Transkript
ERS
Foto: AZA
Neuer GOLD-Standard in Sicht
Ausblicke auf die neue COPD-Leitlinie
Die Leitlinie der Global Initiative for Obstructive Lung Disease (GOLD) hat sich zu einem echten «Goldstandard» unter den Leitlinien zum Management der COPD entwickelt. Demnächst soll es wieder eine Aktualisierung geben. Auf dem ERS in London gab es erste Einblicke, welche Neuerungen zu erwarten sind.
Bartolome R. Celli
Die Therapie von Patienten mit COPD wurde in den letzten Jahren durch mehrere bahnbrechende Studien verändert. Einerseits kamen durch Studien wie WISDOM Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Einsatzes von inhalativen Steroiden in dieser Indikation. In dieser Studie wurde gezeigt, dass bei COPD-Patienten, die Inhalationssteroide zusätzlich zu langwirksamen Bronchodilatatoren erhalten, die Steroide ohne Erhöhung des Exazerbationsrisikos abgesetzt werden können (1). Andererseits konnte sich die duale Bronchodilatation mit langwirksamen Beta-2-Agonisten (LABA: long acting beta2 agonist) und langwirksamen Antimuskarinika (LAMA: long acting muscarinic antagonist) zunehmend etablieren. Wie Prof. Bartolome R. Celli aus Boston/Massachusetts berichtete, sind – zum wiederholten Male – in der bevorstehenden Aktualisierung wesentliche Neuerungen geplant. Dies werde bereits bei einer Änderung der COPDDefinition beginnen, so Celli, der selbst Mitglied des Executive Committee von GOLD ist. Während in der bisherigen Definition der eingeschränkte Atemfluss das zentrale Charakteristikum der Erkrankung war, sollen in Zukunft zusätzlich respiratorische Symptome mit aufgenommen werden. Denn schliesslich stehen für den Patienten diese Symptome im Vordergrund und veranlassen ihn zum Arztbesuch. Auch neue Erkenntnisse bezüglich der Pathophysiologie werden mit einfliessen. Hier soll nach Cellis Ausführungen nicht mehr so stark wie bisher auf die Entzündung fokussiert werden; stattdessen werden hier nun auch strukturelle Veränderungen und das Versagen von Reparaturmechanismen als wichtige Faktoren ergänzt. Schliesslich sei es nach heutiger Kenntnis vor allem die unterschiedliche Funktionalität dieser Reparaturmecha-
VORSCHLAG FÜR EINE NEUE KLASSIFIKATION DER COPD
mMRC: Modified British Medical Research Council; CAT: COPD Assessment Text; CCQ: Clinical COPD Questionaire (mMRC, CAT und CCQ sind Fragebögen zur Erfassung von COPD-Symptomen)
So ähnlich wird sie wohl aussehen: die neue GOLD-Klassifikation. Quelle: nach dem Vortrag von Prof. Celli.
nismen, die erklärt, warum bei gleicher Noxen-Exposition manche Menschen eine COPD entwickeln und andere nicht.
Neue Klassifikation geplant
Die wesentliche Neuerung wird allerdings – wieder einmal – eine neue Klassifikation der COPD sein. Dazu ist geplant, die jeweiligen Stärken der vorangehenden Klassifikationen quasi zu bündeln. Denn hier hat man dazulernen müssen, dass die letzte Umstellung nicht nur Vorteile brachte. Was war vorausgegangen? Ursprünglich gab es in der GOLD-Leitlinie von 2007 eine eindimensionale Einteilung in vier Schweregrade, die allein durch die Einschränkung der Lungenfunktion definiert waren (GOLD 1–4). Diese Klassifikation wurde in der Aktualisierung von 2011 durch das noch heute progagierte zweidimensionale Schema der Vierfeldereinteilung (GOLD A–D) weitgehend abgelöst. Mit der neuen Einteilung sollte berücksichtigt werden, dass die Symptomatik unabhängig von der Lungenfunktion sehr unterschiedlich sein kann, ebenso wie die Exazerbationen, die zudem entscheidend zur Prognose der Patienten beitragen. Folglich wurden diese Kriterien mit aufgenommen. Das Problem: Zu viele verschiedene Parameter wurden nun in dieses zweidimensionale Schema gepresst. Dies erschwerte bei manchen Patienten die Zuordnung. Zudem stellte sich mittlerweile heraus, dass hinsichtlich der Überlebensprognose die alte eindimensionale Lungenfunktionseinteilung letztlich aussagekräftiger war und die Stadien stärker mit der Mortalität korrelierten als die neuen Vierfelderklassifikation (2). Dagegen erschien die Vierfelderklassifikation vorteilhaft hinsichtlich einer individualisierten Therapieentscheidung. Um in Zukunft die Vorteile beider Klassifikationen zu nutzen, sollen sie daher in Zukunft kombiniert werden. Zunächst soll dafür anhand der Einsekundenkapazität (FEV1) zunächst das Ausmass der Atemwegsobstruktion bestimmt werden (Klassifikation 1–4). Danach wird die klinische Ausprägung anhand einer vereinfachten Vierfeldertafel (Klassifikation A–D) präzisiert, aus der nun der FEV1 herausgenommen wurde – es sollen nur noch der Symptomenscore (z.B. als CAT) in der einen sowie die Exazerbationshäufigkeit in der zweiten Dimension berücksichtigt werden (siehe Abbildung). Heraus kommt dann beispielsweise ein Stadium «2B», wenn der Patient einen FEV1 von 70 Prozent, einen CAT-Score (Ergebnis aus dem COPD Assessment Test TM, einem Fragebogen zur Erfassung des Gesundheitszustandes von COPD-Patienten anhand der Symptomatik) über 10 und eine einzelne Exazerbation im letzten Jahr aufweist.
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All dies ist, wie Celli betonte, ein vorläufiger Ausblick, denn der Report ist noch nicht endgültig. Die Veröffentlichung einer finalen Version steht aber unmittelbar bevor, sie soll noch in diesem Jahr erfolgen. Celli ist zuversichtlich, dass GOLD auch weiterhin zur Verbesserung in der Versorgung von Patienten mit COPD beitragen wird. Bereits heutzutage lässt sich nach seinen Ausführungen eine Abnahme der COPD-Todesfälle feststellen. «Wir machen bereits einen anständigen Job, und wir sollten optimistisch bleiben», so das Fazit von Celli: «Wir können die COPD besiegen.»
Adela Zatecky
Referenzen: 1. Magnussen H et al.: Withdrawal of Inhaled Glucocorticoids and Exacerbations of COPD. N Engl J Med 2014; 371(14): 1285–1294. 2. Leivseth L et al.: GOLD classifications and mortality in chronic obstructive pulmonary disease: the HUNT Study, Norway. Thorax 2013; 68: 914–921.
Quelle: Lunchtime Session «GOLD: novel approaches to COPD assessment and management» anlässlich des 26. Jahreskongresses der European Respiratory Society (ERS), 6. September 2016 in London.
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