilfe der Poisson-Regression wurden die Erwartungswerte in Abhängigkeit von verschiedenen Variablen modelliert. Dies diente dazu, die Inzidenzraten zwischen Frauen, welche regelmässig Kontrazeptiva eingenommen hatten, und Frauen, welche dies nicht getan hatten, zu bestimmen und den zeitlichen Verlauf zu erfassen.
Studienergebnisse
Unter den Frauen, welche regelmässig Kontrazeptiva eingenommen hatten, trat während 884 895 Beobachtungsjahren bei 4661 mindestens eine Krebsform auf. Bei denjenigen Frauen, die keine Kontrazeptiva eingenommen hatten, war dies während eines Zeitraums von 388 505 Beobachtungsjahren bei 2341 der Fall.
Die Einnahme oraler Kontrazeptiva
ging einher mit reduzierten Inzidenzra-
ten eines kolorektalen (Incidence Rate
Ratio [IRR]: 0,81; 99%-Konfidenzin-
tervall [KI]: 0,66-0,99), endometrialen
(IRR: 0,66; 99%-KI: 0,48–0,89) und
ovariellen Karzinoms (IRR: 0,67;
99%-KI: 0,50–0,89) sowie für lympha-
tische und hämatopoetische Krebsfor-
men (IRR: 0,74; 99%-KI: 0,58–0,94).
Dies bedeutet, dass die Rate für Darm-
krebs um 19 Prozent, die für Endome-
triumkarzinome um 34 Prozent und die
für Ovarialkarzinome um 33 Prozent
vermindert war.
Ehemalige Anwenderinnen erkrankten
auch zu 26 Prozent seltener an Lym-
phomen oder Leukämien (IRR: 0,74;
99%-KI: 0,58–0,94). Ein erhöhtes Ri-
siko von Lungenkrebs wurde nur bei
Raucherinnen beobachtet.
Das erhöhte Risiko für Brust- und Ge-
bärmutterhalskrebs, das zunächst bei
Einnahme von Kontrazeptiva beobach-
tet wurde, konnte nach einem Zeit-
raum von fünf Jahren nach Absetzen
der Präparate nicht mehr erfasst wer-
den. Es zeigte sich in späteren Jahren
kein erhöhtes Risiko für das Auftreten
von Krebsformen bei Frauen, welche
orale Kontrazeptiva zur Empfängnis-
verhütung eingenommen hatten.
Insgesamt zeigte sich bei Einnahme von
oralen Kontrazeptiva kein erhöhtes
Krebsrisiko.
Fazit: Wie die Autoren feststellen, ist
das Krebsrisiko bei den meisten
Frauen, die sich für eine orale Kontra-
zeption entscheiden, nicht erhöht.
Stattdessen führt die Einnahme bei ei-
nigen Krebsformen zu einer signifikan-
ten Risikoreduktion, die viele Jahre
nach Absetzen des Präparates bestehen
bleibt.
O
Claudia Borchard-Tuch
Interessenlage: Die Autoren der Originalstudie haben keinerlei Interessenskonflikte deklariert.
Quelle: Iversen L et al.: Lifetime cancer risk and combined oral contraceptives: the Royal College of General Practitioners’ Oral Contraception Study. Am J Obstet Gynecol 2017, Feb 8; pii: S0002-9378(17)30179-5, DOI: 10.1016/ j.ajog.2017.02.002.
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ARS MEDICI 11 I 2017