Transkript
Editorial
Die bevorstehende Prämienexplosion hat das Gesundheitswesen in den Fokus der politischen Diskussion gerückt. Werden in Deutschland Rettungsmassnahmen für Banken und Fahrzeugbauer beraten, so stehen in unserem Land Massnahmen zur Eindämmung des Kostenschubs im Gesundheitswesen auf dem Programm. Da der Bund im Gesundheitswesen eingeschränkte Möglichkeiten hat, steht das Thema Medikamente immer wieder zuoberst auf der Agenda. In diesem Bereich kann der Bund weitgehend selber wirken, ohne den Kantonen zu sehr auf die Füsse zu treten. Als im Ständerat jüngst die Motion «Diener» (Seite 528 in diesem Heft) diskutiert wurde, überschritt Bundesrat Couchepin aber ohne Not die geltende föderale Schwelle. Er meinte, dass ihm persönlich
13 Kantonen, in denen keine Einschränkungen bei der ärztlichen Abgabe bestehen, klar am tiefsten. Kantonale Apothekenmonopole mit unverständlich hohen Preis-Zuschlägen führten auf direktem Weg ins kostenmässige Chaos. Eine Entwicklung, die wir
Brandstifter Couchepin?
die ärztliche Medikamentenabgabe ein Dorn im Auge sei, weshalb er noch vor den Sommerferien eine Vernehmlassung zur Revision des Heilmittelgesetzes lancieren werde. Und dies im Bewusstsein, dass zahlreiche Ständeräte auf die Barrikaden gehen würden. Die Lageeinschätzung stimmt: Bundesrat Couchepin hat mit seinen unbedachten Worten in seinen letzten Amtstagen den Zorn zahlreicher Patienten, Ärzte und Gesundheitspolitiker heraufbeschworen. Ohne dass irgendein konkreter Handlungsbedarf besteht, will er Bewährtes und Beliebtes zerstören. Nur, weil er persönlich gegen die ärztliche Medikamentenabgabe ist, soll verboten werden, was in 17 Kantonen gesetzlich fest verankert ist, gut funktioniert sowie günstig, beliebt und versorgungspolitisch nötig ist. Dass sich Pascal Couchepin nun den Vorwurf eines politischen Brandstifters gefallen lassen muss, steht ausser Zweifel. Er entfacht ein Feuer, das politisch so schnell nicht zu löschen ist. Ganz abgesehen davon, dass sein Reformvorhaben in keinster Weise zu tieferen Kosten führen würde. Im Gegenteil, die Medikamentenkosten pro versicherte Person sind in den
angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Krise wirklich nicht benötigen. Wir sollten dennoch frohen Mutes sein. Wissen wir doch aufgrund der gewonnenen Abstimmungen im Kanton Zürich, der Erfahrungen bei den kantonalen Gesetzesrevisionen in der Zentral- und der Ostschweiz sowie aufgrund der zahlreichen politischen und juristischen Kämpfe gegen die Apotheken, dass das Stimmvolk, die Patienten und die kantonalen Regierungen hinter uns stehen. Wenn die Westschweizer uns noch nicht verstehen, dann deshalb, weil sie von dieser geschätzten und bewährten Dienstleistung der Ärzte im Notfall und im Alltag noch nicht profitieren konnten. Erkennen auch sie die Chancen, werden bald auch im Westen unseres Landes die staatlichen Apothekenfestungen fallen. Denn, was besser ist, setzt sich für gewöhnlich durch! Der Fall der Berliner Mauer hat dies nur zu deutlich gezeigt.
Dr. Sven Bradke Geschäftsführer der Ärzte mit Patientenapotheke
(APA)
ARS MEDICI 13 ■ 2009 521