Transkript
DIE SGE INFORMIERT
Haselnuss ist häufigster Allergieauslöser unter Lebensmitteln
VIVIANE BÜHR
Haselnüsse sind die häufigsten Auslöser von Nahrungsmittelallergien bei Erwachsenen in der Schweiz, vor Äpfeln, Walnüssen und Kiwis (1). Diese und andere interessante Erkenntnisse rund um Nahrungsmittelunverträglichkeiten wurden an der Mitgliederversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) am 21. April 2009 am Universitätsspital Basel präsentiert.
Etwa ein Drittel der Bevölkerung glaubt, unter einer Nahrungsmittelallergie zu leiden – die realen Zahlen liegen jedoch wesentlich tiefer: Betroffen sind rund 2 bis 6 Prozent aller Kleinkinder und etwa 2 bis 4 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. «Viele unspezifischen Symptome einer Nahrungsmittelunverträglichkeit werden als Allergie gedeutet», sagt Prof. Dr. med. Andreas Bircher von der Dermatologischen Klinik und der Allergologischen Poliklinik des Universitätsspitals Basel. «Oft sind die Reaktionen aber auf andere Ursachen zurückzuführen, wie beispielsweise eine Nahrungsmittelintoleranz, eine Lebensmittelvergiftung, einen Reizdarm oder eine Infektion des Magen-Darm-Trakts.»
Die Laktoseintoleranz ist verbreitet
Lebensmittelallergien und -intoleranzen werden meist unter dem Begriff der Hypersensitivität zusammengefasst. Nahrungsmittelintoleranzen sind weit häufiger als Nahrungsmittelallergien und können bereits beim ersten Kontakt mit dem Lebensmittel auftreten. Ein Beispiel für eine enzymatische Intoleranz ist die Laktoseintoleranz, bei welcher der Konsum von Milch und Milchprodukten zum Beispiel zu Durchfällen und Bauchkoliken
führt (betrifft 10–20% der Bevölkerung). Eine pharmakologische Intoleranz kann bei übermässigem Genuss von Nahrungsmitteln auftreten, die reich an natürlichen pharmakologisch aktiven Stoffen sind, sogenannten biogenen Aminen (wie z.B. Histamin). Typische Auslöser von pseudoallergischen Reaktionen sind Lebensmittelzusatzstoffe wie beispielsweise Glutamat als Geschmacksverstärker. Sie sind jedoch sehr selten und kommen bei weniger als 0,1 Prozent der Bevölkerung vor.
Eine Allergie setzt eine Sensibilisierung voraus
Eine Allergie tritt nicht bei Erstkontakt mit dem Lebensmittel auf, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt; denn zuvor muss das Immunsystem des Körpers spezifische sogenannte IgE-Antikörper bil-
den. Diesen Vorgang nennt man Sensibilisierung. Die IgE-Antikörper können bei einem weiteren Kontakt – oft schon bei kleinsten Mengen des entsprechenden Nahrungsmittels – eine allergische Reaktion auslösen.
Allergien bei Kindern werden durch Kuhmilch, Eier und Weizen ausgelöst
Während bei Erwachsenen in erster Linie Haselnüsse, Äpfel, Walnüsse und Kiwi (1) Nahrungsmittelallergien auslösen, stehen bei Kindern Kuhmilch, Eier und Weizen (1) im Vordergrund. «Bei Kindern wächst sich eine Allergie jedoch meist nach wenigen Jahren aus», erklärt Dr. med. Philippe Eigenmann von der Allergologischen Pädiatrie am Kinderspital der Universitätsspitäler Genf. Grund für die Entwicklung einer Allergie bei Säuglingen bis zum achten Lebensmonat sei neben einer genetischen Veranlagung die Tatsache, dass das Immun- und das Verdauungssystem noch nicht voll entwickelt seien. Deshalb könnten Eiweisse aus Nahrungsmitteln leichter in den Körper eindringen. «Wird bei einem Kind eine Lebensmittelallergie vermutet, soll als erster Schritt eine eindeutige Diagnose gestellt werden», rät Dr. med. Philippe Eigenmann.
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DIE SGE INFORMIERT
Kreuzreaktionen sind häufig
Neben der klassischen Nahrungsmittelallergie sind auch Kreuzreaktionen häufig. Dabei beruht die Sensibilisierung beispielsweise auf der Einatmung eines Allergens in Form von Pollen oder Milben. Personen mit einer solchen Inhalationsallergie reagieren oft auch auf bestimmte Lebensmittel. So stehen Birkenpollen in Verbindung mit Apfel und Steinobst, Haselpollen in Verbindung mit Haselnuss, Beifusspollen in Verbindung mit Sellerie und Gewürzen sowie Latexproteine in Verbindung mit Banane. Die Kreuzreaktion beruht auf einer Ähnlichkeit der Allergene.
Allergiediagnose mit Hautoder Bluttest
Wie bei anderen Allergien lässt sich eine «echte» Nahrungsmittelallergie mit einem Haut- oder Bluttest relativ einfach feststellen. Nahrungsmittelintoleranzen hingegen sind schwieriger zu diagnostizieren, denn sie können nicht immunologisch nachgewiesen werden. Hier können die Krankengeschichte, eine kurzfristige Ernährungsumstellung mit Meidung verdächtiger Lebensmittel oder ein oraler Provokationstest weiterhelfen. Für die Diagnose einer Laktoseintoleranz steht
ein besonderer Atemtest nach Trinken einer Laktoselösung zur Verfügung.
Korrespondenz: Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) Viviane Bühr, Öffentlichkeitsarbeit Schwarztorstrasse 87, 3001 Bern
Quelle: 1. aha! Schweizerisches Zentrum für Allergie, Haut und Asthma, 2009
Leichte bis schwerwiegende Symptome durch Allergien
Die Symptome einer Nahrungsmittelallergie sind vielfältig. Sie reichen vom harmlosen Juckreiz im Mundbereich über Hautausschläge, Atemstörungen und Beschwerden im Gastrointestinaltrakt bis zum anaphylaktischen Schock, der tödlich enden kann. «Lebensmittel, zum Beispiel Hülsenfrüchte wie Erdnuss und Soja, sowie tierische Produkte wie Crevetten sind die zweithäufigsten Auslöser eines allergischen Schocks, übertroffen von Insektenstichen und vor Medikamenten», erklärt Prof. Dr. med. Andreas Bircher. Meist sei bei einem anaphylaktischen Schock neben dem Nahrungsmittel noch ein weiterer Faktor involviert, beispielsweise eine besondere Anstrengung oder Stress, Alkohol oder das Medikament Acetylsalicylsäure (Aspirin).
Zur Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) Die SGE ist die wichtigste nationale Fachorganisation im Ernährungsbereich. Sie klärt die Bevölkerung und die Fachwelt mit wissenschaftlich abgesicherten Informationen zu Ernährungsfragen auf. Die SGE zählt rund 7000 Mitglieder und Abonnenten, wovon die meisten Fachleute aus dem Ernährungs-, Gesundheitsund Bildungsbereich kommen sowie ernährungsinteressierte Konsumenten sind. Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE Postfach 8333, 3001 Bern Tel. 031-385 00 00, Fax 031-385 00 05 E-Mail: info@sge-ssn.ch, Internet: www.sge-ssn.ch
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Weitere Informationen zu Allergien: aha! Schweizerisches Zentrum für Allergie, Haut und Asthma. Internet: www.ahaswiss.ch
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