Transkript
&K U R Z B Ü N D I G
Aktuelle Studien – kurz gefasst
Antidepressivum als neue Leukämietherapie
Ein Antidepressivum in Kombination mit einem dem Vitamin A verwandten Wirkstoff kann als Therapie bei Leukämie wirksam sein. Bei einer seltenen Form der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) ist schon jetzt ein Präparat, das auf einer Vitamin-A-Säure (ATRA) basiert, eine sehr wirksame Therapie. Allerdings ist die Behandlung mit ATRA bei anderen Leukämien unwirk-
sam. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass der differenzierende Effekt von ATRA durch die gleichzeitige Behandlung mit dem Antidepressivum Tranylcypromin (TCP) deutlich verbessert werden kann. Die Autoren konnten belegen, dass die Kombination von TCP und ATRA zu einer starken Differenzierung von Leukämiezellen führt. Geplant wird nun die Durchführung einer
klinischen Studie, bei der ATRA gemeinsam mit dem Antidepressivum bei Patienten mit akuten Leukämien eingesetzt werden soll.
Literatur: Schenk T. et al.: Inhibition of the LSD1 (KDM1A) demethylase reactivates the all-trans-retinoic acid differentiation pathway in acute myeloid leukemia. Nature Medicine published online (doi:10.1038/nm.2661) Quelle: idw-online.de
Soziale Netzwerke auch im Gedächtnis wichtig
Für viele Entscheidungen verwenden wir Wissen über Menschen in unserer sozialen Umwelt – etwa dann, wenn wir aus der Häufigkeit bestimmter Krankheiten unter Bekannten Rückschlüsse über die Häufigkeitsverteilung in der Gesamtbevölkerung ziehen. Wenn wir die Personen, die wir persönlich kennen, aus dem Gedächtnis abrufen, verwenden wir offenbar bestimmte Suchstrategien, die sich an der internen Repräsentation des sozialen Netzwerks zwischen diesen Personen orientieren. Zu diesem Ergebnis kommen Dr. Thomas Hills und Dr. Thorsten Pachur von der Fakultät für Psychologie der Universität Basel anhand einer mathematischen Modellierung der Reihenfolge, in der sich Versuchsteilnehmer an ihnen bekannte Personen erinnerten. Die 36 Versuchsteilnehmer wurden zunächst gebeten, in beliebiger Reihenfolge die Namen von Menschen zu nennen, die sie persönlich kennen. Für diese Personen sollte zudem ange-
geben werden, wie gut sie sich jeweils untereinander kennen, sodass sich die Struktur des sozialen Netzwerks des Versuchsteilnehmers rekonstruieren liess. Darauf wurde für jede erinnerte Person erhoben, wie oft der Versuchsteilnehmer Kontakt mit ihr hat und zu welcher sozialen Kategorie sie gehört (wie Partner, Familie, Bekannte). Anhand dieser Informationen versuchten die Forscher, die Reihenfolge, in der die Namen der Leute erinnert wurden, in einem mathematischen Gedächtnismodell zu beschreiben.
Denkstrategie in Verbindungen Es zeigte sich, dass sich die Probanden früher an Partner erinnern als an Familienmitglieder und an diese wiederum früher als an Freunde und Bekannte. Doch am besten wurde die Abrufreihenfolge durch eine Gedächtnisstrategie beschrieben, die sich an den Verbindungen zwischen den Personen im sozialen Gedächtnis
orientiert: Man erinnerte sich also eher an Personen nacheinander, die sich auch gegenseitig kennen. Zu welcher sozialen Kategorie jemand gehört, hatte keinen zusätzlichen Einfluss auf die Suchreihenfolge. Neben dieser «lokalen» Strategie zeigt die Suche auch immer wieder «globale» Sprünge im sozialen Netzwerk, die sich an der Kontakthäufigkeit orientieren. Solche Sprünge waren seltener bei Studienteilnehmern mit hoher Kapazität des Arbeitsgedächtnisses. Die Ergebnisse widersprechen der gängigen Annahme, dass soziales Gedächtnis in erster Linie durch die sozialen Kategorien strukturiert wird, und unterstreichen die Wichtigkeit von sozialen Netzwerken für die mentale Gedächtnisrepräsentation.
Originalbeitrag: Hills, T., & Pachur, T.: Dynamic search and working memory in social recall Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, Vol 38(1), 2012, 218–228. Quelle: idw-online.de
Neuartiger Therapieansatz bei Schlaganfall
Forscher der LMU (Ludwig-Maximilians-Universität München) haben ein neues Therapiekonzept entwickelt, das bei Schlaganfällen zu einer besseren Durchblutung des Gehirns führen könnte. Das Einatmen von Stickmonoxidoxid (NO) kann die Durchblutung des Gehirns nach einem Schlaganfall verbessern. Im Tierversuch war die Hirnfunktion deutlich we-
niger beeinträchtigt als ohne NO-Gabe. Derzeit laufen erste Tests mit der Harvard Medical School, die zeigen sollen, ob das Stickstoffmonoxid beim Menschen ähnlich effektiv ist. Im Erfolgsfall liesse sich die neuartige Therapie sehr schnell umsetzen: NO wird bereits bei verschiedenen Lungenleiden breitflächig klinisch eingesetzt und könnte bei Bedarf sogar
schon im Rettungswagen problemlos verabreicht werden.
Publikation: Terpolilli N.A. et al.: Inhalation of Nitric Oxide Prevents Ischemic Brain Damage in Experimental Stroke by Selective Dilatation of Collateral Arterioles; Circulation Research, 2012, p.727-738. Quelle: www.idw-online.de
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&PSYCHIATRIE NEUROLOGIE
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