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Titel
Blasenschwäche ist kein Schicksal!
Untertitel
Man kann heute eine Menge dagegen tun
Lead
Viele trauen sich nicht, darüber zu reden, und doch sind so viele davon betroffen: Blasenschwäche, das ist häufiger, nicht unterdrückbarer, starker Harndrang tagüber und nachts oder/und auch unwillkürlicher Harnverlust beim Niesen, Husten, Lachen, Laufen. In der Schweiz leben heute etwa 400 000 Menschen mit Urininkontinenz, eine überwiegende Zahl davon sind Frauen. In der immer älter werdenden Bevölkerung wird diese Zahl in den nächsten Jahrzehnten noch weiter ansteigen. Von medizinischer Seite kann heute viel dafür getan werden, das Leiden zu lindern – je nach «Erkrankungstyp» durch kleine Operationen, Physiotherapie, Veränderungen der Trinkgewohnheiten oder/und durch Medikamente.
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Frauenratgeber
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15067
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F R A U E NR URB AR I KTT IGT EEL B E R

Blasenschwäche ist kein Schicksal!
Man kann heute ein Menge dagegen tun

Viele trauen sich nicht, darüber zu reden, und doch sind so viele davon betroffen: Blasenschwäche, das ist häufiger, nicht unterdrückbarer, starker Harndrang tagüber und nachts oder/und auch unwillkürlicher Harnverlust beim Niesen, Husten, Lachen, Laufen. In der Schweiz leben heute etwa 400 000 Menschen mit Urininkontinenz, eine überwiegende Zahl davon sind

Frauen. In der immer älter werdenden Bevölkerung wird diese Zahl in den nächsten Jahrzehnten noch weiter ansteigen. Von medizinischer Seite kann heute viel dafür getan werden, das Leiden zu lindern – je nach «Erkrankungstyp» durch kleine Operationen, Physiotherapie, Veränderungen der Trinkgewohnheiten oder/und durch Medikamente.

IIn der Schweiz wie in den Nachbarländern zählt die Blasenschwäche zu den am weitesten verbreiteten gesundheitlichen Störungen. Nach wie vor sind viele Betroffene der falschen Ansicht, dass Blasenprobleme mit zunehmendem Alter zwangsläufig entstehen und daher einfach ertragen werden müssen. Blasenschwäche ist zwar keine lebensbedrohliche Erkrankung, für die Betroffenen kann sie aber eine schwer wiegende Einschränkung ihrer Lebensqualität bedeuten. Wichtig ist es, sich dem Arzt oder der Ärztin anzuvertrauen, damit die Ursache der Blasenprobleme geklärt und eine gezielte Therapie eingeleitet werden kann.
Verschiedene Ursachen – verschiedene Behandlungen
Im Krankheitsgeschehen werden verschiedene Formen der Inkontinenz unterschieden. Voraussetzung für die «richtige» Therapie ist die genaue ärztliche Untersu-

chung. Nachfolgend werden die zwei häufigsten Formen erklärt. Dabei gibt es sehr oft Mischformen sowie weitaus seltenere Formen aufgrund anatomischer oder krankheitsbedingter Ursachen. Oft besteht auch ein unkomplizierter oder auch mehrmals jährlich auftretender Harnwegsinfekt durch Bakterieninfektion, welcher durch antibiotisch wirkende Medikamente zu behandeln ist.
Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz)
Bei Frauen mit kontrolliertem Harnabgang (Kontinenz) wird ein plötzlicher Anstieg des Drucks im Bauchraum, wie zum Beispiel beim Husten, auf die Harnröhre übertragen. Dies hat eine Druckerhöhung des Harnröhrenschliessmuskels zur Folge. Bei einer so genannten Belastungsinkontinenz (auch Stressinkontinenz genannt), welche beispielsweise durch Geburten verursacht sein kann, ist die Harnröhre

Zwei typische Fälle
Frau A., 42 Jahre, leidet seit 4 Monaten unter Harnverlust beim Joggen, Niesen, Husten und Lachen. Sie trägt täglich 4 bis 6 Inkontinenzeinlagen. Die Symptome verstärken sich bei voller Blase und während der Menstruation. Aus Angst vor Harnabgang hat Frau A. aufgehört zu joggen. Die weitere Diagnostik bestätigt: Stressinkontinenz
Frau L., 75 Jahre, hat das Gefühl, ständig Wasser lassen zu müssen. Sie geht tagsüber jede Stunde auf die Toilette, und wenn sie draussen unterwegs ist, sucht sie ständig öffentliche Toiletten, weil sie von plötzlichem Harndrang mit nicht unterdrückbarem Urinverlust überrascht wird. Sie braucht 3 bis 4 Einlagen pro Tag. Die weitere Diagnostik bestätigt: Dranginkontinenz

Schematische Darstellung der Stressinkontinenz

Abbildungen: Pfizer

häufig überbeweglich und der Schliessmuskel nicht in der Lage, den plötzlichen Druck auszuhalten. Es kommt zu unfreiwilligem Harndrang (Abbildung links). Bei dieser Inkontinenzform können ein spezielles, konsequent durchgeführtes Beckenbodentraining, ein kleinerer operativer Eingriff, möglicherweise auch der Einsatz von Medikamenten und/oder weitere Massnahmen zu einer deutlichen Besserung, wenn nicht gar zur Heilung der Blasenprobleme führen.

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Organisationen, die weiterhelfen:
Infomaterial, Infoveranstaltungen und
praktische Tipps gibts bei:

Schematische Darstellung der normalen (a) und der überaktiven Harnblase (b)

Überaktive Blase (Reizblase, Drangsymptome)
Manche Menschen haben sehr oft tagsüber, teilweise auch nachts, einen unkontrollierbaren Harndrang, häufig mit einem unwillkürlichen spontanen Verlust grösserer Urinmengen. Sie meinen, ständig auf die Toilette gehen zu müssen. Diese Drangsymptome können durch eine Übererregbarkeit des Blasenmuskels ausgelöst sein. Normalerweise kommt es während der Blasenfüllung zu einem Anstieg des Innendrucks der Blase (intravesikaler Druck), der zunächst tolerier- und kontrollierbar ist. Bei Übererregbarkeit des Blasenmuskels verstärkt sich das Druckgefühl. Übersteigt der Blasendruck den Druck auf den Harnröhrenschliessmuskel, kommt es zu unfreiwilligem Harnabgang. Kann der Urinabgang noch kontrolliert werden, spricht man lediglich von der Reizblase. Weitere Ursachen für Drangsymptome können Harnwegsinfektionen, chronisch entzündliche Erkrankungen, atrophe Schleimhäute oder ein eingeschränktes Fassungsvermögen der Blase (durch Blasensteine, Tumoren oder Zysten) sein (Abbildung oben). Behandelt wird bei der hyperaktiven Blase mit Medikamenten, die entspannend auf die überaktive Blasenmuskulatur einwirken und die der Arzt individuell einsetzen wird, um mögliche Nebenwirkungen zu vermeiden oder gering zu halten. Neben dem gezielten Trink- und Blasentraining

kann auch der Einsatz östrogenhaltiger Präparate (Lokaltherapie oder Hormonersatztherapie mit Pflastern oder Tabletten) bei Frauen in der Menopause erfolgreich sein.
Was kann «frau» selbst tun?
Eines der wichtigsten Ziele muss es sein, genug zu trinken und damit grosse Urinmengen zu produzieren. Diese haben Mehrfachwirkung: Sie verhindern den Entstehungsmechanismus der Reizblasenproblematik und dienen als Schutz vor Harnwegsinfekten, indem sie das Haften von Bakterien an der Blasenwand vermindern und Erreger rasch ausspülen. Erreicht werden soll eine Urinmenge von mehr als 1500 bis 2000 ml über 24 Stunden. Die folgenden Tipps helfen, die empfohlenen Trinkmengen einzuhalten und eine gute Blasenkontrolle zu ermöglichen: ◗ Aus grossen Gläsern trinken ◗ Trinkmenge für den ganzen Tag bereit
stellen ◗ Am Vormittag viel trinken, abends we-
nig ◗ Blase gut entleeren ◗ Toilettengänge aufschreiben («Mikti-
onstagebuch» wie mit dem Arzt besprochen). Daneben wird der Arzt in einigen Fällen ein gezieltes Beckenbodentraining verordnen, das auch zu Hause weitergeführt werden soll.

Diese Seiten dürfen mit Genehmigung des Verlags kopiert und an die Patienten und Eltern weitergereicht werden.

Wir bedanken uns bei PD Dr. D. Perucchini und Dr. Ch. Schneider, Zürich, für die freundliche Durchsicht.

q Schweizerische Gesellschaft für Blasenschwäche Gewerbestrasse 12, 8132 Egg Tel. 01-994 74 30 Fax 01-994 74 31 E-Mail: info@inkontinex.ch Internet: www.blasenschwaeche.ch
Die Gesellschaft hat sich zum Ziel gesetzt, über Vorbeugung, Abklärung und Behandlungsmöglichkeiten in allen die Blasenschwäche betreffenden Fragen zu informieren und zu beraten. Die Arbeit der Beratungsstelle wird von Urologen, GynäkologInnen und GeriaternInnen unterstützt, die langjährige Erfahrung mit der Diagnostik und Behandlung der Blasenschwäche haben und im Vorstand der Gesellschaft mitwirken.
q Gesellschaft für Inkontinenzhilfe, Schweiz Fachorganisation für Harn- und Stuhlinkontinenz Im Neuacher 2, 5454 Bellikon Tel. 056-496 46 73 Fax 056-496 76 92 E-Mail: info@inkogesellschaft.ch Internet: www.inkogesellschaft.ch
Die Fachorganisation, die sich aus ÄrztInnen, Hebammen, Inkontinenz-BeraterInnen, PhysiotherapeutInnen, Pflegenden und ErnährungsberaterInnen zusammensetzt, möchte die Bevölkerung für die Anliegen der Inkontinenz-Betroffenen mit Veranstaltungen sensibilisieren und fördert den Austausch zwischen Fachleuten und Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene.
q Inkontinenzhilfe Schweiz Selbsthilfeorganisation für Betroffene mit Blasenschwäche und Stuhlinkontinenz Adresse: siehe oben: Gesellschaft für Inkontinenzhilfe, Schweiz
Die Organisation bietet Betroffenen die Möglichkeit, sich auszutauschen und den Alltag auch mit Inkontinenz unbeschwert zu meistern. Informationen über Aktivitäten in den Regionen per Telefon oder E-Mail.

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