Transkript
BERICHT
Update zur Warzenbehandlung
Bei Viruswarzen ist eine Therapie nicht zwingend nötig, weil die Erreger von Warzen «No-risk-HPV» sind und weil die Spontanheilungsrate hoch ist. PD Dr. Antonio Cozzio, Leitender Arzt Poliklinik, Dermatologische Klinik des Universitätsspitals Zürich, berichtete an den 5. Zürcher Dermatologischen Fortbildungstagen 2015 in seinem Vortrag über HPV-Infektionen, wie es derzeit um die Evidenz bei der Warzentherapie steht.
Sowohl bei Gesunden als auch bei Immunsupprimierten mit kutanen Warzen besteht kein malignes Entartungsrisiko, weil die für die Warzenbildung verantwortlichen HPV-Typen harmlos sind. Problematisch ist jedoch die Unterscheidung zwischen viralen Warzen und verrukösen spinozellulären Karzinomen bei Immunsupprimierten. Behandlungsindikationen bei kutanen Warzen sind: Schmerzen, Funktionseinschränkung, Stigmatisierung, starke kosmetische Beeinträchtigung, Plantarwarzen mit Ausbreitungsrisiko. Eine Warzenbehandlung ist auch bei der Epidermodysplasia verruciformis (EV) Lutz-Lewandowsky nötig, weil hier – als Ausnahme von der Regel – ein malignes Transformationsrisiko besteht. Neben der sehr seltenen, autosomal-rezessiv vererbten Form von EV gibt es bei Immunsupprimierten (z.B. bei HIVPatienten) eine häufigere, erworbene Form. Weil bei EV gewisse HPV-Typen (v.a. Typ 5 und 8) Viruswarzen mit hohem malignem Entartungsrisiko (Plattenepithelkarzinom bei 30–50% der Patienten) verursachen können, ist eine Warzentherapie nötig.
Evidenzbasierte Verrucatherapie
Die Spontanheilungsrate von kutanen Warzen ist hoch. In grösseren Untersuchungen hatten sich die Warzen schon nach 2 Monaten bei 42 Prozent der Betroffenen zurückgebildet, nach 6 Monaten bei 53 Prozent und nach 2 Jahren bei fast 65 Prozent (1). Wenn
die Therapieindikation gestellt worden ist, gilt es, für den Patienten individuell die am besten geeignete Behandlung auszuwählen, da die unbestritten beste, hundertprozentig wirksame Therapie nicht existiert (1). Für die Verrucatherapie wurde die Evidenz im Jahr 2012 in einem systematischen Cochrane-Review zusammengestellt. Analysiert wurden 85 randomisierte, kontrollierte Studien zur topischen Behandlung kutaner, nicht genitaler Warzen mit insgesamt 8815 randomisierten Patienten (2). Aufgrund des CochraneReviews eignen sich Salicylsäure und Salicylsäure kombiniert mit Kryotherapie als zweckmässige Firstline-Behandlungen. Als Second-line-Behandlungen seien die aggressive Kryotherapie und in bestimmten Lokalisationen die Lasertherapie geeignet, so der Referent. Zu den Third-line-Behandlungen gehören Bleomycin oder 5-Fluorouracil (5-FU) intraläsional, die lokale Immuntherapie mit topischem DCP (Diphenylcyclopropenon) und die Lasertherapie. Durch die im Cochrane-Review zusammengetragenen Evidenzen wird die Wirksamkeit von Salicylsäure am besten gestützt (2): L Gegenüber Plazebo ist Salicylsäure überlegen.
Die Wirksamkeit bei Warzen an den Händen ist grösser als bei Warzen an den Füssen. L Gegenüber Plazebo ist Kryotherapie nicht überlegen. Bei Warzen an den Händen sind aber mit Kryotherapie bessere Resultate erreichbar als bei Warzen an den Füssen. In einer Studie wirkte Kryotherapie bei Warzen an den Händen sowohl besser als Plazebo als auch besser als Salicylsäure. L Kryotherapie ist gleich wirksam wie Salicylsäure. L Kryotherapie und Salicylsäure in Kombination sind wirksamer als Salicylsäure allein. L Aggressive Kryotherapie ist wirksamer als sanfte Kryotherapie, aber mit einem erhöhten Nebenwirkungsrisiko verbunden.
Vulgäre Warzen, auch periungual
(Foto: Marguerite Krasovec Rahmann)
Warzenbehandlung mit Salicylsäure und Vereisung
Salicylsäure zerstört die Kohäsion der Zellen im Stratum corneum und bewirkt dadurch eine Auflösung der Hornschicht (Keratolyse), wobei wahrscheinlich
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Update zur Warzenbehandlung
Abheilungsraten in randomisierten kontrollierten Studien
zur topischen Therapie kutaner Warzen
In einer gepoolten Analyse wurden für die 4 Behandlungsformen mit der besten
Datenlage und für Plazebo folgende mittlere Abheilungsraten errechnet:
L Salicylsäure: 52%
L Kryotherapie kombiniert mit Salicylsäure: 58%
L Aggressive Kryotherapie: 54%
L Sanfte Kryotherapie: 49%
L Plazebo: 23%
(nach Referenz [4])
durch eine leichte Reizwirkung zusätzlich eine Immunantwort provoziert wird (3). Salicylpflaster enthalten Salicylsäure in höherer Konzentration (z.B. Elixan Warzenpflaster, Guttaplast® Pflaster, Wurzeltod Warzenpflaster). In geringerer Konzentration ist Salicylsäure neben anderen Wirkstoffen in Warzentinkturen zur Selbsttherapie enthalten (z.B. Clabin®, Duofilm®, Verramed®, Warz-ab®). Ebenfalls zur Selbsttherapie kann das Warzenmittel EndWarts® eingesetzt werden, das sich die Wirkung von Ameisensäure zunutze macht. Wenn Kryotherapie gewählt werde, sei eine Kälteapplikation von 10 Sekunden zu empfehlen, so der Referent. Diese Applikationszeit liege an der Grenze dessen, was ohne Lokalanästhesie möglich sei. Kurze Intervalle (weniger als 2 bis 3 Wochen) zwischen den Kryotherapiesitzungen sind nicht wirksamer als längere Intervalle, aber mit mehr Schmerzen verbunden. Durch Ausdehnung der Kryotherapie (mehr als 4 Monate oder mehr als 4 Behandlungssitzungen) lässt sich die Abheilungsrate nicht weiter steigern. Bei der in Studien verwendeten Kryotherapie handelt es sich um die bei Dermatologen gebräuchliche Flüssigstickstoffvereisung im Sprayverfahren. Mit den Warzenvereisungsprodukten zur Selbsttherapie (z.B. Scholl Freeze Warzenentferner, Verrukill® Spray, Wartner® Kryotherapie-Spray) werden wesentlich weniger tiefe Gewebetemperaturen erreicht. Dennoch ist auch mit diesen Produkten eine erfolgreiche Warzenbehandlung durchaus möglich (3). Für eine aggressive Kryotherapie (Kälteapplikation von mehr als 10 Sekunden bis maximal 2 Minuten) ist eine Lokalanästhesie erforderlich. Die verlängerte Kälteapplikation steigert zwar die Wirksamkeit, ist aber mit mehr Schmerzen und Blasenbildung verbunden (3).
unguale Warzen als die «Domäne des CO2-Lasers»,
wobei relativ hohe Totalremissionsraten und relativ
lang anhaltende Remissionen erreicht würden. Bei
plantaren Warzen sollte der CO2-Laser dagegen
nicht eingesetzt werden, so der Referent.
Wenn andere Behandlungsmethoden bei hartnäcki-
gen Warzen versagt haben, kann 5-FU intraläsional
injiziert werden oder eine lokale Immuntherapie mit
DCP durchgeführt werden. Zur Behandlung mit in-
traläsional injiziertem Bleomycin sagte der Referent,
dass er diese Therapie seit einigen Jahren nicht mehr
durchführe. Der Cochrane-Review beurteilt den Nut-
zen von intraläsionalem Bleomycin als unsicher und
die Evidenz als nicht konstant (2). Es gibt aber auch
Berichte von Dermatologen über sehr gute Erfolge
bei gewissen Indikationen. Beispielsweise betrachtet
Dr. Markus Streit, Kantonsspital Aarau, intraläsiona-
les Bleomycin aus eigener Erfahrung als Behandlung
der Wahl bei therapierefraktären Plantarwarzen (3).
Auch suggestive Einflüsse können für die Warzenthe-
rapie genutzt werden. Schulmediziner sollten sich
dieser Option nicht verschliessen, so der Referent.
Mit simulierter Strahlenbehandlung konnte bei Kin-
dern mit Hand- und Fusswarzen bei 55 Prozent eine
komplette Heilung und bei 33 Prozent eine Remis-
sion erzielt werden (3). Hypnose bewirkte in anderen
Studien eine bessere Regression der Warzen als
keine Therapie. In einer kontrollierten Studie gelang
es jedoch nicht, die Wirkung einer Behandlung durch
Fernheiler nachzuweisen (3).
L
Alfred Lienhard
Referenzen:
1. Streit M.: Warzen – klinische Bilder und Therapie, Teil 1. Schweiz Med Forum 2014; 14: 634–639.
2. Kwok CS et al.: Topical treatments for cutaneous warts. Cochrane Database Syst Rev 2012.
3. Streit M.: Warzen – klinische Bilder und Therapie, Teil 2. Schweiz Med Forum 2014; 14: 659–669.
4. Kwok CS et al.: Efficacy of topical treatments for cutaneous warts. A meta-analysis and pooled analysis of randomized controlled trials. Br J Dermatol 2011; 165: 233–246.
CO2-Laser und weitere Behandlungsmethoden bei Warzen
Die CO2-Lasertherapie wird zwar im Cochrane-Review nicht erwähnt, erreicht aber sehr hohe Abheilungsraten. Es müsse allerdings mit einer Rezidivrate von mindestens 30 Prozent gerechnet werden, sagte PD Dr. Cozzio. Er bezeichnete periunguale und sub-
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