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7 Fragen – 7 Antworten
Partner: IBSA Institut Biochimique SA
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Die Partner von doXmart ermöglichen es uns, den Ärztinnen und Ärzten mit Patientenapotheke optimale Einkaufskonditionen anzubieten: Ex-Factory-Preise ab erster OP und Verzicht auf zeilenabhängige Logistikkosten. Dafür gebührt unseren Partnern Dank. Unter dieser Rubrik stellen wir regelmässig einige von ihnen in unseren «doXmedical»Ausgaben vor. In der vorliegenden Ausgabe präsentieren wir die Pharmafirma IBSA Institut Biochimique SA, ein Tessiner Unternehmen, das mit bekannten, patentfreien Wirkstoffen spezielle Therapeutika entwickelt, die sich durch einen eigenen Zusatznutzen auszeichnen. Mit diesem Konzept der Entwicklung von «Supergenerics» ist IBSA seit nunmehr 30 Jahren erfolgreich – nicht nur auf dem Schweizer Pharmamarkt.
1. Wer ist IBSA Institut Biochimique SA
eigentlich? IBSA wurde ursprünglich 1945 von drei Tessiner Biologen in Lugano gegründet. 1986 ging IBSA in die Hände des heutigen Besitzers Arturo Licenziati über, der als «Spiritus Rector» aus der ehemals kleinen Firma die neue IBSA, ein heute erfolgreich operierendes Pharmaunternehmen, formte. IBSA feiert dieses Jahr also das 30-JahrJubiläum! Nach der Übernahme leitete der neue Firmeninhaber eine strategische Kehrtwende ein, sowohl was die Produktentwicklung als auch die anzuvisierenden Märkte weltweit anbelangte. Er wandte sich von der Herstellung reiner Generika ab und fokussierte sich stattdessen auf die Entwicklung von Spezialitäten, die zwar auch auf bekannten patentfreien Wirkstoffen basierten, zusätzlich jedoch einen klaren Zusatznutzen im Vergleich zu bereits im Handel befindlichen wirkstoffgleichen Spezialitäten anderer Mitbewerber
Das Interview führte
Claudia Reinke
aufwiesen. Heute würde man im Zusammenhang mit unserer Produktstrategie wohl von «Supergenerics» sprechen. Dieser Begriff mag unterdessen zwar etwas abgedroschen klingen, vor 30 Jahren war er das jedoch nicht, insbesondere war es nicht banal, diesen Begriff zur strikt einzuhaltenden Entwicklungsstrategie neuer Spezialitäten zu machen. Was die Märkte anbelangte, wollte man sich in Zukunft zuerst den europäischen Märkten zuwenden, insbesondere gründete man nach dem Mauerfall Anfang der Neunzigerjahre in den neu hinzugekommenen mittel- und osteuropäischen Staaten eigene Filialen. In vielen anderen Ländern – heute sind es über 70 – ist IBSA durch Distributionspartner vertreten, die unsere Produkte in Lizenz vertreiben. Von Anfang an war aber auch geplant, so bald als möglich die USA und China zu erobern, koste es, was es wolle. Dass man
auch schon bald in Italien eine Filiale und diverse Produktionsstätten gründete, versteht sich bei einem Tessiner Unternehmen wohl von selbst. Wir starteten unter der neuen Führung vor 30 Jahren mit rund 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Umsatz von 3,6 Millionen Franken weltweit. In der Schweiz kamen wir mit der Übernahme von IBSA quasi in den Besitz von Condrosulf und einem vertraglich gebundenen Leihaussendienst von Galenica, der dieses in Lizenz vertrieb. 1987 starteten wir dann auf Platz 163 mit dem ersten eigenen, also von IBSA angestellten Pharmaberater im Tessin und dem Verkauf von Condrosulf, das wir zunächst «zurückkaufen» mussten, was uns durch Abzahlung in Raten mit den neu erzielten Umsätzen gelang. Etwas später kam Solmucol zum Produkteportfolio hinzu, dann Ialugen und Ialugen plus. Wesentlich zum Erfolg von IBSA beigetragen hat in den frühen Jahren – neben Condrosulf und Solmucol – auch das 1993 eingeführte Schmerzpflaster Flector Tissugel, das seither durch eine kassenzulässige Linienerweiterung namens Flectoparin Tissugel ergänzt wurde. Ausschlaggebend für den Erfolg von
Die Fragen beantwortete: Malesa Ulrico Sidjanski, MSc ETH, Head Swiss Business Operations, IBSA.
IBSA Institut Biochimique SA mit Hauptsitz in Lugano (Pambio-Noranco) besteht in ihrer jetzigen Form seit 1985.
Firmeninhaber und CEO: Arturo Licenziati Anzahl Mitarbeiter: Rund 1800 Mitarbeiter weltweit, 635 im Tessin. Marktstellung: In der Schweiz Rang 22.
Blockbuster: Keine Präparate, die einen Umsatz in dieser Grössenordnung erreichen. Fostimon und Merional erreichen jedoch weltweit immerhin deutlich über 100 Millionen Franken Umsatz.
Fokus: Wirkstoffe durch innovative Formulierungen oder Darreichungsformen in ihrer Anwendung, therapeutischen Effizienz und Verträglichkeit so zu optimieren, dass sich der Behandlungserfolg durch eine Steigerung der Therapietreue des Patienten weiter verbessert.
Pipeline: 3 Präparate kurz vor Markteinführung.
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Flector war übrigens, dass man mit dem Patch erstmals über eine neue, seinerzeit revolutionäre topische Darreichungsform verfügte, die nur noch 1- bis 2-mal pro Tag auf den schmerzenden Köperteil aufgelegt und angedrückt und nicht etwa mehrmals pro Tag eingerieben werden musste wie ein Gel. Dadurch wurde die Compliance wesentlich verbessert. In der Schweiz liegen wir, gemessen am Umsatz, inzwischen auf Platz 22 – IBSA ist heute das grösste unabhängige, nicht börsenkotierte Pharmaunternehmen der Schweiz, das sich noch in Familienbesitz befindet. Vor uns liegen nur noch die börsenkotierten «global players». International ist IBSA durch eigene Tochterunternehmungen in Ungarn, Belgien, der Türkei, China, den USA, Russland, Italien, den skandinavischen Ländern, Polen, Tschechien und der Slowakei vertreten. In allen übrigen Ländern vertreiben Distributionspartner unsere Spezialitäten unter unserem Markennamen in Lizenz (www.ibsa.ch/de/ unternehmen/firmenportrait.html, www.ibsa-international.com/about-us/company-profile/).
2. In welchen Bereichen ist IBSA vornehm-
lich tätig und welches sind Ihre wichtigsten Produkte? Was würden Sie gern erreichen? IBSA fokussiert sich auf die Bereiche Rheumatologie, Dermatologie, Endokrinologie, IVF (Human Reproduction) und Sportmedizin (Schmerz und Entzündung) sowie Urologie und Pneumologie (Respiratory). Unsere wichtigsten Produkte weltweit sind unsere Fertilitätshormone Fostimon, Merional, Choriomon und Prolutex. Bereits bei der Übernahme von IBSA hatte man ausser Chondrosulf auch ein Fruchtbarkeitshormon im Portfolio, aus dem nach weiterer Entwicklung die verschiedenen Hormonprodukte hervorgingen. Gemessen am Absatz sind wir damit heute in der Schweiz Marktführer, vor Merck Serono und MSD (ehemals Organon). Ausserdem gehört Tirosint, das zur Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion eingesetzt wird und schon vor einigen Jahren von der FDA auch in den USA zugelassen wurde, ebenso zu unseren strategisch wichtigsten Produkten, wie natürlich auch Condrosulf und Flector Tissugel, das ebenfalls schon seit einigen Jahren in den USA zugelassen ist. Solmucol wurde nach Condrosulf als zweite Spezialität entwickelt, da der neue Besitzer von IBSA mit dem Wirkstoff (N-Ace-
tylcystein) und den entsprechenden Märkten aus früheren Tätigkeiten in der Pharmaindustrie bereits bestens vertraut war. Es war daher naheliegend, ein Supergeneric von N-Acetylcystein zu entwickeln. Flector Tissugel war das Resultat eines Zusammenspiels verschiedener Ein- und Zufälle. Bei einem Geschäftsbesuch in Japan bekam der neue Inhaber von IBSA ein Schmerzpflaster zu Gesicht, das ihn überzeugte. Auch wenn dieses einen komplett anderen Wirkstoff enthielt als Flector Tissugel heute, liess ihn die Idee, ein solches Schmerzpflaster zu entwickeln, nicht mehr los. Als ihm kurz darauf ein befreundeter Forscher zufällig ein neues amphiphiles Diclofenac-Salz (Epolamin-Diclofenac) vorstellte, erkannte Herr Licenziati die grosse Chance, und kombinierte die japanisch inspirierte Pflasteridee mit dem neuen Diclofenanc-Salz – und tatsächlich, es funktionierte: Flector Tissugel war geboren. Das Epolamin-Salz von Diclofenac wurde sofort patentiert, und seither wurde die Patentierbarkeit von Eigenentwicklungen zur Strategie erhoben. In der Zwischenzeit hält IBSA rund 80 Patente. Sie fragen mich, was wir gerne erreichen würden, ich antworte Ihnen: die USA. Es war schon immer der Traum unseres Chefs, die USA zu «erobern», und wir begannen deshalb auch schon früh in unserer relativ kurzen Geschichte, mit der Registrierung von Flector Tissugel, dieses Ziel hartnäckig zu verfolgen.
3. Betreiben Sie eine eigene Forschungs- und
Entwicklungsabteilung? Mit welcher Zielsetzung? Welche Entwicklungen sind aus Ihrer Forschungstätigkeit zu erwarten? Uns stehen zwar leider keine Mittel in Milliardenhöhe zur Verfügung, die es heute zur Entwicklung von neuen pharmakologisch wirksamen, chemischen Entitäten bräuchte. Dennoch betreiben wir eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Unter dem Motto «Gutes besser machen» investieren wir schon seit vielen Jahren jährlich eine achtstellige Summe und engagieren uns hier sowohl in der pharmazeutischen Technologie als auch in der klinischen Forschung. Dort suchen wir nach Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich der Formulierung, der Darreichungsform, des Applikationswegs oder der Kombination bereits be-
kannter Wirkstoffe, die es dem Patienten erlauben, die von ihm benötigte Substanz auf eine einfachere, die Compliance fördernde Weise oder auf eine besser verträgliche Art einzunehmen. Es kann auch sein, dass durch die neue Formulierung der Wirkstoff besser aufgenommen wird und man deshalb bei gleicher Bioverfügbarkeit die Dosierung verringern kann, was wiederum zu einer besseren Verträglichkeit führen kann (dafür steht zum Beispiel unser neues Flector in vorgefüllten Spritzen, das international unter dem Markennamen Akis vertrieben wird). In diesem Zusammenhang stehen wir in regelmässigem Austausch mit vielen renommierten universitären Forschungseinrichtungen der Medizin und der Pharmakologie weltweit und forschen in enger Zusammenarbeit mit diesen in verschiedensten Indikationsbereichen wie zum Beispiel der Endokrinologie, der Dermatologie, der IVF oder der Sportmedizin. Gemäss der Philosophie unseres Firmenchefs: «Von der Forschung über die Entwicklung bis zur Produktion und zum eigenen Vertrieb, alles möglichst in eigener Hand», wird IBSA auch in Zukunft in Forschungs- und Produktionsstätten in der Schweiz investieren, um eigene Produkte zu entwickeln und zu produzieren und so quasi «von der Traube bis zur Flasche» eine umfassende Qualitätskontrolle sicherzustellen, was wiederum entscheidend zur Qualitätssicherung beiträgt. Zurzeit befinden sich drei neue, in der Entwicklung weit fortgeschrittene Präparate in der Pipeline, die in den nächsten Jahren auf den Markt kommen werden; mehr kann ich Ihnen aber dazu leider nicht sagen.
4. Welches sind Ihre grössten Sorgen – vom
Markt beziehungsweise der Preisentwicklung her, aber auch gesundheitspolitisch? Existenzielle Sorgen macht uns das System der Preisfestsetzung für kassenzulässige Arzneimittel durch das BAG, das keine Rücksicht darauf nimmt, ob ein Arzneimittel in der Schweiz hergestellt wird oder nicht, obwohl die Herstellungskosten in der Schweiz 30 bis 40 Prozent höher sind als im europäischen Ausland. Zur Preisfestsetzung vergleicht das BAG aber den von uns beantragten beziehungsweise den alle drei Jahre zu überprüfenden Preis mit den Preisen eines ver-
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gleichbaren Arzneimittels in neun Ländern des europäischen Auslands. Ein höherer Preis als der Durchschnittspreis dieser Referenzländer wird nicht gewährt. Unsere Präparate sind fast ausnahmslos in der Schweiz hergestellt, müssen aber wegen dieses Vorgehens dennoch zu europäischen Preisen verkauft werden, was dazu führt, dass bei gewissen Arzneimitteln kaum noch eine ausreichende Marge vorhanden ist, um einen existenzsichernden Gewinn zu erzielen. In Extremfällen, wie bei unserer Spezialität zur Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion, Tirosint, wären wir aufgrund dieser Preisfestsetzungspraxis sogar gezwungen gewesen, dieses unter den Herstellerkosten, also zu einem Dumpingpreis, zu verkaufen. Dagegen haben wir beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht, die noch hängig ist. In Zukunft werden zur Aufnahme in die SL Health Technology Assessments (HTAs) erforderlich sein. Das heisst, die Anforderungen an die Evidenz werden weiter steigen, was wiederum steigende Arzneimittelpreise zur Folge haben wird. Dennoch investieren wir in den nächsten fünf Jahren eine Summe von rund 50 Millionen Franken in den Bau neuer Produktionsstätten hier im «Pian Scairolo» und damit in den Produktionsstandort Schweiz. Die Baubewilligung für die erste Etappe liegt vor, die ersten Arbeiten haben bereits begonnen. Im Übrigen hat IBSA auch in den letzten Jahren schon mehrfach in den Produktionsstandort Tessin investiert: zum Beispiel 26 Millionen Franken in Lamone (Werk zur Herstellung unserer Fertilitätshormone Fostimon, Merional, Choriomon) beziehungsweise 27 Millionen Franken in Manno (Werk zur Produktion von Tirosint in Form innovativer Weichkapseln).
5. Was dürfen die Ärzte heute und in Zukunft
von IBSA erwarten? Was ist für den Arzt das Besondere an Ihrem Unternehmen? Sind Sie im Bereich Fortbildung aktiv? Wir setzen auch in Zukunft unbeirrt auf den Produktionsstandort Schweiz (siehe die bereits angesprochenen Investitionen), das heisst, Ärzte und Patienten dürfen auch in Zukunft mit Arzneimitteln höchster Schweizer Qualität rechnen. Wir werden auch in Zukunft Arzneimittel entwickeln und zur Verfügung stellen, die, einem weiteren
Credo folgend – «primum non nocere!» –, sicher und verträglich sind, dem Patienten das Einnehmen oder Anwenden der Arzneien erleichtern, somit das Risiko und den Aufwand für den Patienten minimieren und so die Therapietreue und in der Folge den Therapieerfolg erhöhen. Das Besondere an unserem Unternehmen ist für den Arzt oder Apotheker, dass er mit Produkten von IBSA Arzneimittel einer Firma verschreibt oder empfiehlt, die ihre Produkte in der Schweiz herstellt und die nicht börsenkotiert ist. Weil IBSA nicht börsenkotiert ist, orientieren wir uns auch nicht an kurzfristigen Gewinnmaximierungen, sondern verfolgen für Familienunternehmen typische langfristige und nachhaltige Unternehmungsziele. Gleichzeitig achtet die Firmenleitung stets in besonderer Weise auf die Zufriedenheit und das Wohlergehen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. IBSA schafft nicht nur jedes Jahr zusätzliche Arbeitsplätze mit guten Sozialleistungen im Kanton Tessin, sondern nimmt insbesondere lokal auch ihre soziale Verantwortung wahr, indem sie zum Beispiel für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Kindergarten betreibt, ein medizinisches Museum finanziell unterstützt oder die medizinische Fakultät der Universität Lugano sponsert. Mit jeder Verschreibung oder Empfehlung wird zudem eine Firma unterstützt, die vor einigen Jahren eine Stiftung für die Forschung gegründet hat, die Stipendien an junge talentierte Forscherinnen und Forscher vergibt, deren Erkenntnisse zur besseren Behandlung von Krankheiten beitragen können. Ausserdem unterstützt diese Stiftung wissenschaftliche Foren in verschiedensten medizinischnaturwissenschaftlichen Bereichen, auch ohne Bezug zu den Tätigkeitsschwerpunkten von IBSA, um den Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse zu fördern (www.fondazioneibsa.org/index_ita.html). Dazu gehört auch unser Engagement in der ärztlichen Fortbildung, die IBSA seit gut 15 Jahren regelmässig finanziell und/oder organisatorisch unterstützt. Weiterhin die Unterstützung von Netzwerken, die – ebenso wie Fortbildungen – zur Optimierung der medizinischen Versorgung beitragen und es deshalb verdienen, von IBSA unterstützt zu werden. Schon früh haben wir erkannt, dass in dieser Art der «Begegnung» mit unserem Kunden ein grosses Potenzial liegt, das auch dem
Vertrauen in unsere Firmenphilosophie und in unsere Arzneimittel zugutekommt. Insbesondere auch deshalb, weil wir die Auswahl der Fortbildungsthemen nicht beeinflussen, dem Referenten freie Wahl garantieren und nicht nur Fortbildungen unterstützen, die in direktem Zusammenhang mit unseren Präparaten stehen. Wir setzen auch schon seit Jahren für jede Fortbildung, die wir finanziell oder organisatorisch unterstützen, einen transparenten und von jedermann einsehbaren Vertrag mit den Organisatoren beziehungsweise den Referenten auf, in dem wir unter anderem klar deklarieren, dass Honorare keine Verpflichtung beinhalten, unsere Arzneimittel bei Verschreibung oder Empfehlung zu bevorzugen.
6. Was macht Ihnen am meisten Sorgen im
Verhältnis zur Ärzteschaft in Klinik und Praxis, und wie sehen Sie die Entwicklung der medizinischen Versorgung in der Schweiz aus Sicht der Industrie? Sorgen macht uns die Tatsache, dass uns immer häufiger der Zugang zu Health Care Professionals verwehrt bleibt, da diese unsere kompetenten, wissenschaftlich ausgebildeten Vertreter aufgrund neuer alternativer und noch nie da gewesener Informationsmöglichkeiten des Internets (u.a. Blogs, E-Mail-Newsletter, HCP-Communities [coliquio.de, allgemeinarzt-online.de oder doccheck.de] oder Social-Media-Plattformen wie Twitter) nicht mehr empfangen. Ein anderer Grund ist aber leider auch der blosse Überdruss, ausgelöst beispielsweise durch skandalöse Vertuschungungen unerwünschter Wirkungen oder negativer Studienresultate oder auch einfach befördert von der täglichen, kaum noch zu bewältigenden Informationsflut. Was die medizinische Versorgung betrifft, so wird es vermutlich in Zukunft immer öfter der Fall sein, dass gewisse Arzneimittel nicht mehr zur Verfügung stehen werden, weil sie aufgrund des herrschenden Preis- und damit verbundenen Margendrucks nicht mehr rentabel vertrieben werden können und deshalb von den Firmen vom Markt genommen werden müssen. Die mittelfristigen Folgen sind ein Schrumpfen der Angebotsbreite und eine damit einhergehende Einschränkung der Wahlmöglichkeit des Patienten bis hin zum Monopol und allen den damit hinlänglich bekannten
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negativen Konsequenzen. So geschehen zum Beispiel mit dem Klassiker Vita Merfen oder mit Euceta, um nur zwei kürzlich erfolgte Rücknahmen zu nennen. In einigen Fällen kann dieser Preisund Margendruck, oft ausgelöst durch die Preisfestsetzungspraxis bei den kassenzulässigen Arzneimitteln, sprich durch den Auslandspreisvergleich ohne Berücksichtigung der im Vergleich hohen Kaufkraft des Schweizer Frankens und der hohen Schweizer Produktionskosten, langfristig nicht nur zur Aufgabe gewisser Präparate führen, sondern auch dazu, dass die wenigen verbliebenen KMU, die noch in der Schweiz produzieren, in Zukunft ihre Tore schliessen oder ihre Produktion
ins Ausland verlagern müssen. Dies hätte zur Folge, dass Arbeitsplätze und der damit verbundene Wohlstand in der Region, in der die betreffenden Firmen zu Hause sind, verloren gingen.
7. Wie wichtig ist für Sie die Zusammenarbeit
mit selbstdispensierenden Ärzten? Gibt es etwas, das Sie sich von den Ärzten wünschen würden? Die Zusammenarbeit mit selbstdispensierenden Ärzten ist für uns sehr wichtig und steht seit Langem unter dem partnerschaftlichen Motto: «Gemeinsam für unsere Patienten!» Von den Ärzten wünschen wir uns allgemein, uns auch in Zukunft den Zugang zu ihnen und ihren Praxen und Grup-
penpraxen uneingeschränkt zu gewähren. Wir ha-
ben bislang nur eine Aussendienstlinie und besu-
chen unsere potenziellen Kunden in der Regel nur
einmal pro Jahr. Der Besuch wird telefonisch ein
Jahr im Voraus vereinbart und immer von dersel-
ben Pharmaberaterin beziehungsweise Pharma-
berater, die für alle IBSA-Präparate zuständig
sind, wahrgenommen. Der Vorteil für unsere Kun-
den besteht darin, dass sie von jemandem be-
sucht werden, der kompetent ist, den sie schon
seit vielen Jahren kennen und der ihnen entspre-
chend vertraut ist.
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