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kurz&bündig Aktuelle Studien – kurz gefasst
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&K U R Z B Ü N D I G

Aktuelle Studien – kurz gefasst

Erfolgreiche Kommunikation: Wenn Hirne zueinander passen

Ein makelloser Körper, materieller Reichtum und vorbildliches Verhalten machen attraktiv, so lehrt es die klassische Attraktivitätsforschung. Doch wie kommt es, dass Menschen sich zu ganz unterschiedlichen Partnern hingezogen fühlen?
«Soziale Beziehungen und Kooperation sind für den Menschen überlebenswichtig. Erfolgreiche Kooperation erfordert, dass wir unser Gegenüber verstehen, seine Gefühle und Absichten erkennen und richtig interpretieren. Aus evolutionsbiologischer Sicht ist es daher naheliegend, dass das menschliche Gehirn einen Mechanismus entwickelt hat, der es uns erlaubt, schnell und richtig zu erkennen, wen wir verstehen und wen nicht, und der dazu führt, dass wir uns zu Menschen hingezogen fühlen, deren Gefühle und Absichten wir gut verstehen können», sagt Prof. Dr. Silke Anders, Professorin für Soziale und Affektive Neurowissenschaften an der Universität zu Lübeck. Um diese These zu testen, führte die Arbeitsgruppe um Silke Anders in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. JohnDylan Haynes, Charité Berlin, und PD Dr. Thomas Ethofer, Universitätsklinikum Tübingen, eine Studie durch: 92 männlichen und weiblichen Studienteilnehmern wurden zunächst Fotos von 6 verschiedenen Studentinnen gezeigt. Um zu messen,

wie attraktiv die Teilnehmer jede Studentin fanden, wurden sie gebeten, jedes Foto so lange durch Tastendruck auf einem Monitor zu vergrössern, bis eine für sie angenehme Gesprächsdistanz erreicht war. Anschliessend sahen die Teilnehmer kurze Videos, in denen die einzelnen Studentinnen entweder traurig waren oder sich vor etwas fürchteten. Nach jedem Video sollten die Teilnehmer entscheiden, ob die gezeigte Studentin gerade traurig oder ängstlich war, und angeben, wie sicher sie sich waren, die Emotion der Studentin richtig eingeschätzt zu haben. Zum Schluss wurde noch einmal das Annäherungsverhalten der Teilnehmer gemessen. Während die Teilnehmer zu Beginn des Versuchs ähnliche Studentinnen bevorzugten, zeigten sie grosse Unterschiede in ihrem Annäherungsverhalten, nachdem sie die Videos der Studentinnen gesehen hatten. Je sicherer sich ein Teilnehmer war, die Gefühle einer Studentin richtig einzuschätzen, desto mehr fühlte er sich zu dieser Studentin hingezogen. Das galt sowohl für männliche als auch für weibliche Teilnehmer. Im nächsten Schritt wollten die Wissenschaftler einen Einblick in die neuronalen Mechanismen erhalten, die dafür verantwortlich sein könnten, dass sich das Annäherungsverhalten der Teilnehmer während des Versuchs individuell ver-

änderte. Dafür massen sie die Gehirnaktivität der Teilnehmer mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT). Es zeigte sich, dass zwei Regionen des Gehirns, die Teil des Belohnungssystems sind – der Nucleus accumbens und der mediale orbitofrontale Kortex (mOFC) –, immer dann besonders stark «feuerten», wenn ein Teilnehmer das Gefühl einer Studentin besonders gut einschätzen konnte. Und je stärker die neuronale Aktivität in diesen Belohnungszentren beim Beobachten der Emotion einer Studentin war, desto stärker fühlte sich der Teilnehmer am Ende des Versuchs zu dieser Studentin hingezogen. «Mit unserer Studie untersuchten wir erstmals die neuronalen Grundlagen interindividueller Unterschiede in der zwischenmenschlichen Anziehung», so Silke Anders. «Die Fähigkeit, gut miteinander kommunizieren zu können, spielt dabei offensichtlich eine ganz entscheidende Rolle.»
Quelle: idw-online.de, 8.4.2016
Publikation: Anders S, de Jong R, Beck C, Haynes JD, Ethofer T: A neural link between affective understanding and interpersonal attraction. PNAS Early Edition. doi/10.1073/pnas.1516191113.
Weitere Informationen: http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1516191113

Forscherteam entdeckt Wirkstoff zur Nervenregeneration

Ein Düsseldorfer Forscherteam hat unter der Leitung von Prof. Dr. Dietmar Fischer, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, einen Inhaltsstoff aus der Heilpflanze Mutterkraut identifiziert, mit dem das Nachwachsen von geschädigten Nervenfasern bei Mäusen erheblich beschleunigt und verbessert werden kann.
Häufig entstehen Neuropathien als Folge anderer Erkrankungen, zum Beispiel durch Diabetes mellitus oder durch neurotoxische Substanzen wie Alkohol. Sie äussern sich in zum Teil schweren Empfindungsstörungen, Störungen der Motorik oder chronischen Schmerzen. In der Therapie lässt sich oft lediglich ein Stillstand der Erkrankung erreichen. Der Schlüsselvorgang bei dieser Problematik ist die sehr langsame Regeneration von Nervenfasern nach einer Schädigung. Die Neurowis-

senschaftler um Prof. Dr. Dietmar Fischer stellten nun fest, dass sich Mäuse mit einem genetisch veränderten Enzym deutlich schneller und besser nach Nervenverletzungen erholten als normale Tiere. Die Forscher entschlüsselten den zugrunde liegenden Mechanismus dieses Effekts und suchten nach Substanzen, um diesen Effekt zu imitieren. So fanden sie den Wirkstoff Parthenolid, der aus der Heilpflanze Mutterkraut stammt. Sie ist auch in Mitteleuropa heimisch und wurde traditionell als Migränemittel eingesetzt. Zellkulturexperimente zeigten, dass Parthenolid das Nachwachsen von Axonen erheblich beschleunigt. Die Wissenschaftler behandelten daraufhin Mäuse mit geschädigten Ischiasnerven damit und beobachteten, dass sie bereits nach weniger als einer Woche – und damit erheblich schneller als die unbehandelten Tiere – ihre durch die Verletzung gelähmten

Zehen wieder bewegen und sensorische Reize wahrnehmen konnten. Bemerkenswert ist, dass auch die systemische Verabreichung von Parthenolid wirksam war. Das ist für eine mögliche klinische Anwendung am Menschen mit krankheits- oder verletzungsbedingten Nervenleiden sehr vielversprechend, denn bis heute gibt es in der Klinik noch keine Medikamente, die Ähnliches bewirken können. Ob Parthenolid auch die Regeneration des verletzten Rückenmarks oder Sehnervs, die normalerweise gar nicht regenerieren können, positiv beeinflussen kann, wird zurzeit von den Düsseldorfer Forschern ebenfalls untersucht.
Quelle: idw-online.de, 6.4.2016
Originalpublikation: Journal of Neuroscience Gobrecht et al., 2016, Promotion of Functional Nerve Regeneration by Inhibition of Microtubule Detyrosination.

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PSYCHIATRIE NEUROLOGIE