Transkript
Kongressbericht
Möglichst lange aktiv, gesund und schön bleiben
Highlights der Vitafoods-Konferenz in Genf, Mai 2004
Von den zahlreichen anlässlich der
Vitafoods-Konferenz präsentierten The-
men sollen hier vier etwas genauer
beleuchtet werden, die über interes-
sante, bisher aber wenig bekannte
Daten informieren sowie neue, teils
kontrovers diskutierte Erkenntnisse
bringen.
Anne Endrizzi
Was beschäftigt die Bevölkerung in Bez ug auf Gesundheit?
Eine an der Vitafoods-Konferenz präsentierte Studie (Leatherhead, 2003) nannte die folgenden wichtigen Beweggründe für den langfristigen Erhalt der Gesundheit: • Sich gut fühlen und nicht krank
werden • Länger leben und aktiv bleiben • Gut aussehen • Körperlich fit und schlank bleiben.
Der meistgenannte Faktor, der beim Gesundbleiben helfen soll, war die Ernährung!
Koenzym Q10 und Anti-Aging
Prof. Dr. J. Vormann vom Institut für Prävention und Ernährung, München, zeigte in seinem Vortrag das Potenzial des Koenzyms Q10 im Bereich Anti-Aging.
In einer Auswertung unterschiedlichster wissenschaftlicher Untersuchungen am Institut für Prävention und Ernährung wurde bestätigt, dass Q10 einen bedeutenden Einfluss auf die oxidativen Vorgänge im menschlichen Körper ausübt. Es ist ein lebensnotwendiger Katalysator biochemischer Reaktionen in den menschlichen Zellen und kann durch keine andere Substanz ersetzt werden. Die Untersuchungen wiesen darauf hin, dass die
Funktionsfähigkeit des menschlichen Organismus auf eine ausreichende Q10-Konzentration in den Zellen angewiesen ist, ein Q10-Mangel war dagegen bei vielen Erkrankungen festzustellen.
Normalerweise sei zwar jede Zelle in der Lage, Q10 selbst herzustellen, so Vormann. Die Analyse zeige jedoch, dass es mit zunehmendem Alter zu einer Abnahme des Q10-Spiegels in den verschiedenen Organen komme, wobei hier besonders das Herz betroffen sei. 40-Jährige verfügen bereits um ein Fünftel weniger an Q10 im Herzgewebe als 20-Jährige. Mit 80 Jahren verfügt das Herz nur noch über etwas mehr als die Hälfte des Koenzyms.
Gemäss Vormann zeigt Q10, neben seiner inzwischen immer bedeutenderen Rolle in der Prävention, positive Wirkungen bei der Behandlung von Krankheiten, wie beispielsweise bei der Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz sowie in der Therapie des Herzinfarktes, wie verschiedene Studien belegen konnten. Auch bei der cholesterinsenkenden Behandlung mit Statinen konnte eine ergänzende Gabe von Q10 die Nebenwirkungen der Medikamente weit gehend verhindern. Es sei zudem zu vermuten, dass eine verminderte zelluläre Q10-Konzentration das Risiko einer Tumorerkrankung begünstigen kann.
Der glykämische Index und
sein Einfluss auf die Gewichts-
kontrolle
In den letzten Jahrzehnten wurde empfohlen, sich fett- und eiweissarm, dafür aber kohlenhydratreich zu ernähren. Dadurch könnten ernährungsbedingte Krankheiten vermieden und Übergewicht reduziert werden. Trotz Ernährungsumstellung stieg jedoch die Zahl der übergewichtigen Menschen in den Industrienationen. Schuld daran sollen neuerdings die kohlenhydrathaltigen Lebensmittel sein.
Gemäss Dr. F. Brouns, Nutrition and Toxicology Research Institute, Maastricht, sowie Cerestar R&D Center, Belgien, gibt es derzeit noch keinen wis-
senschaftlichen Konsensus, um eine Empfehlung zur Reduktion des glykämischen Index (GI) in der Ernährung zu unterstützen.
Interessant ist zudem seine Aussage, dass sich die Empfehlung einer GI-Reduktion ursprünglich an Diabetiker gerichtet hat und sich daher nicht einfach auf die breite Bevölkerungsschicht übertragen lässt. «Man kann nicht etwas heilen, wo es gar nichts zu heilen gibt!» Auch Hanny Boers vom Unilever Health Institute, Niederlande, unterstrich während ihrer Präsentation, dass es keinen klaren Zusammenhang zwischen Blutglukosewerten, Sättigung und Gewichtskontrolle gibt und dass zusätzliche Studien erforderlich wären, um die Situation zu klären.
Zu diesem Thema ist auch eine im «Journal of the American Medical Association» publizierte Metaanalyse («Efficacy and Safety of Low-Carbohydrate Diets – A Systematic Review») interessant. Diese zeigt ebenfalls nur einen geringen Gewichtsverlust durch eine kohlenhydratarme Kost. Bei den in die Metaanalyse einbezogenen Studien war der Gewichtsverlust der Teilnehmer eher durch die Kalorienbeschränkung und die Diätdauer erklärbar, nicht aber durch die Kohlenhydratbeschränkung. Langzeitstudien über den tatsächlichen Erfolg dieser Kostformen gibt es allerdings derzeit nicht. Längerfristig können sogar gesundheitliche Schäden wie erhöhte Harnsäure- und Blutfettwerte auftreten.
Aufgrund dieser Ergebnisse macht es zurzeit wenig Sinn, kohlenhydratarme Diäten zu empfehlen. Es ist jedoch auch nicht richtig, diese Ernährungsform zu verteufeln. Jeder Mensch reagiert anders, sodass individuelle Massnahmen notwendig sind. Wichtig ist eine abwechslungsreiche Mischkost mit reichlich Obst und Gemüse bei gleichzeitig gesteigerter körperlicher Aktivität. Denn eine extrem kohlenhydratarme Kost wird schnell eintönig und ändert nichts am Essverhalten.
44 Nr. 3 • 2004
Kongressbericht
Eine gute Figur durch
konjugierte Linolsäure
Zum Thema konjugierte Linolsäure (Conjugated Linolenic Acid, CLA) im Zusammenhang mit der Gewichtskontrolle präsentierte Dr. N. Cortes, Cognis Nutrition and Health, verschiedene Wirksamkeits- und Sicherheitsstudien. Diese zeigen, dass CLA einen Beitrag zum Erhalt einer optimalen Körperzusammensetzung leisten kann. Im Juni 2004 wurde zudem im «American Journal of Clinical Nutrition» eine Studie publiziert, die zeigt, dass CLA bei übergewichtigen und ansonsten gesunden Personen die Körperfettmasse um bis zu 9 Prozent senken kann. Diese Studie scheint somit die Annahme zu bestätigen, dass CLA die Körperzusammensetzung verbessert, indem der Körperfettanteil reduziert und der Anteil fettfreier Körpermasse erhöht wird.
CLA ist ein natürlich vorkommender, von Linolsäure abgeleiteter Bestandteil tierischer Lebensmittel. Man findet sie in Milchprodukten sowie im Fleisch von Wiederkäuern wie Rind oder Schaf. Interessanterweise hat sich herausgestellt, dass der CLA-Gehalt der Milch höher ist, wenn die Kühe auf Weideland grasen, insbesondere, wenn das Gras in einer frühen Wachstumsphase ist oder von einer Alpwiese mit vielen Kräutern stammt. Da die aktuellen Ernährungsempfehlungen einen reduzierten Verzehr von tierischem Fett propagieren, stellt sich zunehmend die Frage, ob und inwieweit ein möglicher Rückgang der ernährungs-
bedingten CLA-Aufnahme gesundheitliche Auswirkungen nach sich zieht.
Die Forschung auf dem Gebiet der CLA wird neben dem oben erwähnten Bereich der Gewichtskontrolle auch noch in Bezug auf Karzinome, koronare Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus vorangetrieben. Die Beweislage ist allerdings in allen Bereichen noch nicht eindeutig. Somit lassen sich weder sichere Folgerungen betreffend des idealen CLA-Gehalts in der Ernährung machen, noch gibt es genaue Ernährungsempfehlungen für die Aufnahme von CLA.
Schöne Haut – von innen
Die Haut wird einerseits durch endogene Faktoren wie genetische Veranlagung, Stress sowie Immun- und Hormonstatus, anderseits aber auch durch externe Faktoren wie toxische Stoffe, Allergene oder UV-Strahlen beeinflusst.
In ihrem Vortrag konzentrierte sich Frau Dr. L. Roza vom niederländischen TNO Nutrition and Food Research auf das fotoprotektive Potenzial von Vitaminen, Karotinoiden und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Das wiederholte Einwirken von UV-Strahlen führt dazu, dass das Kollagen der tieferen Hautschichten durch freie Radikale oxidiert wird. Die Haut wird dadurch ledrig, und es kommt zur Faltenbildung.
Roza präsentierte zunächst die Resultate einer Literaturrecherche, aus der hervorging, dass Vitamine, Karotinoide und mehrfach ungesättigte
Fettsäuren in hoher Dosis vor dem
negativen Einfluss des UV-Lichtes
schützen, und zwar in einem sehr viel
tieferen Ausmass als topische Sonnen-
schutzprodukte. Darüber hinaus sei es
ein Vorteil dieses Schutzes von innen,
dass er kontinuierlich und flächen-
deckend sei. Weiter stellte Roza eine
von ihrem Team durchgeführte Studie
vor. Aus dieser war ersichtlich, dass die
Einnahme von Früchten und Grüntee-
Extrakten gewisse Gene zu aktivieren
vermag, welche die Empfindlichkeit
der Haut auf oxidativen Stress und die
Fotoalterung herabsetzen. Roza schloss
daraus, dass Früchte und Grüntee-Ex-
trakt dank ihrer antioxidativen Eigen-
schaften einen Beitrag zur Verlangsa-
mung der UV-bedingten Hautalterung
leisten können.
I
Autorin: Anne Endrizzi dipl. Lebensmittel-Ing. ETH Steiggasse 3, 8400 Winterthur Internet: www.foodplus.ch
Quellen: Vitafoods International Conference, 11.–13. Mai 2004, Genf; nach Vorträgen von: Dr. Fred Brouns: «Low carb or low glycaemic index: aspects of glycaemic index and health»; Dr. Hanny Boers: «Glycaemic response to foods – appetite and weight management»; Dr. Heather Nelson Cortes: «CLA – New results from ongoing clinical trials on body composition»; Dr. Len Roza: «Nutritional skin care: photoprotective potential of vitamins, carotenoids and polyunsaturated fatty acids»; Prof. Jürgen Vormann: «The potential of Co-enzyme Q10 in anti-ageing». Bravata D.M. et al.: Efficacy and safety of lowcarbohydrate diets: a systematic review. J Am Med Ass 2003; 289: 1837–1850.
Schweizer Förderpreis für Moderne Ernährung
www.swissmilk.ch/nutritionaward
Preisausschreibung für 2005
Die Organisation der Schweizer Milchproduzenten SMP, Weststrasse 10, 3000 Bern 6, schreibt für 2005 den von ihr gestifteten «Schweizer Förderpreis für Moderne Ernährung» aus. Der Preis wird einer jungen Wissenschaftlerin oder einem jungen Wissenschaftler für mindestens eine Forschungsarbeit auf einem Gebiet der Humanernährung
verliehen. Das Preisgeld beträgt 10 000 Franken.
Eingabefrist: 31. Dezember 2004 Damen und Herren, welche die Kriterien des Reglementes erfüllen und eine wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Humanernährung verfasst haben, sind eingeladen, folgende Unterlagen in drei Exemplaren einzureichen:
• Curriculum vitae • Arbeit(en) zum Thema Human-
ernährung • Liste der Publikationen (wenn vor-
handen)
Die Dokumente sind zu richten an den Präsidenten der Jury: Professor Dr. med. Eric Jéquier Avenue de Rochettaz 10, 1009 Pully I
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