Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Gynäkologische Endokrinologie
Postmenopause
Genistein zur Verbesserung des postmenopausalen Glukosemetabolismus
Hintergrund: In der Postmenopause treten oftmals Veränderungen des Glukosemetabolismus auf. Hyperglykämie und Insulinresistenz sind Risikofaktoren für die Entwicklung eines Diabetes mellitus und von kardiovaskulären Erkrankungen. Es stellt sich die Frage, ob der Glukosemetabolismus beispielsweise durch Nahrungsergänzungsmittel wie Soja-Isoflavone positiv beeinflusst werden kann.
Wie ist die oben genannte Metaanalyse von Liu und Kollegen zu bewerten?
Die Studie im Resümee
Nach einer systematischen Literaturrecherche (1970–2016) wurden sieben randomisiert-kontrollierte Studien (RCT) an gesunden wie erkrankten (an Osteopenie, an metabolischem Syndrom) postmenopausalen Frauen ohne Hormonersatztherapie in eine Metaanalyse aufgenommen. Verglichen wurde die Anwendung von reinem Genistein (54 mg/Tag) (n = 343) mit Plazebo (n = 327). Das Follow-up betrug mindestens 6 Monate und maximal 3 Jahre. Endpunkte waren Nüchternglukose, Nüchterninsulin und periphere Insulinresistenz (HOMA-IR). Die Ergebnisse wurden unter anderem für BMI, Therapiedauer und Ernährungsgewohnheiten adjustiert. Im Vergleich zu Plazebo reduzierte Genistein signifikant die Nüchternglukose (–6,35 mg/dl; 95%-KI: –10,78 bis –1,93 mg/dl; p = 0,005; I2 = 93%), Nüchterninsulin (–1,92 mcIU/ml; 95%-KI: –3,04 bis 0,79 mcIU/ml; p = 0,0008; I2 = 55%) und den HOMA-IR (–0,74; 95%-KI: –1,21 bis –0,28; p = 0,002, I2 = 74%). Je länger die Anwendung andauerte, desto ausgeprägter war der günstige Effekt. Die Subgruppenanalyse ergab, dass Genistein vor allem bei einem BMI < 30 kg/m2, fettarmer Ernährung und einer Anwendungsdauer von 12 Monaten einen positiven Einfluss auf den Glukosemetabolismus entwickelte. Postmenopausale
Frauen mit metabolischem Syndrom profitierten am wenigsten. Ausser gastroinstestinalen Beschwerden traten keine unerwünschten Ereignisse auf. Insbesondere hatte eine 3-jährige Supplementation von Genistein keinen negativen Einfluss auf die sonografische Endometriumdicke und auf die mammografische Dichte. Die Autoren kommen zum Schluss, dass eine reine Genisteinsupplementation einen günstigen Einfluss auf den Glukosemetabolismus bei postmenopausalen Frauen hat.
Kommentar
Die Metaanalyse zeigt auf hohem Evidenzniveau einen günstigen und nebenwirkungsarmen Einfluss von reinem Genistein auf den Glukosemetabolismus von postmenopausalen Frauen. Sie unterstützt damit frühere Metaanalysen, die einen Benefit von reinem Genistein gegenüber Isoflavongemischen zeigen (1, 2). Limitationen der Metaanalyse sind die geringe Anzahl von eingeschlossenen RCT sowie fehlende Angaben zur Eigen- und Familienanamnese bei Baseline (z.B. Zucker- und Fettstoffwechselparameter, Menopausenalter). Auch bleibt die Frage unbeantwortet, warum gerade Frauen mit metabolischem Syndrom, für die ein günstiger Effekt am dringlichsten wäre, am wenigsten profitieren.
Prof. Dr. med. Petra Stute, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Kommentierte Studie: Liu Y et al.: The effect of genistein on glucose control and insulin sensitivity in postmenopausal women: a metaanalysis. Maturitas 2017; in press. LoE I.
Da bei peripherer Insulinresistenz jedoch
meist nur der off label use von Metformin
zur Verfügung steht, erscheint ein Thera-
pieansatz mit einem Nahrungsergän-
zungspräparat wie Genistein durchaus
attraktiv. Weder Genistein noch Metfor-
min sind allerdings ein Ersatz für eine Li-
festylemodifikation, sondern allenfalls als
Ergänzung zu sehen (3).
I
Prof. Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenzen: 1. Ricci E, Cipriani S, Chiaffarino F, Malvezzi M, Parazzini F: Effects of soy isoflavones and genistein on glucose metabolism in perimenopausal and postmenopausal non-Asian women: a meta-analysis of randomized controlled trials. Menopause. 2010; 17(5): 1080–1086. 2. Fang K1, Dong H1, Wang D1, Gong J1, Huang W1, Lu F1. Soy isoflavones and glucose metabolism in menopausal women: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Mol Nutr Food Res. 2016; 60(7): 1602–1614.
30 GYNÄKOLOGIE 1/2017