Transkript
KURZ & BÜNDIG
Neue Daten zur Pneumokokkenimpfung mit PCV13
An der Jahrestagung der European Society for Paediatric Infectious Diseases (ESPID) wurde über den Rückgang invasiver und nicht invasiver Pneumokokkenerkrankungen bei Säuglingen und Kindern berichtet. Man führt dies auf die Einführung höhervalenter Konjugatimpfstoffe wie PCV13 zurück. So zeigte eine retrospektive Datenanalyse, dass die Einführung höhervalenter Konjugatimpfstoffe in Deutschland eine signifikante Abnahme diagnostizierter Pneumonien bei Kindern bis 10 Jahre zur Folge hatte. Insgesamt wurden bei ihnen seit Einführung der generellen Pneumokokken-Impfempfehlung im Zeitraum von 2007 bis 2014 über 800 000 Pneumoniediagnosen weniger dokumentiert (1). Auch die Anzahl der Otitis-media-Erkrankungen bei Kindern bis 4 Jahre ging zurück. Im Vergleich mit dem Zeitraum vor Einführung der höhervalenten Impfstoffe (2003–2006) sank die Häufigkeit eitriger und nicht eitriger Otitis-media-Fälle in dieser Altersgruppe bis zum Jahr 2014 um 43,6 beziehungsweise 27,8 Prozent. Ähnliche Werte wurden bei Kindern mit einem Alter von 5 bis 10 Jahren beobachtet (2).
Die höhervalenten Konjugatimpfstoffe zeigen überdies eine hohe Effektivität bei der Prävention schwerwiegender invasiver Pneumokokkenerkrankungen. Eine epidemiologische Studie des Deutschen Referenzzentrums für Streptokokken belegt darüber hinaus einen Rückgang schwerwiegender invasiver Pneumokokkenerkrankungen nach Einführung der höhervalenten Konjugatimpfstoffe. Demzufolge wurde zwischen Juli 2014 und Juni 2015 bei Kindern bis 2 Jahre mit invasiven Pneumokokkeninfektionen ein deutlicher Rückgang der Isolate, die unter anderem im Wirkspektrum von PCV13 liegen, um 45 Prozent im Vergleich zum Saisonjahr 2005/06 beobachtet. Seit Einführung der höhervalenten Vakzinen im Jahr 2009 beträgt der Rückgang etwa 33 Prozent (3). Die Impfstoffeffektivität für PCV13 lag nach der Boosterdosis bei etwa 93 Prozent (4). In der Schweiz wird der 13-valente konjugierte Pneumokokkenimpfstoff PCV13 als ergänzende Impfung für Kinder unter 5 Jahren empfohlen. Nicht geimpfte Säuglinge werden dreimal geimpft, im Alter von 2, 4 und 12 Monaten (Säuglinge mit einem erhöhten Risiko, insbe-
sondere Frühgeborene, erhalten 4 Dosen).
Nicht geimpfte Kinder im Alter von 12 bis
23 Monaten werden zweimal im Abstand von
mindestens 8 Wochen geimpft. Nicht geimpfte
Kinder im Alter von 24 bis 59 Monaten erhalten
eine Dosis (5).
red
Quellen: Pressemitteilung Pfizer Deutschland vom 11. Mai 2016 und Schweizerischer Impfplan 2016.
Referenzen: 1. Laurenz M et al.: Frequency of the diagnosis «Pneumonia» in children in Germany following the introduction of pneumococcal conjugate vaccination. ESPID Poster. ESP16-0730. 2. Laurenz M et al.: Decrease of Otitis Media episodes in children in Germany following introduction of pneumococcal conjugate vaccines. ESPID Oral Presentation Session 2-Vaccine Science 1. 3. van der Linden M et al.: Effects of 7 years of immunization with highervalent pneumococcal conjugate vaccines in German children. ESPID Poster. E-POSTER VIEWING 13. 4. van der Linden M et al.: Effectiveness of pneumococcal conjugate vaccines (PCV7, PCV10 and PCV13) against invasive pneumococcal disease among children under two years of age in Germany. ESPID Poster. E-Poster Viewing 14. 5. Schweizerischer Impfplan 2016.
Allergieprävention durch frühes Zufüttern
W ährend man früher das Vermeiden potenziell allergener Nahrungsmittel, wie beispielsweise Erdnüsse oder Eier, bei Säuglingen empfahl, gilt heute das Gegenteil. Das frühe Anbieten vielfältiger Beikost kann offenbar vor Nahrungsmittelallergien schützen. Erstmals gezeigt wurde dies für Erdnüsse in der LEAP-Studie bei Kindern mit einem hohen Allergierisiko (1). Nun hat man den Effekt bei anderen Lebensmitteln und einer sehr frühen Exposition untersucht (2). In die Studie wurden 1303 ausschliesslich gestillte Kinder im Alter von drei Monaten aufgenommen und in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe wurde bis zum Alter von sechs Monaten weiterhin ausschliesslich gestillt. Die Kinder in der anderen Gruppe erhielten ab dem dritten Lebensmonat nach und nach zusätzlich pro Woche 2 Gramm Kuhmilchjoghurt (immer das erste neu eingeführte Lebensmittel) sowie in beliebiger Reihenfolge der Einführung Erdnusspaste, gekochtes
Ei, Sesampaste und weissen Fisch. Als letztes potenziell allergenes Lebensmittel und frühestens ab dem vierten Monat kam Weizen hinzu. Der primäre Endpunkt der Studie war das Entwickeln einer Nahrungsmittelallergie im Alter von ein bis drei Jahren. In der «Intention-to-treat»-Analyse (alle Studienprobanden werden berücksichtigt, egal, ob sie die Studie korrekt bis zu Ende durchführten oder nicht) zeigte sich, dass 5,6 Prozent der Kinder in der Gruppe mit dem frühen Einführen der oben genannten Lebensmittel eine Nahrungsmittelallergie gegenüber 7,1 Prozent der Kinder in der Standardgruppe entwickelten. Der Unterschied war statistisch nicht signifikant. Allerdings hatte sich nur rund ein Drittel der Eltern in der Gruppe mit dem Zufüttern an das Studienprotokoll gehalten. Berücksichtigte man nur die Kinder, welche die neuen Lebensmittel tatsächlich wie geplant bekommen hatten (perprotocol analysis), zeigte sich insgesamt ein Un-
terschied von 2,4 versus 7,3 Prozent (p = 0,01).
Dies beruhte offenbar in erster Linie auf weniger
Erdnuss- (0 vs. 2,3%) und Eiallergien (1,4 vs.
5,5%); für die anderen Lebensmittel war kein Ef-
fekt nachweisbar.
Das Verabreichen der oben genannten Lebens-
mittel sei «sicher aber nicht einfach» gewesen,
schreiben die Studienautoren. Ob es nun tat-
sächlich sinnvoll ist, bereits drei Monate alte
Kinder bestimmte Nahrungsmittel mit dem Ziel
der Toleranzinduktion zu füttern, bleibt offen.
Konsens unter Ernährungswissenschaftlern ist,
dass mit Beginn der Beikost (ab ca. 6 Monaten)
ein breites Nahrungsmittelspektrum angeboten
werden sollte.
RBO
1. Du Toit G et al.: Randomized trial of peanut consumption in infants at risk for peanut allergy. N Engl J Med 2015; 372 (9): 803–813. 2. Perkin MR et al.: Randomized trial of introduction of allergenic foods in breast-fed infants. N Engl J Med 2016; 374 (18): 1733–1743.
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