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In Kürze
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Rationierung ist rechtlich stark begrenzt • Verhalten bei Rückenschmerzen verändert • Deutschland fördert die Pflegeforschung • Patienten die Wahl geben • Vorschau: Rechtsfragen
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IN KÜRZE

Rationierung ist rechtlich stark begrenzt
Die Bundesverfassung (BV) setzt der Rationierung, die meist ältere Patienten trifft, in mehreren Artikeln enge Grenzen. Dies legt Pascal Coullery vom Bundesamt für Gesundheit dar: Altersrationierung widerspricht der Menschenwürde (Art. 7 BV), da der Mensch auf seinen Sachwert, in diesem Fall das Alter, herabgewürdigt wird. Die Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) verlangt einen vernünftigen oder sachlichen Grund, wenn ein Patient ungleich behandelt wird. Die Kosteneindämmung sei nicht genügend Grund, da das prioritäre Ziel des KVG sei, allen Versicherten eine hoch stehende Versorgung zu garantieren. Auch das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Absatz 2 BV) schützt ältere Menschen, Alter wird explizit als verpöntes Unterscheidungsmerkmal erwähnt. Das Recht auf Leben (Art. 10 Absatz 1 BV) steht jedem Menschen zu, und menschliches Leben zu bewerten wird ausgeschlossen, es gibt demzufolge kein wertvolleres jüngeres Leben. Das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit (Art. 10 Absatz 2 BV) wird auch durch die Schrankenregelung (Art. 36 BV) nicht eingeschränkt, da die Massnahme nicht verhältnismässig wäre: Das Gesundheitssystem enthalte ein Rationalisierungspotenzial, das Einsparungen durch Rationierung vielfach übersteige, schreibt Coullery. Zudem gibt das Sozialziel Bund und Kantonen vor, dass jede Person die für ihre Gesundheit nötige Pflege erhält. Ein teilweiser Ausschluss der älteren Bevölkerung von der Gesundheitsversorgung wäre eine Verfassungsverletzung, folgert Coullery. Die Diskussion müsse deswegen weg von der Rationierung hin zur Rationalisierung gelenkt werden. (bc)
Quelle: Pascal Coullery: Die Verfassung setzt der Rationierung Grenzen. In: Plädoyer 1/04. S. 36–41.
Verhalten bei Rückenschmerzen verändert
Falsche Vorstellungen darüber, wie man sich bei Rückenschmerzen verhalten soll, können mit Aufklärungskampagnen nachhaltig verändert werden. Richtiges Verhalten bei Rückenschmerzen trägt dazu bei,

dass Arztkonsultationen und Absenzen am Arbeitsplatz vermieden werden können. Zu diesem Resultat kommt eine Follow-up-Studie aus Australien. Fernsehspots wiesen vor vier Jahren die Bevölkerung und die Hausärzte in Victoria darauf hin, dass aktiv bleiben, Übungen machen, nur eine kurze Bettruhe einhalten und möglichst weiterarbeiten genesungsfördernd sei bei Rückenschmerzen. Nach der Kampagne gingen Arztbesuche, medizinische Kosten und Arbeitsausfälle aufgrund von Rückenschmerzen zurück. Auch drei Jahre nach der Hauptstudie konnte gezeigt werden, dass das Wissen über das Verhalten bei Rückenschmerzen noch immer signifikant besser war als in der Kontrollgruppe. (bc)
Quelle: Rachelle Buchbinder, Damien Jolley, Mary Wyatt: Population based intervention to change back pain beliefs and disability: three part evaluation. In: British Medical Journal, 23. Juni 2001, Nr. 7301, S. 1516–1520. Und: Rachelle Buchbinder, Damien Jolley: Population based intervention to change back pain beliefs: three year follow up population survey. In: British Medical Journal, 7. Februar 2004. Nr. 7435.
Deutschland fördert die Pflegeforschung
Das deutsche Forschungsministerium fördert die Pflegeforschung: 4,5 Millionen Euro wurden für vier Pflegeforschungsverbünde gesprochen. Folgende Schwerpunkte sollen in den nächsten drei Jahren erforscht werden: patientenorientierte Pflegekonzepte bei chronischen Erkrankungen (insbesondere bei Demenz), Optimierung gesundheitsförderlicher rehabilitativer Pflege bei chronisch Pflegebedürftigen in kommunikativ schwierigen Situationen, Optimierung des Pflegeprozesses durch neue Steuerungsinstrumente und Gesundheitsförderung im Geburtsprozess (Hebammenforschung). Angesichts der gesellschaftlichen Umwälzungen sei es dringend, die Pflegeforschung voranzutreiben, teilten die Pflegeforschungsverbünde mit. Noch vor zehn Jahren gab es in Deutschland kaum Pflegeforschung. Mit dem Aufbau der Pflegestudiengänge an Fachhochschulen und Universitäten entwickelt sich mittlerweile eine vielfältige Forschungslandschaft. (bc)
Quelle: Pressemitteilung der Forschungsverbünde Pflege und Gesundheit vom 22. Februar 2004. Internet: www.pflegeforschungsverbuende.de

q q q VORSCHAU
Schwerpunktthema: RECHTSFRAGEN
Erscheinungsdatum: 21. Mai 2004
MC in der KVG-Revision Zugang der Leistungserbringer zum Netz Leistungseinkauf im Ausland Selbstbestimmung der Versicherten Haftung in MCOs Datenschutz im Netz Weitergabe von Preisvorteilen
Patienten die Wahl geben
Männer, die an Prostata-Krebs leiden, nehmen in Kauf, dass ihre Lebenserwartung eingeschränkt wird, wenn sie dafür unter weniger Nebenwirkungen der Behandlung leiden müssen. Dies ist das Resultat einer Studie, die als «discrete choice experiment» bezeichnet wird. Darin konnten die 129 Teilnehmer die Vor- und Nachteile der Behandlung abwägen: Dazu zählten Durchfall, Wallungen, Erektionsfähigkeit, Schwellung der Brust, körperliche Energie, sexuelle Lust, Lebenserwartung und Kosten, welche die Patienten selber zu bezahlen hätten. Das Discrete-Choice-Experiment bezieht die Meinung der Patienten mit ein. Die herkömmlichen Entscheidungsinstrumente orientieren sich an Health-Outcomes, meist gemessen an QALYs (Quality adjusted life year) und der Kostenwirksamkeit. Dies sei ungenügend, schreibt Mandy Rayn, Professor für Gesundheitsökonomie in Aberdeen, wenn man bedenke, dass Patienten die Outcomes anders bewerten. «Den Patienten nicht die Wahl zu geben, bedeutet, sie zu missbrauchen», kommentiert Richard Smith, Herausgeber des «British Medical Journal». (bc)
Quellen: Mark Sculpher et al.: Patients’ preferences for the management of non-metastatic prostate cancer: discrete choice experiment. Und: Richard Smith: Abusing patients by denying them choice. Und: Mandy Ryan: Discrete choice experiments in health care. In: British Medical Journal; 328: 382. 14. Februar 2004.

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