Transkript
BERICHT ZUM SCHWERPUNKT
Neue, schnell wirksame Biologika
Anti-IL-17-Systemtherapie bei mittelschwerer bis schwerer Plaquepsoriasis
Interleukin 17 ist ein wichtiger Botenstoff, der nicht nur für die Hautentzündung bei Psoriasis, sondern auch für die knochennahe Entzündung bei Psoriasisarthritis eine zentrale Rolle spielt. Über die Anti-IL-17-Therapie bei der Plaquepsoriasis sprach Prof. Dr. Ulrich Mrowietz, Leiter des Psoriasis-Zentrums, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, an der Fortbildung der Dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich: «Leichte und schwere Psoriasis – Wie behandle ich im Jahr 2016?».
Das von Immunzellen gebildete IL-17 sei ein «Epithelzytokin» und ein «Gefahrenzytokin», dessen physiologische Funktion in der Haut darin bestehe, bei Gefahr Reaktionen des Epithels zu erreichen und die Abwehr von Mikroben sicherzustellen, sagte der
Referent. Weil IL-17 bei Patienten mit Psoriasis überexprimiert wird, ohne dass tatsächlich Gefahren abzuwehren sind, resultiert eine zu starke Abwehr, sammeln sich neutrophile Granulozyten in zu grosser Zahl an und werden antimikrobielle Peptide, die ihrerseits entzündungsfördernd sind, in zu grosser Menge gebildet. IL-17 spielt auch eine wichtige Rolle bei der Psoriasiarthritis, die dort beginnt, wo Sehnenansätze im Knochen verankert sind. Mechanischer Stress regt hier die Bildung des «Gefahrenzytokins» IL-17 an und provoziert eine knochennahe Entzündung. Neue kardiovaskuläre Forschungsergebnisse zeigen überdies, dass IL-17 auch im Zentrum der frühen, noch entzündlich geprägten Atherosklerose steht. Eine Anti-IL-17-Behandlung, welche bei Patienten mit Psoriasis die Überexpression von IL-17 korrigiert, kann sich also sowohl auf die Dermatose als auch auf die Psoriasisarthritis und auf die Gefässe günstig auswirken.
Abbildung: Plaquepsoriasis
(Foto: Dr. Marguerite Krasovec Rahmann)
Anti-IL-17-Biologika: Secukinumab, Ixekizumab, Brodalumab
Als erstes Anti-IL-17-Biologikum wurde Secukinumab – ein humaner, monoklonaler Anti-IL-17A-Antikörper – zugelassen. Demnächst sei auch mit der Zulassung eines weiteren Anti-IL-17A-Antikörpers (Ixekizumab) zu rechnen, so der Referent. Ungewiss sei derzeit die Zukunft von Brodalumab, einem gegen den Rezeptor von IL-17A gerichteten Antikörper. Die sehr beeindruckenden Ergebnisse eines umfangreichen Studienprogramms belegen die ausgesprochen gute Wirksamkeit von Secukinumab (Cosentyx®). In der empfohlenen Dosierung von 300 mg (in Form von jeweils 2 subkutanen Injektionen zu je 150 mg in den Wochen 0, 1, 2 und 3, danach beginnend in der Woche 4 als monatliche Erhaltungsinjektionen) wird
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Neue, schnell wirksame Biologika
mit Secukinumab innerhalb von 16 Wochen (Höhepunkt des Behandlungserfolgs) bei etwa 70 Prozent der Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaquepsoriasis ein PASI90-Ansprechen erreicht (1). Die eindrückliche Schnelligkeit, mit der sich der Behandlungserfolg einstellt, sei eine Besonderheit der AntiIL-17-Behandlungsstrategie, sagte der Referent. Der primäre Endpunkt (PASI75-Ansprechen innerhalb von 12 Wochen) wurde in den beiden grossen Zulassungsstudien ERASURE und FIXTURE bei 81,6 beziehungsweise 77,1 Prozent der Patienten erreicht (1). Die Schnelligkeit des Therapieerfolgs sei auch in Ixekizumabstudien aufgefallen, so der Referent. Beispielsweise habe ein Studienteilnehmer berichtet: «Bereits eine Stunde nach der ersten Injektion veränderte sich mein Krankheitsgefühl in der Haut, und der Juckreiz verschwand plötzlich.» In der doppelblinden, multizentrischen Phase-III-Studie UNCOVER-2 bewirkte Ixekizumab (alle 2 Wochen 80 mg subkutan) bereits nach 4 Wochen bei 50 Prozent der Patienten ein PASI75-Ansprechen (2). Nach 12 Wochen erreichten 89,7 Prozent mit Ixekizumab ein PASI75-Ansprechen im Vergleich zu 41,6 Prozent der Patienten in der Etanerceptgruppe (50 mg 2-mal wöchentlich). Die PASI90-Ansprechraten nach 12 Wochen lagen mit Ixekizumab (alle 2 Wochen) bei 70,7 Prozent und mit Etanercept bei 18,7 Prozent. Beide Phase-III-Studien (UNCOVER-2 und -3) belegen die schnelle und sehr hohe Effektivität von Ixekizumab bei chronischer Plaquepsoriasis (2).
Wirksamkeit von Secukinumab in der Langzeittherapie und im Vergleich zu Ustekinumab
Die im März 2015 am AAD-Meeting von Blauvelt et al. präsentierten Langzeitresultate zeigen, dass mit Secukinumab während der gesamten 2-jährigen Behandlungsdauer kein Verlust der therapeutischen Wirkung feststellbar war. Wenn das Biologikum nach 52 Wochen abgesetzt wurde, verschlechterte sich die Psoriasis nicht sofort, sondern erst nach mehreren Wochen. Der Anteil der Patienten mit PASI90-Ansprechen sei erst im Verlauf von 16 Wochen auf
die Hälfte zurückgegangen, von 80 auf 40 Prozent, berichtete Prof. Mrowietz. Als sich Secukinumab im direkten Vergleich mit Etanercept als wirksamer erwiesen hatte (FIXTURE-Studie), wurde der Anti-IL17A-Antikörper in der randomisierten Doppelblindstudie CLEAR direkt mit dem Anti-IL-12/23-Antikörper Ustekinumab – dem aktuell relevantesten Vergleichsmedikament – verglichen (3). In dieser 52-wöchigen Phase-IIIb-Studie wurde erstmals das hochgesteckte Behandlungsziel des PASI90-Ansprechens nach 16 Wochen als primärer Endpunkt gewählt. Gemessen an diesem Behandlungsziel war Secukinumab bezüglich Wirksamkeit signifikant überlegen (79,0% vs. 57,6% der Patienten). Nach 16 Wochen war die Haut in der Secukinumabgruppe bei 44,3 Prozent der Patienten und in der Vergleichsgruppe bei 28,4 Prozent (Unterschied statistisch signifikant) vollständig abgeheilt (PASI100-Ansprechen). Mit Secukinumab kam es früher zum klinischen Ansprechen als mit dem Vergleichsmedikament, wobei der sekundäre Endpunkt des PASI75-Ansprechens nach 4 Wochen bei 50,0 Prozent beziehungsweise bei 20,6 Prozent erreicht wurde (3).
Nebenwirkungen und Immunogenität
Weil IL-17 als «Epithelzytokin» für die antimikrobielle
Abwehr sorgt, muss bei Anti-IL-17-Behandlungen be-
sonders auf Candidainfektionen (oral, vulvovaginal,
ösophageal) als potenzielle Nebenwirkung geachtet
werden. Eine weitere, allerdings sehr seltene Neben-
wirkung bestehe darin, dass eine Anti-IL-17-Therapie
beim Morbus Crohn eine Exazerbation bewirken
könne, sagte der Referent. Deshalb sollten Patienten
mit bekanntem M. Crohn Secukinumab nur unter be-
sonderer Vorsicht erhalten. Bei Behandlungen mit
therapeutischen Antikörpern kann es zu Anti-Drug-
Antibodies kommen (Tabelle).
Wenn es sich um neutralisierende Antikörper han-
delt, wird die Effektivität der Behandlung möglicher-
weise beeinträchtigt. Die Immunogenität von Secuki-
numab sei sehr gering, berichtete Prof. Mrowietz.
Anti-Drug-Antibodies seien lediglich bei 0,7 Prozent,
neutralisierende Antikörper nur bei 0,2 Prozent der
Patienten festgestellt worden.
L
Tabelle:
Publizierte Immunogenität bei der Behandlung mit Biologika
Therapeutischer Antikörper
Gerichtet gegen
Adalimumab Etanercept Infliximab Secukinumab Ustekinumab
TNF-α TNF-α TNF-α IL-17A
IL-20/IL-23
(nach Prof. Dr. Ulrich Mrowietz)
Anti-Drug-Antibodies
2,6% bis 44,8% 0,5% bis 18%, nicht neutralisierend 5,4% bis 43,6% 0,7%, meist nicht neutralisierend 3% bis 5%
Alfred Lienhard
Referenzen:
1. Langley RG et al.: Secukinumab in plaque psoriasis – Results of two phase 3 trials. N Engl J Med 2014; 371: 326–338. Supported by Novartis.
2. Griffiths CE et al.: Comparison of ixekizumab with etanercept or placebo in moderate-to-severe psoriasis (UNCOVER-2 and UNCOVER-3): results from two phase 3 randomised trials. Lancet 2015; 386: 541–551. Funding by Eli Lilly.
3. Thaçi D et al.: Secukinumab is superior to ustekinumab in clearing skin of subjects with moderate to severe plaque psoriasis: CLEAR, a randomized controlled trial. J Am Acad Dermatol 2015; 73: 400–409. Supported by Novartis.
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