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KURZ & BÜNDIG
lehnt und somit nicht verfügbar seien, heisst es im «BAG-Bulletin» 30 vom 20. Juli 2015. Sind die Qualitätsanforderungen möglicherweise zu hoch? Es sei nicht an der Industrie, die behördlich vorgeschriebenen Qualitätskriterien zu beanstanden, sondern man habe sie zu erfüllen, meint dazu Urs Kientsch von GlaxoSmithKline. Auch solle man Lieferengpässe nicht auf die erforderlichen Tests oder den aufwendigen Herstellungsprozess abschieben: «Wenn wir die Engpässe haben, haben wir unsere Aufgabe nicht gut genug erfüllt, und dazu müssen wir auch stehen und nicht nach Entschuldigungen suchen.» Auch das BAG sieht das Problem nicht in überzogenen Qualitätsanforderungen. Dass grosse Chargen in der Qualitätsprüfung durchfallen, hänge vielmehr damit zusammen, dass sich die Produktion der Impfstoffe in den letzten Jahrzehnten auf weniger Standorte konzentriert habe: «Wenn die Fabriken immer grösser und immer mehr Impfstoffe am gleichen Ort hergestellt werden, wirkt sich eine Störung umso gravierender aus. Hinzu kommt, dass die Produktion heutzutage häufig über verschiedene Länder läuft und nicht alles am gleichen Ort hergestellt wird. Die ganze Produktionskette ist dadurch vulnerabel geworden», so Daniel Koch. Ausser Frage steht auch für Swissmedic, dass die hohen Qualitätsanforderungen bei Impfstoffen gerechtfertigt sind. «Impfstoffe haben in der Vergangenheit für einige der schwersten Zwischenfälle in der Arzneimittelgeschichte gesorgt», sagt Lukas Jaggi, stellvertretender Mediensprecher von Swissmedic. Darum hält man an einem aufwendigen zweistufigen Verfahren fest: erstens die Zulassung des Impfstoffs durch eine Heilmittelbehörde und zweitens die Freigabe jeder einzelnen Charge durch ein staatliches Prüflabor. Falls die Charge eines in der EU beziehungsweise Island, Liechtenstein oder Norwegen (Länder, die zum Europäischen Wirtschaftraum EEA gehören) hergestellten Impfstoffes bereits durch ein staatlich zertifiziertes EU/EEA-Labor freigegeben wurde, gilt diese Freigabe auch für die Schweiz. Wurden die Impfstoffe andernorts produziert, aber bereits durch ein EU/EEALabor freigegeben, prüft Swissmedic die Unterlagen und gibt die Charge erst danach auch für die Schweiz frei. Diese beiden Verfahren gelten für fast alle in der Pädiatrie gebräuchlichen Impfstoffe in der Schweiz. Nur bei Impfstoffen, die andernorts produziert und nicht von einem EU/EAA-Labor geprüft wurden, erfolgt die Chargenprüfung in einem Schweizer Labor. Dies ist zurzeit für zwei Impfstoffe der Fall, die in Indien produziert werden. Welche das sind, gilt als Geschäftsgeheimnis, es habe aber noch nie Probleme mit der Freigabe dieser Impfstoffe gegeben. Insofern sei Swissmedic nicht schuld an der aktuellen Impfstoffknappheit: «Wenn man bedenkt, dass es mit den beiden Impfstoffen aus Indien bis jetzt keine Probleme mit der Chargenfreigabe gab, kann man sagen, dass die punktuelle Impfstoffknappheit in der Schweiz nichts mit Swissmedic und ihrer Praxis zu tun hat», so Peter Balzli, Mediensprecher von Swissmedic.
Dr. Renate Bonifer, Redaktion PÄDIATRIE, E-Mail: renate.bonifer@rosenfluh.ch
Einschränkungen für Codein-haltige Medikamente
C odein-haltige Medikamente können bei empfindlichen Patienten zu Atemproblemen führen. Gefährdet sind Kinder unter 12 Jahren und Säuglinge stillender Mütter, wenn diese Codein einnehmen, ausserdem Personen, die Codein schneller zu Morphin umwandeln als normal (sog. ultraschnelle Metabolisierer). Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat darum im April 2015 eine Einschränkung der Anwendung dieser Medikamente ausgesprochen. Nun empfiehlt auch Swissmedic, Husten und Erkältung bei diesen Patientengruppen mit Präparaten ohne Codein zu behandeln; bei Jugendlichen über 12 Jahren, die eine eingeschränkte Atemfunktion haben, sei Vorsicht mit Codein-haltigen Medikamen-
ten geboten. Auch in der Schweiz sollen
nun die Arzneimittelinformationen für
Codein-haltige Medikamente angepasst
werden. Swissmedic habe die entspre-
chenden Firmen in der Schweiz aufgefor-
dert, die gleichen Einschränkungen wie in
der EU in die Arzneimittelinformationen
aufzunehmen, heisst es in einer Mitteilung
der Arzneimittelbehörde.
Ob der Gebrauch Codein-haltiger Medika-
mente für die eingangs erwähnten Risiko-
gruppen als Kontraindikation ausgeschlos-
sen werden soll, wird von Swissmedic
zurzeit noch geprüft.
RBO
Mitteilung von Swissmedic vom 27. Juli 2015
Neues Angebot für Kinder suchtkranker Eltern
Die Stiftung Sucht Schweiz bietet auf der Website www.boby.sucht. schweiz.ch ein neues Angebot für Vorschulkinder suchtkranker Eltern. Zu den bedeutendsten Schutzfaktoren zähle, dass das Kind die Suchtkrankheit versteht, über das eigene Erleben sprechen kann und sich nicht schuldig und allein gelassen fühlt, heisst in einer Pressemitteilung der Stiftung. Sehr oft geschehe aber genau das Gegenteil: Aus Überforderung, die Kinder auf altersgerechte Art und Weise auf die Belastungen in der Familie anzusprechen, wird die Problematik tabuisiert, und zwar nicht nur in der Familie, sondern auch von Fach- und Erziehungspersonen. Hier knüpft das neue Projekt von Sucht Schweiz an. Das Bilderbuch mit dem kleinen Hund Boby und seinem alkoholkranken Herrchen richtet sich an Suchtfachleute und Lehrpersonen, damit sie mit jungen Kindern über die Alkoholkrankheit des Vaters oder der Mutter sprechen können. Das Buch wurde neu um vier Hörgeschichten mit Themen aus dem Alltag der Kinder erweitert. Die Geschichten zeigen ihnen, dass sie mit ihren Sorgen nicht alleine sind. Die Hörgeschichten und weitere Materialien wie Illustrationen und Zeichnungsvorlagen können gratis heruntergeladen werden, sowohl per Computer als auch mit einem Smartphone oder Tablet.
Auch für ältere Kinder (ab 8 Jahren) gibt es eine spezielle Website der Stiftung, mit den Adressen www.mamatrinkt.ch und www.papatrinkt.ch. An suchtkranke Eltern und Bezugspersonen wie Grosseltern oder Paten richtet sich die Website www.elternundsucht.ch der Stiftung Sucht Schweiz. Mit diesem niederschwelligen Angebot will die Stiftung zum einen informieren, was man für die Kinder suchtkranker Eltern konkret tun kann: Wie kann man einem Kind die Suchterkrankung erklären? Wie kann man trotz Suchterkrankung eine gewisse Stabilität für das Kind schaffen? Was ist hilfreich, um dem Kind die Pflege von Kontakten zu Gleichaltrigen und erwachsenen Bezugspersonen zu ermöglichen? Zum anderen will man mithilfe der Website eine Brücke zwischen den Fachstellen und den betroffenen Familien bauen: Die Eltern werden ermutigt, kantonale Hilfsangebote zu nutzen. Weitere Informationen unter: • www.boby.sucht.schweiz • www.mamatrinkt.ch/www.papatrinkt.ch • www.elternundsucht.ch
RBO
Pressemitteilung der Stiftung Sucht Schweiz vom 22. Oktober 2015
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