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ARGUS PHARMAKOTHERAPIE
ARGUS PHARMAKOTHERAPIE
Mit Antikörpern auf chronisch entzündliche Darmerkrankungen zielen
Real-World-Studie mit Vedolizumab
megalievirus bzw. Campylobacter identifiziert. Weitere Nebenwirkungen waren ein Lipödem und eine milde Thrombozytopenie, welche ohne Therapieabbruch entweder behandelt werden konnte oder selbstlimitierend verlief.
Vedolizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper zur Behandlung von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Klinische Studien (GEMINI-Studien I–III) belegen sowohl den Beginn als auch die Aufrechterhaltung einer Remission chronisch entzündlicher Darmerkrankungen. Die bisherigen Erfahrungsberichte verweisen auf eine vergleichbare Wirksamkeit im klinischen Alltag. Auch die Daten einer aktuellen Real-World-Studie unterstreichen sowohl die Wirksamkeit als auch die Sicherheit von Vedolizumab.
Inflammatory Bowel Diseases
Vedolizumab verhindert durch Bindung an das ␣47-Integrin die Einwanderung von T-Lymphozyten-Gedächtniszellen aus dem Blut ins Darmgewebe, woraus eine entzündungshemmende und immunsuppressive Wirkung resultiert. Vedolizumab (Entyvio®) ist als Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung erhältlich und in der Schweiz seit 2015 zugelassen. Im Rahmen einer prospektiven multizentrischen Verlaufsbeobachtungsstudie aus Israel sollten nun Wirksamkeit und Sicherheit von Vedolizumab im klinischen Alltag überprüft werden. Dazu wurden zwischen Januar 2015 und Februar 2016 insgesamt 204 Patienten (130 M. Crohn [MC], 69 Colitis ulcerosa [CU], 5 unklassifizierte entzündliche Darmerkrankungen) während 14 Wochen mit Vedolizumab behandelt und regelmässig klinisch beurteilt (Woche 0/2/6/14). In die Studie wurden auch diejenigen Patienten eingeschlossen, welche Vedolizumab wegen ausbleibendem Therapieerfolg oder wegen Nebenwirkungen vorzeitig absetzten. Eine klinische Remission wurde bei CU mit dem Harvey-BradshawIndex, beim MC mittels Mayo-Score oder dem Simple Clinical Colitis Activity Index objektiviert. Wenn keiner dieser Scores verfügbar war, wurde das Physician Global Assessment (PGA) angewendet. Kam es im Therapieverlauf zur Absenkung um mindestens einen Schweregrad des jeweiligen klinischen Scores, wurde dies als klinische Remission gewertet. Als primärer Endpunkt galt entsprechend die Induzierung einer klinischen Remission zum Zeitpunkt der 14. Behandlungswoche. Als sekundärer Endpunkt wurde eine klinisch beobachtbare Antwort auf Vedolizumab sowie die
Induzierung einer steroidfreien Remission in der 14. Woche gewertet.
Wirksamkeit von Vedolizumab
bestätigt
Zum Studienendpunkt sprachen 69 (53,1%) der 130 MC-Patienten auf Vedolizumab an. Bei 45 Patienten (34,6%) kam es zu einer klinisch messbaren, bei 38 (29,2%) gar zu einer steroidfreien Remission. Bei 21 von 76 Patienten (27,6%) mit verfügbaren CRP-Werten normalisierten sich diese im Verlauf der Behandlung. 14 Studienteilnehmer (10,7%) brachen die Behandlung mit Vedolizumab wegen fehlendem Ansprechen oder Nebenwirkungen ab. Bei den 69 Patienten mit CU sowie den 5 Patienten mit unklassifizierter entzündlicher Darmerkrankung reagierten 32 (43,2%) auf die Behandlung mit Vedolizumab: 20 Patienten (28,4%) zeigten eine klinische, 18 (24,3%) auch eine steroidfreie Remission. In 14 von 34 Fällen normalisierte sich der CRP-Wert im Verlauf der Behandlung, und 15 Patienten (20,3%) brachen die Behandlung vorzeitig ab. Die häufigste Nebenwirkung war erwartungsgemäss eine Nasopharyngitis. Bis zur 14. Behandlungswoche benötigten 13 Patienten (6,3%) trotz medikamentöser Therapie eine Operation (6 totale Kolektomien, 7 partielle Dünndarmresektionen). Ein 69jähriger Patient entwickelte postoperativ eine nekrotisierende Faszitis und starb schliesslich an einem Multiorganversagen. In einem Fall kam es zu einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie. Bei 5 Patienten traten gastrointestinale Infektionen auf. Als Erreger wurden in 3 Fällen Clostridium difficile sowie je einmal Cyto-
Auch bei komplizierten Verläufen
wirksam
Die Besonderheit der vorliegenden Studie
liegt in den teilweise komplexen bisherigen
Krankheitsverläufen der Studienteilnehmer.
Die durchschnittliche Erkrankungsdauer
lag bei den MC-Patienten bei 11 ± 8 Jahren,
bei den CU-Patienen bei 10 ± 6 Jahren. Eine
Vielzahl der Patienten wies zum Zeitpunkt
des Studienbeginns einen Status nach
Darmresektion oder nach Therapie mit
mindestens einem TNF-alpha-Inhibitor auf.
Dennoch kam es in mindestens 50 Prozent
der Fälle zu einem Ansprechen der Therapie
mit Vedolizumab und in 31 beziehungs-
weise 36 Prozent der Fälle (MC bzw. CU) zu
einer steroidfreien Remission. Diese Resul-
tate entsprechen denjenigen anderer Ver-
laufsstudien. Die Remissionsraten dieser
Studie liegen gar noch höher als diejenigen
der Studien GEMINI I–III, was mit grosser
Wahrscheinlichkeit daran liegt, dass Vedoli-
zumab eine langsam wirksame Substanz ist
und der primäre Endpunkt der GEMINI-
Studien bereits bei Woche 6 angesetzt
wurde.
Auffällig ist die ähnlich hohe Wirksamkeit
von Vedolizumab sowohl bei der Gruppe
der MC- als auch der CU-Patienten. Die
meisten der MC-Patienten wurden vorgän-
gig bereits mit bis zu zwei TNF-alpha-Inhi-
bitoren behandelt. Bei den CU-Patienten
dagegen hat nur etwa ein Drittel der Patien-
ten eine solche Therapie erfahren. Dennoch
kam es bei den MC-Patienten trotz Vorbe-
handlung mit anderen Immunsuppressiva
nicht zu einer verminderten Wirksamkeit
von Vedolizumab. Eine vorgängige immun-
suppressive Therapie scheint keinen Ein-
fluss auf die Wirkung von Vedolizumab zu
haben. Ob allenfalls ein negativer Einfluss
auf die Langzeitwirkung von Vedolizumab
entsteht, werden länger angesetzte Follow-
up-Studien zeigen müssen.
O
Marianne I. Knecht
Quelle: Kopylov U et al.: Efficacy and safety of vedolizumab for induction of remission in inflammatory bowel disease – the Israeli Real-World Experience. Inflamm Bowel Dis 2017; 23(3): 404–408.
Interessenlage: Ein Teil der Autoren der referierten Studie gibt an, Forschungsunterstützung sowie Vortrags- und Beraterhonorare von diversen Pharmaunternehmen erhalten zu haben.
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ARS MEDICI 10 I 2017