Transkript
KONGRESSBERICHT
EADV 2016
Bilder: Shutterstock (4)/AZA (1)
25. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV)
Neue massgeschneiderte Entzündungshemmer für verschiedene Indikationen
Pruritus als multimodales Symptom Pruritus tritt bei einer Vielzahl von Hauterkrankungen auf. Dabei werde der Juckreiz nicht nur auf akut entzündeter, sondern auch auf ekzemfreier Haut empfunden, betonte Prof. Sonja Ständer aus Münster (D). Bei trockener Haut oder bei entzündlichen Prozessen führt Pruritus zu einer Sensibilisierung, die chronifizieren kann, auch wenn akute Schübe vorüber sind. Ist die Hautbarriere durch Kratzen geschädigt, können sich bakterielle Superinfektionen ausbreiten. Diese locken inflammatorische Zellen in die Haut, die eine Vielzahl von Mediatoren ausschütten und den Teufelskreis weiter anfeuern – wobei immer mehr Mediatoren produziert werden und die Schwellenwerte der Rezeptoren sinken. Nach einer solchen Sensibilisierung kann man in der Magnetresonanz-Bildgebung bei Patienten mit atopischer Dermatitis bei Juckreiz auch im Gehirn eine andere Wahrnehmung und Kinetik beobachten als bei gesunden Kontrollpersonen.
Zellen und Mediatoren der Prurituspathogenese
Abbildung: In der Haut sind verschiedene Zelltypen an der Entstehung von Juckreiz beteiligt. NGF: nerve growth factor; EDN: eosinophil-derived neurotoxin; ECP: eosinophil cationic protein; BDNF: brain-derived neurotrophic factor. Quelle: nach Ständer S. et al., JDDG 2011; 9: 456–463.
Angesichts solch komplexer Pathomecha-
nismen reiche es nicht aus, bei Juckreiz nur
an die Blockade von Histamin zu denken,
betonte Ständer. Basis der Therapie ist die
Pflege der Haut mit Emollienzien. Eine Ver-
besserung der Hautbarriere ist ein entschei-
dender erster Schritt. Darüber hinaus kommen
neben Antihistaminika auch verschiedene
topische antientzündliche Substanzen zum
Einsatz. Als zielgerichtete Therapien sind
bei atopischer Dermatitis derzeit noch wei-
tere Ansätze in der Entwicklung – so zum
Beispiel verschiedene PDE-4-Hemmer sowie
Antikörper gegen den IL-4-Rezeptor und
auch gegen IL-31.
Martina Freyer/AZA
Quelle: Session «Pain and itch management» beim 25. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), 30. September 2016 in Wien.
Selektive IL-23-Inhibition vielversprechend bei Psoriasis Guselkumab ist ein humaner Antikörper, der selektiv IL-23 blockiert, indem er an dessen P19-Untereinheit bindet. Im Gegensatz dazu hat Ustekinumab die P40-Untereinheit zum Ziel, die sowohl in IL-12 als auch in IL-23 enthalten ist, es inhibiert also beide Interleukine. Die Wirksamkeit von Guselkumab wurde im Vergleich zu Plazebo und Adalimumab in der doppelblinden und plazebokontrollierten Studie VOYAGE-1 untersucht. Die 12-Wochen-Daten bestätigten eine signifikante Überlegenheit versus Plazebo bei dem Endpunkt PASI-90-Ansprechen und bei der Abheilung der Hautläsionen nach Einschätzung der Prüfärzte (IGA: Investigator’s Global Assessment); ab Woche 16 war Guselkumab auch Adalimumab überlegen. Beim EADV-Kongress wurden jetzt die Behandlungsergebnisse nach 48 Wochen vorgestellt, welche die Wirksamkeit dieses Antikörpers bestätigen (3). Nach dieser Zeit erreichten 76,3 Prozent der Patienten mit dem Newcomer ein PASI-90-Ansprechen, verglichen mit 47,9 Prozent derjenigen, die Adalimumab erhielten. 87,8 Prozent erreichten mit Guselkumab ein PASI-75-Ansprechen, verglichen mit 62,6 Prozent mit dem TNF-Blocker. Fast die Hälfte dieser schwer betroffenen Patienten (47,4%) habe eine vollständige Abheilung ihrer Hautläsionen (PASI 100) erreicht, erklärte Dr. Anthony Blauvelt aus Portland (Oregon/USA) bei der Vorstellung der Studienergebnisse. Weiterer Vorteil ist das lange Injektionsintervall: So muss Guselkumab zu Therapiebeginn nur alle 4 Wochen injiziert werden, in der Erhaltungsphase sogar nur alle 8 Wochen.
Susanne Kammerer/AZA
Quelle: Blauvelt A: Efficacy and safety of guselkumab, an anti-interleukin-23 monoclonal antibody, compared with adalimumab for the continuous treatment of moderate-to-severe psoriasis in the phase 3 VOYAGE 1 trial. Vortrag D3T01.1D beim EADV 2016.
Foto: AZA
Neuer Antikörper erfolgreich
bei atopischer Dermatitis Grundlage der atopischen Dermatitis ist
eine verstärkte Immunantwort, an der Th2-
Helferzellen massgeblich beteiligt sind. Aus-
serdem spielen eine gestörte Hautbarriere
und eine vermehrte Kolonisierung der Haut
mit Staph. aureus eine Rolle. Bei der mode-
raten bis schweren atopischen Dermatitis
sind topische Therapien meist wenig erfolg-
reich, und die derzeit eingesetzten systemi-
schen Immunsuppressiva sind in der Dau-
ertherapie problematisch.
Dr. Eric L. Simpson aus Portland (USA)
stellte nun die Studien SOLO 1 und 2 zur
Wirkung von Dupilumab bei der Therapie
der AD innerhalb der «Late-breaker»-Sit-
zung vor (1, 2). Dieser vollständig humani-
sierte, monoklonale Antikörper ist gegen
eine gemeinsame Untereinheit der Rezep-
toren für Interleukin-(IL-)4 und IL-13 gerich-
tet. In den Phase-III-Studien SOLO 1 und 2
zeigte Dupilumab im Vergleich zu Plazebo
eine signifikante Verbesserung der Sym-
ptome von atopischer Dermatitis sowohl im
Investigator’s Global Assessment (IGA) als
auch im «Eczema area and severity»-Index
EASI-75. So konnte beispielsweise durch
die Gabe von Dupilumab in 14-tägigen In-
tervallen nach 16 Wochen bei 51,3 Prozent
(SOLO 1) beziehungsweise bei 44,2 Prozent
(SOLO 2) eine mindestens 75-prozentige
Verbesserung im EASI erzielt werden, ver-
glichen mit 14,7 Prozent beziehungsweise
11,9 Prozent in den Plazebogruppen. Zu-
dem war bereits in Woche 2 eine signifi-
kante Reduktion des Pruritus nachweisbar,
die bis Woche 16 anhielt. Daraus ergaben
sich signifikante Verbesserungen der Le-
bensqualität der mit Dupilumab behandel-
ten Studienteilnehmer.
Prof. Emma Guttman aus New York (USA)
ergänzte: «Die Resultate sind sehr ermuti-
gend. Ich glaube, dass etwa ein Drittel der
Patienten mit moderater bis schwerer atopi-
scher Dermatitis von so einer Therapie pro-
fitieren könnten.»
Susanne Kammerer/AZA
Quellen: 1. Simpson EL: Dupilumab in moderate-to-severe atopic derma-
titis: results from two randomized, placebo-controlled phase 3 trials (SOLO 1 & 2). Vortrag D3T01.1C beim EADV 2016. 2. Simpson EL et al.: Two Phase 3 Trials of Dupilumab versus Placebo in Atopic Dermatitis. N Engl J Med 2016; doi: 10.1056/NEJMoa1610020 (Epub ahead of print).
26 SZD 1/2017