Transkript
GLOSSE
GLOSSE
Neues aus dem Fumoir Blacklife
MAX KONZELMANN
Als sich Hugo Heim nach der Lungenentzündung zum ersten Mal wieder an den Stammtisch im Fumoir setzte, wollten die Kollegen wissen, wie es in der Hochgebirgsklinik Davos gewesen sei. «Nun, ich war gar nicht dort, mein Chef sagte, geh zu Professor Mielke im Schwarzwald. Dort wurde er nämlich durch das spezielle Klima und ein Medikament, das die Lungenröhren erweitert, von seiner Coop-CD fast ganz geheilt.» «Musst Du jetzt im Bett auch so einen Luftdruckapparat anschnallen wie der Franz?», fragte Kurt Räber. «Nein, aber die Erweiterungspillen nehme ich regelmässig.» Fredi Kamm meinte, das sei verständlich, diese Apparate seien gar nicht für die PCOD, sondern für das Schlaf am Pneu-Syndrom. Er habe selber so einen, denn als Lastwagenchauffeur dürfe er sich keinen Sekundenschlaf leisten. «Warum zahlt denn die Krankenkasse die Behandlung bei dem deutschen Professor, wo wir doch selber gute Lungenspezialisten haben?» ,
fragte Klaus Schweizer. «Das kann ich Dir schon sagen», meinte Beni Wild. «Wir haben doch wegen dieser Klausnummer zu wenig eigene Ärzte». «Aha, Du meinst den Numero Clausius, wo man nur Medizin studieren darf, wenn man eine enorm strenge Eignungsprüfung bestanden hat?» «Genau, darum haben wir jetzt statt einem Ärzteüberschuss zu wenige und müssen Ausländer hereinholen.» «Ja, so einen hatte ich in der Poliklinik auch, er war aus Kasachstan und kam nie recht draus. Als ich zum Beispiel wegen dem Rauchen Auskunft geben musste, wusste er nicht einmal, was Toscani sind und schrieb es in ein Büchlein. Er fragte auch merkwürdige Sachen und wollte von mir unbedingt etwas über die Anna Mehse wissen, obschon ich ihm sagte, dass ich nur mit Vreni Blumer gehe und keine Frau Mehse kenne.» «Zum Glück reagiert jetzt der Bundesrat», meinte Beni, «Johann Schneider-Ammann fordert die Abschaffung des Numero und 100 Millionen Franken, um 250 Schweizer Ärzte auszubilden.» «Ja schon», meint Kurt,
«aber bis die dann endlich da sind, vergehen Jahre und wir müssen weiter importieren. Immerhin gibt es bei den Ausländern auch gute Ärzte wie der deutsche Gynäkologe meiner Frau. Seit er ihr einige Rezepte für afrosididaktische Speisen mitgegeben hat, funktioniert es jetzt wieder fast wie früher.» «Eigentlich sind Schweizer Ärzte nicht automatisch besser», meinte Hugo, als sie heimgingen. Wie ich gelesen habe, muss jetzt das Bundesamt ein Qualitätszentrum bauen, um sie zu verbessern, und neuerdings müssen sie sogar einen Eid schwören, dass sie sich für die Patienten mehr Mühe geben und nicht nur ans Geld denken.» «Meinst Du, das bringt etwas?», fragte Kurt. «Wer weiss, auf alle Fälle werden die Krankenkassenprämien steigen.» Vor dem Einschlafen liess er sich das Gehörte noch einmal durch den Kopf gehen, überzeugt, dass Änderungen im Gesundheitswesen nötig sind und wir ihm kritisch auf die Finger sehen müssen.
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ARS MEDICI 14/15 I 2015