Transkript
PsoriNet+ Kompetenznetz Psoriasis niedergelassener Dermatologen Schweiz
74-jährige Patientin mit Psoriasis: «Ich will Humira!»
Steht der positive Quantiferontest dem Therapiewunsch im Weg?
CASE REPORT VON DR. THOMAS WÜRSCH
Anamnese Frau K. (geboren 1940) kam am 16. Juni 2014 erstmals in unsere Praxis. Sie leidet seit der Pubertät an einer Psoriasis vulgaris, früher mit starkem Befall des Capillitiums. Sie hat keine Gelenkbeschwerden. In der Familie leidet eine Tante ebenfalls an Psoriasis vulgaris. Die Patientin ist im Übrigen gesund und rüstig. Sie nimmt keine Medikamente, insbesondere keine Betablocker.
Diverse Therapien auswärts mit Steroidsalben Klasse IV und UVB 311 Narrow Band ergaben keinen wesentlichen therapeutischen Erfolg. Die Tochter der Patientin, die seit 2013 bei uns wegen generalisierter Plaquepsoriasis in Behandlung ist, wurde mit Adalimumab (Humira®) erscheinungsfrei. Deshalb war die Patientin auf die Medikation mit Humira® fixiert.
Status Im Status fanden wir eine akral betonte Psoriasis vulgaris mit Plaques von Münzen-
grösse an Armen und Beinen (Abbildungen 1 und 2). Der PASI-Score betrug 13,2.
Verlauf Wir machten die Patientin auf die Limitatio bei den Biologika aufmerksam und begannen mit einer PUVA-Therapie. Diese wurde mangels Erfolg abgebrochen. Anschliessend wurde eine Methotrexatbehandlung durchgeführt, die auch nicht die gewünschte Besserung brachte. Endlich war nun die Indikation zur Therapie mit einem Biologikum gegeben.
Abbildungen 1 und 2: Psoriasis an den Beinen vor der Therapie (Frau K., geboren 1940)
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Eine Abklärung bei uns und beim Internisten ergab folgende Resultate: Laborwerte im Normbereich: L Hämatogramm mit
Leukozytendifferenzierung L CRP L Proteinelektrophorese L Hepatitis-C-Virus L HIV-Screening L Kreatinin L TSH L Leberenzyme und AST Thoraxröntgenbild: keine Infiltrate, keine Lymphknoten Quantiferontest: deutlich positiv!
Weiterer Verlauf und vertiefte Anamnese Die Ärzte und die Patientin waren nun wirklich verzweifelt wegen des positiven Quantiferontests. Die vertiefte Anamnese ergab: Status nach Tuberkuloseerkrankung mit Lungenoperation 1963 in Altein/Arosa. Vorgängig Strep-
tomycintherapie während beinahe eines Jahres.
Konsilium beim Infektiologen Wir liessen nun ein Konsilium bei einem Infektiologen durchführen. Dieser diagnostizierte eine latente Tuberkuloseinfektion. Bei Status nach Tuberkuloseerkrankung 1963 besteht ein residueller positiver Quantiferontest. Klinisch konnten keine Hinweise auf eine aktive Tuberkuloseinfektion gefunden werden. Beim Einsatz von Adalimumab wäre mit einem erhöhten Risiko einer Tuberkuloseaktivierung zu rechnen.
Empfehlung Der Einsatz von Adalimumab ist trotzdem möglich. Es wird eine Isoniazidprophylaxe mit 300 mg INH pro Tag während 9 Monaten empfohlen. Therapiebeginn mindestens 2 Wochen vor der Therapie mit Humira®.
Das Monitoring der INH-Therapie wird beim Internisten durchgeführt. Wir begannen die Behandlung mit Humira® am 9. Juli 2015 nach Schema. Der eindrückliche Therapieerfolg nach 5 Wochen ist in den Abbildungen 3 und 4 dokumentiert.
Take Home Message
Bei therapieresistenter Psoriasis vul-
garis kann eine Therapie mit einem
Biologikum trotz des positiven Quanti-
ferontests begonnen werden. Eine Pro-
phylaxe mit INH ist aber zwingend
nötig. Wir empfehlen ein Konsilium bei
einem Infektiologen.
L
Kontaktadresse: Dr. med. Thomas Würsch Dermatologie FMH Bahnhofstrasse 14, 8001 Zürich Tel. 044 221 05 50 E-Mail: t.wuersch@bluewin.ch
Informationen zu PsoriNet erhalten Sie im Internet unter www.psorinet.ch
Abbildungen 3 und 4: Frau K. nach 5-wöchiger Therapie mit Humira®
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