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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Infektiologie
Schweizer Tropeninstitut wird WHO-Kooperationszentrum für Malaria
Das Schweizerische Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) wurde in Anerkennung seiner bisherigen Zusammenarbeit mit der WHO offiziell zum WHO-Kooperationszentrum für Malaria ernannt. Derzeit gibt es über 700 WHO-Kooperationszentren in 80 Ländern, von denen 13 sich dem Thema Malaria widmen. Zusätzlich zu seiner Berufung als Kooperationszentrum für Malaria ist das Swiss TPH bereits auch WHO-Koope-
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rationszentrum für die Epidemiologie und Kontrolle von Helmintheninfektionen sowie WHO-Kooperationszentrum für Gesundheitstechnologiemanagement und E-Health. Die Malariaforschung ist seit der Institutsgründung im Jahr 1943 ein Schwerpunkt des Swiss TPH. Heute arbeiten rund 200 Spezialisten in Basel und im Ausland an verschiedenen Aspekten rund um das Thema Malaria. Die Aktivitäten reichen von der Grundlagenforschung über die Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe sowie anderer Mittel bis hin zu neuen Strategien für ganzheitliche Programme zur Kontrolle und Bekämpfung der Erkrankung. In der Bekämpfung der Malaria sind in den letzten 20 Jahren erfreuliche Erfolge zu verzeichnen. So wurde beispielsweise die Infektionsprävalenz von Plasmodium falciparum – des weltweit vorherrschenden Malariaparasiten – im endemischen Afrika halbiert, und das Auftreten klinischer Erkrankungen sank zwischen 2000 und 2015 um 40 Prozent. Der weitverbreitete Einsatz von insektizidbehandelten Mückennetzen war bei Weitem die wichtigste Massnahme und
spielte bei 68 Prozent aller verhinderten
Fälle eine Rolle. Die Forschung und die Pro-
jektumsetzung des Swiss TPH haben zu die-
sen Errungenschaften beigetragen. Mit dem
Projekt NETCELL unterstützt das Swiss TPH
beispielsweise die tansanische Regierung
bei der Verringerung der Malariabelastung
im Land. Infolge der umfangreichen Vertei-
lung von insektizidbehandelten Mückennet-
zen konnte Tansania bei Kindern im Alter von
unter fünf Jahren zwischen 2000 und 2010
einen Rückgang der Gesamtmortalität von
48 Prozent verzeichnen. Mehr als 60000 Kin-
dertodesfälle werden jedes Jahr als direkte
Folge dieses Programms abgewendet.
Trotz dieser Erfolge bleibt Malaria eine
Herausforderung für die Weltgesundheit. Im
Jahr 2015 wurden weltweit schätzungsweise
212 Millionen neue Malariafälle diagnosti-
ziert und 429000 Menschen starben an der
Krankheit, davon 303000 Kinder unter fünf
Jahren.
red/Swiss TPHO
Pressemitteilung des Swiss TPH vom 25. April 2017.
Kardiologie
Hormonell bedingter Bluthochdruck ist nicht so selten
Ein zu hoher Aldosteronspiegel könnte bei 6 Prozent der Hypertoniker Ursache des zu hohen Blutdrucks sein. Bei Hyperaldosteronismus, auch als Conn-Syndrom bezeichnet, kommt infolge des Aldosteronüberschusses zu einer vermehrten Natrium- und damit Wasserrückresorption in der Niere und letztendlich zu einem Anstieg des Blutdrucks. Die Verdachtsdiagnose eines Hyperaldosteronismus lässt sich über den Aldosteron-Renin-Quotient (ARQ) bestimmen: Er ist gekennzeichnet durch einen erhöhten Aldosteron- und einen supprimierten Reninspiegel. Auskunft über die Prävalenz des Hyperaldosteronismus in der Praxis liefern nun die Daten der prospektiven PATO-Studie (Primary Aldosteronism in Torino), an der neun Hausarztpraxen in Italien teilnahmen.
1672 Patienten mit Bluthochdruck (569 mit neu manifestiertem, 1103 mit bekanntem Hypertonus) wurden zwischen 2009 und 2014 auf das Vorliegen von Hyperaldosteronismus leitliniengerecht untersucht. Bei auffälligem Hormonstatus erfolgte eine weitere Diagnostik in Form von Bestätigungstests, Bildgebung und Nebennierenvenenkatheterisierung. 99 Patienten (5,9 %) hat-ten ein gesichertes Conn-Syndrom, davon 27 mit einem Aldosteron-produzierendem Adenom und 64 mit beidseitiger Hyperplasie der Nebennieren. Die Wahrscheinlichkeit für das Conn-Syndrom stieg mit zunehmendem Hypertoniegrad an. So wurde bei 11,8 Prozent der Patienten mit Grad-3-Hypertonie (Ն 180/110 mmHg), ein Conn-Syndrom festgestellt, bei Hypertonie Grad 1 (Ն 140/90 mm Hg) waren es
3,9 Prozent und 9,7 Prozent bei Grad 2
(Ն 160/100 mm Hg).
Für Professor Dr. med. Matthias M. Weber,
Mediensprecher der Deutschen Gesell-
schaft für Endokrinologie (DGE), zeigt die
Studie, dass Tausende von Patienten durch
eine Operation oder eine medikamentöse
Therapie eine gute Chance hätten, ihren hor-
monell bedingten Bluthochdruck in den Griff
zu bekommen. Er riet dazu, bei allen Hyper-
toniker zumindest einmal abzuklären, ob ein
Conn-Syndrom vorliegt.
red/DGEO
Monticone S et al.: Prevalence and clinical manifestations of primary aldosteronism encountered in primary care practice. J Am Coll Cardiol 2017; 69(14): 1811–1820. Pressemitteilung der DGE vom 10. Mai 2017
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ARS MEDICI 10 I 2017
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Ernährung
Gluten-Verzicht ohne Zöliakie eher schädlich als nützlich?
Rückspiegel
Glutenfreie Ernährung ist in Mode, weil viele an eine generell gesundheitsfördernde Wirkung des Glutenverzichts glauben. Doch ausser bei den relativ wenigen Zöliakiepatienten und Personen mit einer Glutensensitivität – man schätzt ihren Anteil insgesamt auf weniger als 5 Prozent der Bevölkerung – ist der Nutzen des Verzicht auf glutenhaltige Getreideprodukte nicht bewiesen. Möglicherweise schadet es sogar, wenn man auf Gluten verzichtet. Zu diesem Schluss kommen die Autoren einer Studie aus den USA, die sich die Assoziation einer glutenhaltigen oder glutenfreien Ernährung mit kardiovaskulären Erkrankungen als Parameter einer allgemein gesundheitsrelevanten Wirkung der Ernährung angeschaut haben. Die Forscher analysierten die Daten von 64714 Frauen und 45303 Männern, die in Gesundheitsberufen tätig sind (Nurses Health Study und Health Professionals Follow-up Study), die 1986 ohne kardiovaskuläre Symptome in die Studien aufgenommen und dann alle vier Jahre untersucht und unter anderem zu ihrer Ernährung befragt wurden. In die Auswertung einbezogen wurde eine Zeitspanne von 26 Jah-
ren (bis 2010). Der Glutenkonsum wurde in
fünf Kategorien von niedrig bis hoch eingeteilt.
Im untersten Fünftel betrug die Inzidenz kar-
diovaskulärer Erkrankungen 352 pro 100 000
Personenjahre, in Fünftel mit dem höchsten
Glutenverzehr waren es 277 pro 100 000 Per-
sonenjahre. Unter Berücksichtigung diverser
weiterer Risikofaktoren für Herzkrankheiten
fand sich insgesamt keine statistisch relevante
Assoziation mit dem Glutenkonsum. Allerdings
werden bei Glutenverzicht auch weniger Voll-
kornprodukte verzehrt, deren gesundheitsför-
dernde Wirkung bekannt ist. Als die Statistiker
diesen Effekt mit berücksichtigten, zeigte sich
ein Trend, wonach Glutenkonsum (mit vorwie-
gend Vollkornprodukten) sogar eher nützlich
war mit einem um 15 Prozent niedrigeren kar-
diovaskulären Risiko (HR 0,85; 95%-Konfiden-
zinterall 0,77 bis 0,93; p = 0,002).
RBOO
Lebwohl B et al.: Long term gluten consumption in adults without celiac disease and risk of coronary heart disease: prospective cohort study. BMJ 2017;357:j1892
Vor 10 Jahren
Rimonabant
Der Appetitzügler Rimonabant erhält die Kassenzulassung. Seine Wirkung entfaltet er über die Blockade bestimmter Cannabinoidrezeptoren. In Studien führte der Gebrauch zu einer Gewichtsreduktion um rund 10 Prozent mit einer Verbesserung von Blutzucker- und Lipidwerten. Wegen schwer wiegender psychiatrischer Nebenwirkungen verschwand Rimonabant jedoch schon ein Jahr nach der Zulassung wieder vom Markt.
Vor 50 Jahren
Bypass
Am 5. Mai 1967 führte der Herzchirurg René Gerónimo Favoloro an der Cleveland Clinic in den USA die erste erfolgreiche Bypass-Operation am Herzen einer 51jährigen Patientin durch.
Prävention
Herzrisikopatienten zur Darmspiegelung schicken
Patienten mit erhöhtem Risiko für koronare Herzkrankheit haben auch ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs, denn beide Erkrankungen haben ein ähnliches Risikofaktorenprofil: Fettleibigkeit, Rauchen, Bewegungsmangel, schlechte Ernährungsgewohnheiten, fortgeschrittenes Alter und Diabetes mellitus Typ 2. Man sollte deshalb Patienten mit KHK-Risiko zur Darmkrebsfrüherkennung schicken, auch wenn noch keine Symptome vorliegen, raten die Autoren einer kürzlich publizierten Studie, die von Forschern am Universitätsspital Zürich gemeinsam mit Kollegen aus Österreich durchgeführt wurde. In der Studie wurden 2098 Männer und Frauen erfasst, die weder in Bezug auf das Herz noch den Darm Symptome aufwiesen. Für sämt-
liche Teilnehmer wurde nach etablierten Risi-
koscores errechnet, mit welcher Wahrschein-
lichkeit sie eine Herzkrankheit entwickeln
oder an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung
sterben werden. Bei allen Teilnehmern wurde
anschliessend eine Koloskopie durchgeführt
und deren Ergebnis mit dem kardiovaskulären
Risiko abgeglichen. Dabei zeigte sich eine
signifikante Übereinstimmung von erhöhtem
Risiko für Herzerkrankungen und festgestell-
ten Veränderungen verschiedener Neoplasien
im Darm.
red/USZO
Niederseer D et al.: Cardiovascular risk and known coronary artery disease are associated with colorectal adenoma and advanced neoplasia. J Am Coll Cardiol 2017; 69(18): 2348–2350. Pressemitteilung des USZ vom 10. Mai 2017.
Vor 100 Jahren
Schusswunden
Auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs suchen Feldärzte verzweifelt nach wirksamen aseptischen Wundbehandlungen. Vieles wird versucht, darunter Wundspülungen mit Phenol oder Anilinfarbstoffen und Chlorverbindungen. Doch keines der Mittel verspricht eine in jedem Fall verlässliche Wirkung. Am wirksamsten und sichersten sei immer noch das Wegschneiden des Wundbodens und der Wundränder, wird der Wiener Hofrat von Eiselsberg in ARS MEDICI zitiert. Als absolut notwendig hatte man allerdings schon damals die Tetanusschutzimpfung bei jeder Schussverletzung erkannt. RBO
ARS MEDICI 10 I 2017