Transkript
SGP
Schweres Asthma: Welche Patienten profitieren von Biologika?
Biomarker helfen bei der Wahl des Antikörpers
Mit Antikörpern, die gegen Mediatoren der asthmatischen Entzündung gerichtet sind, lässt sich auch schweres Asthma in den Griff bekommen. Doch nicht bei allen Patienten wirken diese Antikörper gleich gut. Biomarker helfen, die Patienten herauszufinden, bei denen eine solche immunologische Therapie am aussichtsreichsten ist.
Die Behandlung bei schwerem Asthma ist oft frustrierend. Die Erkrankung lässt sich schwer unter Kontrolle bringen, die Patienten weisen ständig eine Atemwegsobstruktion auf, haben einen hohen Bedarf an Medikation, sprechen nur mangelhaft auf Kortikosteroide an und leiden nicht zuletzt unter häufigen Exazerbationen. Aussicht auf eine bessere Versorgung dieser schwer kranken Menschen bietet die immunologische Therapie mit Antikörpern, die gegen spezifische Entzündungsmediatoren gerichtet sind. Wie Prof. Kian Fan Chung vom Imperial College in London berichtete, hat sich in der Entzündungsforschung herauskristallisiert, dass diese von den Typ-2-T-Helferzellen (Th2) vermittelte Eosinophile bei der Entstehung und Erhaltung des schweren Asthmas eine wichtige Rolle spielt. Hier sind besonders die proinflammatorischen Interleukine IL-5, Il-13, IL-4Rα sowie das Immunglobulin IgE in den Fokus gerückt. Entsprechend sind bereits eine Reihe gegen diese Zytokine gerichteter Antikörper entwickelt worden, die auch schon teilweise in Europa zugelassen sind.
Die Suche nach den Biomarkern
Allerdings wirken diese immunologischen Substanzen nicht bei allen Patienten gleich gut. Um herauszufinden,
MONOKLONALE ANTIKÖRPER IN DER ASTHMATHERAPIE
Antikörper Omalizumab (Novartis) Mepolizumab (GSK) Reslizumab (Teva) Dupilumab (Sanofi/Regeneron) Benralizumab (AZ/Medimmune) Lebrikizumab (Roche/Genentech) Tralokinumab
Wirkungsmechanismus Entwicklung/Zulassung
Anti-IgE
Zugelassen in der Schweiz seit 2006
Anti-IL-5
Zugelassen in der Schweiz seit 2016
Anti-IL-5 Anti-IL-4/13
Zugelassen in den USA und in der EU seit 2016 Phase III
Anti-IL-5
Phase III
Anti-IL-13
Phase III
Anti-IL-13
Phase III (Tabelle: AZA; Quellen: Vortrag Chanez/pharmawiki)
welcher Antikörper bei welchem Patienten am ehesten wirkt, hat man sich auf die Suche nach Biomarkern begeben – und die Forscher sind bereits fündig geworden. Chung erläuterte auf der Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie (SGP) in Lausanne, dass sich vor allem drei Indikatoren als vielversprechend herausgestellt haben: • das exspiratorische Stickoxid FENO (mehr als 30 ppm), • die Zahl der Eospinophilen im Blutbild (mehr als
300 μl) sowie • das Serum-Periostin (mehr als 55 ng/ml). Erhöhte FENO-Werte in der Ausatemluft weisen auf ein Ansprechen von Anti-IgE und Anti-IL4-Rα hin. Erhöhte Serumperiostinspiegel lassen Anti-IL-13 als vielversprechende Therapieoption vermuten. Liegt die Zahl der Eosinophilen deutlich über dem Grenzwert (hier schwanken die Angaben je nach Situation zwischen 150 und 300 pro Mikroliter peripheres Blut) kann man von einer eosinophilen Entzündung ausgehen. Hier sind Antikörper gegen IL-5, IL4-Rα und IL-13 aussichtsreich. Die Kombination der Marker lässt weitere Schlüsse auf das Entzündungsmuster und damit auf die immunologischen Therapieoptionen zu. Chung berichtete über Daten des Forschungsprojektes U-BIOPRED (Unbiased BIOmarkers in PREDiction of respiratory disease outcomes): Von 418 Patienten mit schwerem Asthma wiesen 101 kaum eine Erhöhung dieser Biomarker auf. Die anderen waren entweder auf einen, die meisten aber auf zwei oder alle drei Werte positiv (1). Nach Chungs Ansicht können diese Biomarkermuster helfen, den Phänotyp des Asthmas beim jeweiligen Patienten festzustellen und entsprechend die Therapie zu personalisieren.
Biomarker und Antikörper – neues Gespann im Asthmamanagement
Ansätze zur massgeschneiderten Therapie mit Antikörpern nach vorheriger Biomarkerbestimmung sind gemacht, wie Professor Pascal Chanez von der Universität Aix-Marseille in seinem Vortrag zu den Therapieoptionen bei Patienten mit schwerem Asthma berichtete. So wurden in einer Studie zu Mepolizumab – einem humanisierten monoklonalen Antikörper gegen Interleukin-5 – bei den 576 Patienten mit schwerem Asthma zuvor die Zahl der Eosinophilen festgestellt, um die
2 • CongressSelection Pneumologie • August 2016
SGP
eosinophile Inflammation des Asthmas zu bestätigen. Aufgenommen wurden nur Patienten, die entweder 150 Eosinophile pro μl im peripheren Blut aufwiesen oder im vergangenen Jahr mindestens einmal 300 Eosinophile pro μl Blut hatten. Danach wurde den Patienten entweder Mepolizumab 75 mg intravenös oder 100 mg subkutan oder Plazebo alle vier Wochen für 32 Wochen verabreicht. Ergebnis war, dass in beiden Verumgruppen die Zahl der Exazerbationen deutlich zurück ging, ebenso verbesserten sich die Kontrollparameter des Asthmas in den Verumgruppen. Somit waren sowohl die I.v.- als auch die S.c.-Galenik wirksam. Mepolizumab ist als Nucala® seit diesem Jahr in der Schweiz zugelassen (2). In einer Studie mit dem gegen IgE gerichteten Antikörper Omalizumab (Xolair®) wurden die Asthmatiker im Vorfeld auf alle drei genannten Biomarker getestet. Das Ergebnis: Die Patienten, die ein hohes Serum-Periostin, viel FENO in der Ausatemluft oder mehr als 260 Eosinophile pro Mikroliter Blut hatten, profitierten stärker vom Antikörper (definiert als Rückgang der Anzahl Exazerbationen) als die Patienten mit niedrigen Biomarkerwerten (3). Dass die Serum-Periostin-Level als ein Prädiktor für die Wirkung eines Anti-IL-13 dienen, hat ebenfalls eine Studie bewiesen: 219 Patienten mit schwerem Asthma erhielten den gegen Interleukin-13 gerichteten Antikörper Lebrikizumab oder Plazebo. Zuvor wurde der Periostinwert bestimmt und die Verumgruppe geteilt in Patienten mit hohem und niedrigem Periostinniveau. In der Gruppe mit hohen Periostinwerten besserte sich die Lungenfunktion (verbesserter FEV1-Wert) deutlich stärker als in der Gruppe mit niedrigen Periostinwerten (4). Ebenfalls des Eosinophilen-Levels als Prädiktor für die Wirksamkeit bediente sich eine Studie, in der die Wirkung von Dupilumab, ein gegen eine Untereinheit von IL-4 gerichteter Antikörper (IL-4-Rα), untersucht wurde. Auch hier ergab sich, dass die Patienten mit mehr als 300 Eosinophilen pro Mikroliter Blut mehr von der immunologischen Therapie profitierten als die Vergleichsgruppe. Im Einzelnen stieg der FEV1-Wert, gleichzeitig sanken die Zahl der Exazerbationen und die der nächtlichen Aufwachphasen. Auch die Dauer bis zur nächsten Exazerbation verlängerte sich in der Gruppe mit dem zu Beginn hohen Eosinophilenniveau signifikant (5). Hierzu ergänzte Chanez noch, dass eine aktuelle Dosisfindungsstudie zu Dupilumab jetzt ergeben habe, dass der grösste Effekt bei einer Dosis von 200 mg s.c. alle zwei Wochen liege (6). Ausser den genannten werden derzeit noch weitere gegen IL-5 und IL-13 gerichtete Antikörper bereits in Phase-III-Studien erforscht (siehe Tabelle).
Weitere Therapieoptionen bei schwerem Asthma
Chanez betonte, dass bei aller Euphorie für die neuen Therapieoptionen mit Antikörpern durchaus noch weitere Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit schwerem Asthma bestehen. Damit sei nicht nur die (minimal-)invasive bronchiale Thermoplastie gemeint, bei der die Obstruktion der Atemwege durch eine Verringerung der hypertrophen Bronchialmuskulatur erreicht wird. Auch mit einfachen Massnahmen wie einer engmaschigen Kontrolle in einem spezialisierten Zentrum sei die Lebensqualität bei Patienten mit schwerem Asthma zu verbessern. Chanez zitierte hierzu eine britische Studie, bei der 346 Patienten regelmässig in einem Asthmazentrum betreut und untersucht wurden. Nach einer Beobachtungszeit von im Mittel 286 Tagen verbesserte sich die Asthmakontrolle, das heisst, die Patienten benötigten weniger Steroide, suchten weniger den Hausarzt auf und mussten auch weniger stationäre Behandlungen in Anspruch nehmen. Auch im Fragebogen zur Asthmakontrolle zeigten sich deutliche Verbesserungen. Ebenso stieg die Lebensqualität, was mit dem Asthma Quality of Life Questionnaire festgestellt wurde (7).
Angelika Ramm-Fischer
Referenzen: 1. www.ubiopred.eu 2. Ortega H et al.: Mepolizumab Treatment in Patients with Severe Eosinophilic Asthma. N Engl J Med 2014; 371: 1198–1207. 3. Hanania N et al.: Exploring the Effects of Omalizumab in Allergic Asthma – an Analysis of Biomarkers in the EXTRA Study. Am J Respir Crit Care Med 2013, 187 (8): 804–811. 4. Corren J et al.: Lebrikizumab Treatment in Adults with Asthma, N Engl J Med 2011; 365: 1088–1098. 5. Wenzel S et al.: Dupilumab in Persistent Asthma with Elevated Eosinophil Levels, N Engl J Med 2013; 368: 2455–2466. 6. Wenzel S et al.: Dupilumab efficacy and safety in adults with uncontrolled persistent asthma despite use of medium-to-high-dose inhaled corticosteroids plus a long-acting β2 agonist: a randomised double-blind placebo-controlled pivotal phase 2b dose-ranging trial. The Lancet 2016; 388 (10039): 31–44. 7. Gibeon D et al.: Dedicated severe asthma services improve healthcare use and quality of life, Chest 2015; 148 (4): 870–876.
Quelle: Main Session «Asthma» bei der Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie (SGP), 15. bis 17. Juni 2016 in Lausanne.
4 • CongressSelection Pneumologie • August 2016