Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
In einem Interview beklagt sich Prof. Roger Stupp, Chefarzt Onkologie am Unispital Zürich, unter anderem über den grossen Aufwand, den die Einverständniserklärung für die Patienten mit sich bringe. Das Formular sei umfassender und detaillierter als die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditkartenantrags. Dass man die Patienten informiere, sei richtig und wichtig. Aber die Einverständniserklärung sollte wieder auf ein vernünftiges Mass reduziert werden. Wie? «Indem wir die Juristen vom ganzen Prozess fernhalten.» Wie wahr, aber nicht nur bei diesem Beispiel. Ohne Juristen würde in der Medizin nichts schlechter laufen, es gäbe nicht mehr Komplikationen, die Ärzte würden nicht kriminell – aber vieles ginge schneller, das meiste unkomplizierter und alles kostengünstiger.
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Na ja, so richtig korrekt ist’s natürlich nicht, aber es tut halt gut, ein letztes Mal über einige der nicht mehr zu den Wahlen antretenden National- und Ständeräte zu lästern. Die Idee dazu ist eh nicht neu. Wo fangen wir an? Bei Andreas Gross, einem der Steinzeit-Sozialisten, die noch immer hoffen, die Armee demnächst abschaffen zu können. Nicht unsympathisch, aber seit 1968 irgendwie stehen geblieben. Christine Egerszegi tritt auch nicht mehr an. Es meint ein zu Boshaftigkeit neigender Bekannter (und – nicht weitersagen! – erst noch Parteifreund der Dame): eine Nervensäge weniger im Parlament. Urs Schwaller, nein, über den gibt es einfach nichts Skandalöses oder überhaupt Auffälliges zu berichten; deshalb wäre er ja auch fast Bundesrat geworden. Sein Parteikollege Christophe Darbellay – nie richtig fassbar, aber mit Unterhaltungswert, Angehöriger einer Partei, die heute eher überflüssig scheint, um deren C-Werte wir aber in einigen Jahren noch froh sein könnten. Oskar Freysinger wird man wohl am meisten vermissen; das werden nicht alle so sehen, jene, die sich an Nonkon-
formisten freuen, die auch mal ein Tabu brechen, hingegen schon. Ausserdem sitzt dann – was schade ist – keiner mehr mit Rossschwanz im Parlament. Wer noch? Verena Diener. Leider stur gegen ärztliche Selbstdispensation, etwas anstrengend ernsthaft, aber immerhin glaubwürdig, pragmatisch und – mit Stil. Politisch nur vielleicht, persönlich sicher ein Verlust fürs Parlament. Schliesslich der Bortoluzzi Toni, der einfache Schreiner mit den einfachen Lösungen. Irgendwie niedlich, aber in anderer Funktion sicher besser aufgehoben.
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Der Sprecher der deutschen Bundesregierung zur «Aufstockung» des russischen Atomwaffenarsenals: «Politisch nicht hilfreich und dem Frieden nicht dienlich.» Der gleiche Sprecher zur «Modernisierung» des amerikanischen Atomwaffenarsenals in Deutschland: «Eine technisch notwendige Massnahme.» So entsteht politische Glaubwürdigkeit … überhaupt stehen die deutschen Bundespressekonferenzen regelmässig für Unterhaltung mit viel unfreiwilligem Humor und einem gehörigen Quantum an Peinlichkeit. Die beste Auswahl unter – haben wir’s nicht schon mal erwähnt?, egal, Redundanz kann nicht schaden – www.jungund naiv.de.
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Alle sind sich einig: Es fehlt in der EU eindeutig an Solidarität. Einige wissen auch, woran’s liegt: Ausgerechnet Deutschland verhält sich in der Flüchtlingsfrage völlig unsolidarisch mit Ungarn, Tschechien & Co.
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Der prunkvolle Araber Muammar alGaddafi meinte auf den Hinweis, wir (Europäer) hätten Bedenken und müssten uns wehren gegen die (damals noch schleichende) Islamisierung, schon vor
Jahren gnadenlos naiv: «We are many, you are not.» Und fügte lächelnd hinzu: «We don’t need weapons, we just need time.» Heute, nachdem alles viel schneller ging als selbst Muammar selig dachte, würde er vielleicht unken: «Our leaders know what is going on, yours do not.»
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Wer nicht Begeisterung zeigt über die grossen Chancen, die für die Gesellschaft mit dem Zustrom an Flüchtlingen verbunden sind, versuchte sich bis anhin als «besorgter Bürger» vor der Schubladisierung als «Rassist» zu retten. Doch damit ist es zu Ende, man lässt den Besorgten nicht den Hauch einer Chance. «Besorgte Bürger» sind, so die Leitmedien, noch schlimmer; sie sind getarnte Rassisten.
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Haben Sie auch genug vom Fernsehen? Vor allem von den Talkshows mit den immer gleichen Gästen, von denen man eh weiss, was sie der Welt mitteilen wollen, die sich mit Belanglosigkeiten durch die Sendung hangeln oder/und immer wieder denselben Stuss von sich geben? Ein Tipp: Ton ausstellen und nur noch schauen. Vor allem Talkshows werden so auf einmal wieder spannend.
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Mir sind Antibiotikaresistenzen und Pestizide lieber als Pocken und Dinosaurier. (Beda Stadler)
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Und das meint Walti: Da will man mal in Ruhe das ganze Haus putzen. Und was passiert? Man hat keine Lust.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 19 I 2015
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