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KURZ UND BÜNDIG
EFIC-Splitter
Lesen Sie auf dieser Seite weitere interessante Kurzberichte vom diesjährigen Kongress der European Pain Federation (EFIC) in Wien.
Schmerz als Einflussfaktor auf Fühlen, Denken und Handeln unterschätzt Eine Reihe von Arbeiten eines Forschungsteams rund um Prof. Christopher Eccleston, Zentrum für Schmerzforschung der Universität Bath/UK, demonstriert, wie sehr Schmerzen das menschliche Fühlen, Denken und Handeln beeinflussen. «Chronisch oder sporadisch im Alltag auftretende Schmerzen werden als Einflussfaktoren für unser Verhalten nach wie vor unterschätzt», erklärte Prof. Eccleston. «Die Tatsache, wie sehr Schmerzen uns im Alltag beeinträchtigen, sollte künftig verstärkt berücksichtigt werden.» In einer Studie mit rund 60 Probanden hat sich beispielsweise herausgestellt, dass Kopfschmerzen die Konzentration auf bestimmte Aufgaben deutlich beeinträchtigen können (1). «Ein gewaltiges, gesamtgesellschaftliches Problem, wenn man bedenkt, wie verbreitet Kopfschmerzen in der Bevölkerung sind», betonte er. In einer weiteren Studie wurden mit über 1300 Personen psychologische Tests durchgeführt (2). Die Schmerzzustände, die Testumgebung und die Charakteristik der Teilnehmer waren zwar heterogen, das Ergebnis war jedoch eindeutig: Bei Personen mit Schmerzen nahm die Reaktionsfähigkeit ab und die Fehlerhäufigkeit zu. «Personen mit Schmerzen machten 3,4 Prozent mehr Fehler als die Vergleichspersonen ohne Schmerzen. Das ist zwar ein niedriger Wert. In komplexen Situationen, wie zum Beispiel beim Autofahren, in denen multiple Prozesse gleichzeitig ablaufen und jede Minute mehrere Entscheidungen getroffen werden müssen, können 3,4 Prozent mehr Fehler enorme Konsequenzen haben», meinte Prof. Eccleston.
Eine andere Untersuchung machte
sichtbar, wie Schmerz das Denken er-
schwert, weil Schmerzvermeidung und
-linderung kognitiv der Vorrang gege-
ben wird (3). Je intensiver der Schmerz,
desto geringer war die Aufmerksamkeit
der Studienteilnehmenden und desto un-
logischer waren ihre Antworten. Schmerz
beeinträchtigt demnach rationales Argu-
mentieren und Entscheiden.
Therese Schwender O
1. Attridge N et al. Headache pain reduces processing speed and accuracy on attention tasks. EFIC 2015, Abstract 0342.
2. Attridge N et al, The disruptive effects of pain on n-back task performance in a large general population sample. Pain 2015 May 26. [Epub ahead of print]
3. Attridge N et al. Reasoning and decision making are impaired by pain. EFIC 2015, Abstract 0705.
Psychische Belastung und Schmerz-
erwartung sind Risiken für Schmerzen
nach Brustkrebsoperation
Starke psychische Belastung und die
Erwartung, nach der Operation unter
Schmerzen zu leiden, erhöhen nach
einer Brustkrebsoperation die Wahr-
scheinlichkeit für akute Schmerzen (1).
Zu diesem Schluss kam eine finnische
Studie, die am Kongress in Wien prä-
sentiert wurde. Studienautorin Reetta
M. Sipilä schlägt daher vor: «Es wäre
ideal, mit ein paar einfachen Massnah-
men jene Frauen herauszufiltern, die
besonders unter psychischem Druck
stehen oder eine negative Erwartungs-
haltung haben. Durch eine geeignete
Begleitung dieser Patientinnen liesse
sich zumindest ein Teil der Risikofakto-
ren für postoperative Schmerzen redu-
zieren.»
Therese Schwender O
1. Sipilä RM et al. Risk factors for acute postoperative pain after breast cancer surgery. EFIC 2015, Abstract 0167.
Muskelkraft, Vitamin D und Schmerzen bei Kniearthrose Bei Patienten mit Schmerzen aufgrund einer Kniearthrose könnte eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D dazu beitragen, die Kraft des Quadrizeps zu verbessern und dadurch sowohl die Schmerzen als auch das Voranschreiten der Erkrankung positiv zu beeinflussen. Javadian et al. untersuchten bei 92 Patienten mit Schmerzen aufgrund einer Kniearthrose die Schmerzintensität, die Quadrizeps-Muskelkraft (QMS) und den 25-OH-Vitamin-D-Serumspiegel (Ͻ 20 ng/ ml galten als Mangel) (1). Ziel der Studie war, den Zusammenhang zwischen Schmerzen, QMS und dem 25-OH-Vitamin-D-Serumspiegel zu bestimmen. Es zeigte sich schliesslich eine signifikante, negative Korrelation zwischen QMS und Schmerz (p = 0,034). Der 25-OH-Vitamin-D-Serumspiegel korrelierte positiv mit der QMS (p = 0,005). Die Korrelation war linear. Mit jeder Zunahme der Vitamin-D-Serumkonzentration um 1 ng/ml nahm die QMS um 14,2 ± 3,5% (p = 0,014) zu. Basierend auf ihren Resultaten und aufgrund der Bedeutung einer Schwäche des Quadrizeps bei der Entwicklung und dem Voranschreiten einer Kniearthrose empfehlen die Autoren, bei diesen Patienten auf eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung zu achten. Therese Schwender O
1. Javadian Y et al. The relationship between knee pain intensity and vitamin D in knee osteoarthritis. EFIC 2015, Abstract 0186.
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ARS MEDICI 20 I 2015