Transkript
EASD
Vorteilhafte Begleiteffekte von GLP-1-Analoga
Kardiovaskuläre und Nierenschäden gebremst
Bei Typ-2-Diabetikern mit hohem kardiovaskulären Risiko verringerte das GLP-1-Analogon Liraglutid nicht nur HbA1c und Gewicht: Auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, kardiovaskuläre und Gesamtsterblichkeit sowie das Fortschreiten von Nierenschäden nahmen signifikant ab. Das sind die Ergebnisse der kardiovaskulären Endpunktstudie LEADER.
Die internationale Studie schloss 9430 Typ-2-Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko ein. Sie prüfte den Nutzen von Liraglutid (Victoza®) im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse. Dafür wurde die Standardtherapie der Teilnehmer 3½ Jahre lang (Median) um bis zu 1,8 mg/Tag Liraglutid oder um ein Plazebo erweitert. Primärer kombinierter Endpunkt war das erste Auftreten eines kardiovaskulären Ereignisses – kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Herzinfarkt, nicht tödlicher Schlaganfall –, so Prof. Johannes Mann aus München (D). Der primäre Endpunkt trat unter Liraglutid mit 13 Prozent versus 14,9 Prozent bei signifikant weniger Patienten ein als unter Plazebo. Das entspricht einer Risikoreduktion um 13 Prozent und bestätigte die Nichtunterlegenheit versus Plazebo (sowie p = 0,01 für Überlegenheit). Der Vorteil beruhte vor allem auf dem Rückgang kardiovaskulärer Sterbefälle (–22%). Todesfälle aller Ursachen nahmen ebenfalls signifikant ab (–15%; p = 0,02). In einem präspezifizierten sekundären Endpunkt wurde der Einfluss der Therapie auf Nierenschäden untersucht. Mass der Nierenfunktion war der Urin-Albumin/Kreatinin-Quotient. Gegenüber Plazebo verringerte Liraglutid demnach die Gefahr des Neuauftretens oder der Verschlechterung einer Nierenerkrankung um 22 Prozent. Dies wiederum beruhte besonders darauf, dass Neumanifestationen einer Makroalbuminurie um 26 Prozent zurückgingen.
In fortgeschrittener Entwicklung: Semaglutid
Das GLP-1-Analogon Semaglutid, das demnächst zur Zulassung eingereicht werden soll, zeigt ähnlich vielfältige Effekte. Es wird einmal täglich gegeben. Abhängig vom Glukosespiegel stimuliert es die Insulinsekretion und hemmt die Glukagonabgabe. Daneben mindert es Appetit und Nahrungsaufnahme. Beim EASD wurden hierzu Daten aus zwei randomisierten, plazebokontrollierten Studien vorgestellt. SUSTAIN 5 untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit der Add-onGabe des Wirkstoffs bei Patienten mit lange bestehendem Typ-2-Diabetes, die mit Basalinsulin mit oder ohne Metformin keine gute Einstellungsqualität erreichten – im Mittel betrug ihr HbA1c-Wert 8,4 Prozent. In der Studie erhielten die 397 Probanden zusätzlich einmal pro Woche 0,5 mg oder 1,0 mg Semaglutid oder ein Plazebo. Primärer Endpunkt war die Änderung des HbA1c. Nach
30 Wochen hatten die Verumgruppen eine Senkung des HbA1c um 1,4 Prozent und 1,8 Prozent erzielt – signifikant mehr als die Plazebogruppe (–0,1%). Passend dazu verloren die Semaglutid-Patienten mit -3,7 kg und -6,4 kg deutlich mehr Gewicht (Plazebo: –1,4 kg).
HbA1c, Gewicht und kardiovaskuläres Risiko verbessert
In der Nichtunterlegenheitsstudie SUSTAIN 6 ging es um das kardiovaskuläre Outcome. Teilnehmer waren 3297 Typ-2-Patienten aus 20 Ländern mit hohem Risiko für das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse. Geprüft wurde der Langzeiteffekt einer wöchentlichen Gabe von 0,5 mg oder 1,0 mg Semaglutid oder von Plazebo als Addon zur Diabetes- und kardiovaskulären Standardtherapie. Die Probanden wurden über 104 Wochen behandelt. Primärer kombinierter Endpunkt war die Zeit bis zum ersten Auftreten von kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Herzinfarkt oder nicht tödlichem Schlaganfall. Im Vergleich zu Plazebo sank das Risiko für diesen Endpunkt mit Semaglutid signifikant um 26 Prozent. Dabei gingen nicht tödliche Schlaganfälle um 39 Prozent und nicht tödliche Herzinfarkte um 26 Prozent zurück. Retinopathiekomplikationen wurden in der Verumgruppe öfter beobachtet (3,0% vs. 1,8%; p = 0,02). Die Verschlechterung einer Nephropathie oder eine neue Nephropathie trat unter Semaglutid seltener auf als unter Plazebo (3,8% vs. 6,1%; p = 0,005). Zurzeit wird die erste orale Formulierung von Semaglutid – zur täglichen Anwendung – geprüft. In einer Studie erreichte sie ebenfalls starke, dosisbezogene Verringerungen von HbA1c und Gewicht, wie Prof. Melanie Davies aus Leicester (GB) zeigte. Die orale Formulierung erforderte allerdings deutlich höhere Dosierungen. Funktioniert hat dieser Weg der Verabreichung, weil der Wirkstoff zusammen mit einem Absorptions-Enhancer in einer Koformulierung gegeben wurde.
Helga Brettschneider
Quellen: Vorträge im Rahmen der 52. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD), 12. bis 16. September 2016 in München.
24 • CongressSelection Kardiologie/Diabetologie • Dezember 2016