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EASL
Neue Hepatitis-C-Therapien funktionieren in der Praxis
Effektivität und Verträglichkeit in Real-world-Studien bestätigt
Durch die Verfügbarkeit direkter antiviraler Substanzen (DAA: direct antiviral agents) wurde in den letzten Jahren die Hepatitis-C-Therapie revolutioniert. Dass diese Therapien auch in der Praxis funktionieren, wird in aktuellen Real-world-Studien deutlich. Beispiele hierfür wurden auf dem europäischen Leberkongress in Barcelona vorgestellt.
Auch in diesem Jahr gab es auf dem Jahreskongress der European Association for the Study of the Liver (EASL) eine Menge an neuen Daten zur Therapie der Hepatitis C. Die wichtigsten Erkenntnisse fassten Professor Jean-Michel Pawlotsky aus Paris und Professor Thomas Berg aus Leipzig in einem Webcast zusammen. Für Pawlotsky zählten die in Barcelona vorgestellten Real-world-Studien zu den Highlights. Die Daten stammten aus verschiedenen europäischen Ländern und den USA und analysierten alle verfügbaren Formen der IFN-freien Therapien – sowohl für verschiedene Sofosbuvir-basierte Therapieregimes als auch das als 3D bezeichnete Regime aus Ombitasvir, Paritaprevir mit Ritonavir zur Boosterung sowie aus Dasabuvir (OBV/PTVr und DSV). Insgesamt bestätigen die Real-world-Studien die Effektivität der Interferon-freien Therapiekombinationen, mit sehr ähnlichen anhaltenden virologischen Ansprechraten (SVR: sustained virological response) wie sie bereits in den kontrollierten klinischen Studien beschrieben wurden. Gleichzeitig wurde auch die Sicherheit dieser Therapien bestätigt, betonte Pawlotsky: «Es gab keine wichtigen Nebenwirkungen, die nicht bereits in den klinischen Studien beobachtet worden wären.»
Hohe SVR-Raten mit interferonfreien Regimes
Zu den wichtigen Präsentationen auf diesem Gebiet zählt für Pawlotsky eine aktuelle Auswertung des deutschen Hepatitis-Registers, in dem die SVR-Raten verschiedener Therapieregimes bei über 3000 Patienten mit einer Genotyp-1-Infektion verglichen wurden. Insgesamt waren die Raten sehr hoch, betonte Pawlotsky. Die höchsten SVR-Raten wurden mit den Kombinationen Sofosbuvir (SOF) mit Daclastavir (DCV) und Ribavirin (RBV) mit 95 Prozent, SOF mit Lepidasvir (LDV) und RBV mit 94 Prozent sowie mit der 3D-Regime mit RBV mit ebenfalls 94 Prozent erzielt. Etwas niedriger fielen die SVRRaten mit den Kombinationen aus Simeprevir (SIM) mit SOF und RBV (86%) sowie die Kombination aus Interferon , RBV und SOF (84%) aus. Dennoch warnte Pawlotsky davor, die SVR-Raten der einzelnen Regimes miteinander vergleichen zu wollen. Denn in solchen Real-world-Auswertungen müsse davon ausgegangen werden, dass aufgrund der fehlenden Randomisierung unterschiedliche Ausgangssituation zur Wahl der unterschiedlichen Therapien führen. Daher eignen sich solche Registerdaten lediglich zur Validierung der allgemeinen Effektivität und Sicherheit der erfassten Regimes. Und die konnte nun bei einer grossen Zahl von Patienten im Praxiseinsatz bestätigt werden. Ein Vorteil der neuen Therapiekombinationen ist, dass sie bei verschiedenen Genotypen sowie in unterschiedlichen
Krankheitsstadien sehr gute Ergebnisse erzielen. Dies wurde beispielsweise in der Auswertung einer spanischen Real-world-Kohorte deutlich. In der auf dem Leberkongress vorgestellten Präsentation wurden die Daten von Patienten ausgewertet, die mit dem 3D-Regime behandelt wurden. In dieser Auswertung erreichten im Durchschnitt 96,3 Prozent der Patienten ein anhaltendes virologisches Ansprechen bis 12 Wochen nach Therapieende (SVR12). Bei Patienten im Zirrhose-Stadium F4 lag dieser Anteil bei 97 Prozent, und bei Patienten mit einem Child-Pugh-Score B lag er bei 94 Prozent. Die spanischen Erfahrungen zeigen, dass bei Patienten mit kompensierter Zirrhose sehr gute Ergebnisse erreicht werden können. Eines wurde allerdings während des Leberkongresses deutlich, betonte Pawlotsky: Patienten, die zwar eine kompensierte Erkrankung haben, aber eine Dekompensation in der Vorgeschichte, sollten kein auf einem Proteasehemmer basierendes Regime erhalten. Hier besteht ein erhöhtes Risiko für eine Dekompensation.
Therapienutzen auch bei fortgeschrittener Zirrhose
Solange aber keine Dekompensation vorliegt, profitieren auch Hepatitis-C-Patienten mit Leberzirrhose. Eine britische Real-world-Analyse hat gezeigt, dass Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose, bei denen ein SVR erreicht wird, eine viel bessere Überlebensprognose haben als Patienten ohne erzielte SVR oder unbehandelte Patienten (3). «Hier wurde klar gezeigt, dass man mit der Therapie das klinische Ergebnis verbessern kann, wenn man auch bei Patienten mit schweren Zirrhoseformen die Infektion ausheilt», betonte Pawlotsky: «Das ist wirklich eine wichtige Erkenntnis.»
Adela Žatecky
Referenzen: 1. Mauss S et al.: Treatment outcomes for Hepatitis C genotype 1 infection with direct acting antivirals: data fromthe German Hepatitis C-registry. EASL 2016, Poster SAT-263. 2. Calleja JL et al.: Effectiveness and safety of Ombitasvir, Paritaprevir, Ritonavir and Dasabuvir patients with genotype 1 chronic hepatitis c virus infection: results from the spanish real world cohort. EASL 2016, Late Breaker Poster LBP512. 3. Cheung MCM et al.: Antiviral treatment in patients with advanced HCV cirrhosis using Sofosbuvir and Ledipasvir/Daclastavir with or without Ribavirin – 6 and 12 month outcomes compared to untreated patients. EASL 2016, Oral Presentation PS097.
Quelle: Webcast «Best of Viral Hepatitis at ILC 2016», www.ilc-congress.eu
Link zu den Webcasts vom internationalen Leberkongress: http://ilc-congress.eu/videos/
CongressSelection Gastroenterologie • Juni 2016 • 17