Metainformationen


Titel
Daumensattelgelenkarthrose
Untertitel
Diagnostik und Behandlungsoptionen
Lead
Patienten mit Daumensattelgelenksarthrose stellen sich dem Hausarzt oder Orthopäden meist aufgrund von Schmerzen und funktioneller Einschränkung vor. Am häufigsten wird diese Form der Arthrose bei postmenopausalen Frauen beobachtet. Die meisten Patienten können primär konservativ behandelt werden. Führt diese Therapie nicht zum Erfolg, sollte die Überweisung an einen Spezialisten erfolgen und die Möglichkeit einer operativen Intervention diskutiert werden.
Datum
Autoren
-
Rubrik
MEDIZIN — Fortbildung
Schlagworte
Artikel-ID
1485
Kurzlink
https://www.rosenfluh.ch/1485
Download

Transkript


Daumensattelgelenksarthrose
Diagnostik und Behandlungsoptionen

FORTBILDUNG

Patienten mit Daumensattelgelenksarthrose stellen sich dem Hausarzt oder Orthopäden meist aufgrund von Schmerzen und funktioneller Einschränkung vor. Am häufigsten wird diese Form der Arthrose bei postmenopausalen Frauen beobachtet. Die meisten Patienten können primär konservativ behandelt werden. Führt diese Therapie nicht zum Erfolg, sollte die Überweisung an einen Spezialisten erfolgen und die Möglichkeit einer operativen Intervention diskutiert werden.
BRITISH MEDICAL JOURNAL
Die Daumensattelgelenksarthrose (Synonyme: Rhizarthrose, Daumenbasisarthrose, Karpometakarpalarthrose) ist das Ergebnis degenerativer Veränderungen im Trapeziometakarpalgelenk. Sie kann als Folge einer Verletzung des Gelenks auftreten oder mit einer allgemeinen Arthroseneigung assoziiert sein. Die betroffenen Patienten stellen sich oft wegen einer Schwäche des Daumens und Schmerzen an der Radialseite der Hand oder des Handgelenks vor. Im Bereich der Daumenbasis kann auch ein Krepitus oder Reiben festzustellen sein. Das Greifen und Halten von Gegenständen ist häufig mit Beschwerden verbunden und wird deshalb möglichst vermieden.
Merksätze
❖ Eine Arthrose des Daumensattelgelenks verursacht Beschwerden und Schmerzen, insbesondere bei Greifbewegungen.
❖ Lassen sich beim axialen Grindtest Schmerzen reproduzieren, spricht das für pathologische Veränderungen am Daumensattelgelenk. Ausser dem Trapeziometakarpal- sollte immer auch das Skaphotrapeziotrapezoidgelenk beurteilt werden.
❖ Bei den meisten Patienten führen nichtoperative Massnahmen wie Verhaltensmodifikation, Schmerzlinderung, Schienenversorgung und Kortikosteroidinjektionen zur Besserung der Beschwerden.
❖ Von den operativen Verfahren hat sich keines als überlegen erwiesen. Jedoch weist die einfache Trapezektomie die geringste Komplikationsrate auf.

In der Literatur wird eine altersadjustierte Inzidenz der Daumensattelgelenksarthrose von 7 Prozent bei Männern und 15 Prozent bei Frauen angegeben. Am häufigsten ist sie bei älteren postmenopausalen Frauen zu beobachten, was möglicherweise damit zusammenhängt, dass die postmenopausalen Hormonveränderungen zu einer Lockerung und Instabilität der Bänder an der Daumenbasis führt. Dass gerade das Daumensattelgelenk häufig von arthrotischen Veränderungen betroffen ist, liegt wahrscheinlich an den grossen Kräften, die beim Greifen und Halten auf dieses Gelenk einwirken.
Diagnostik Die Diagnose der Daumensattelgelenksarthrose basiert auf Anamnese, klinischer Untersuchung und nativen Röntgenaufnahmen. Anamnestische Hinweise, die für eine Rhizarthrose sprechen, sind Schmerzen an der Daumenbasis, die sich bei Greifbewegungen oder beim Halten schwerer Gegenstände verschlimmern. Die Schmerzen können schleichend oder intermittierend auftreten. Es sollte abgeklärt werden, ob auch andere Gelenke symptomatisch sind, und es ist auch an die Möglichkeit einer entzündlichen Polyarthropathie zu denken. Die Daumenbasis kann verdickt und prominent imponieren, was auch als «Shouldering» bezeichnet wird. Ursachen für diese Veränderung sind eine Subluxation des Gelenks, Osteophytenbildung, ein Schwund der benachbarten Muskulatur sowie der ständige Zug der Sehne des M. abductor pollicis longus an der Basis des Daumen-Metakarpal-Knochens. Häufig findet man eine lokalisierte Druckempfindlichkeit im Bereich des Trapeziometakarpalgelenks. Die Schwellung kann auch Folge einer Synovitis sein, und der Muskelschwund kann durch eine Minderbenutzung des Daumens bedingt sein. Beim axialen Grindtest wird der Metakarpalknochen des Daumens abduziert und axialer Druck auf den Daumen ausgeübt. Dabei wird der Metakarpalknochen des Daumens auf dem Os trapezium (Abbildung) alternierend proniert, supiniert oder rotiert. Führt dies zu Schmerzen an der Daumenbasis und zu einem Reiben oder Mahlen, ist der Test positiv und als Hinweis auf eine Läsion im Trapeziometakarpalgelenk zu werten. Wichtig ist auch eine Beurteilung des Skaphotrapeziotrapezoidgelenks, denn wenn die Beschwerden eher auf dieses Gelenk zurückzuführen sind, ist eine Standardtherapie, die allein auf das Trapeziometakarpalgelenk abzielt, nur mässig erfolgreich. Häufig liegt gleichzeitig eine Arthrose des Trape-

ARS MEDICI 4 ■ 2012

179

FORTBILDUNG

Handrücken

Handinnenfläche

Abbildung: Knochen der rechten Hand (schematisch)

A bis H = Handwurzelknochen
A = Os scaphoideum B = Os lunatum C = Os triquetrum D = Os pisiforme E = Os trapezium F = Os trapezoideum G = Os capitatum H = Os hamatum
1 = Radius
2 = Ulna
3 = Ossa metacarpalia

ziometakarpalgelenks und des Skaphotrapeziotrapezoidgelenks vor, und es ist manchmal nicht einfach, die Beschwerden exakt zuzuordnen. Die nativen Röntgenaufnahmen der Hand zeigen bei Daumensattelgelenksarthrose meist die typischen Arthrosezeichen wie Verschmälerung des trapeziometakarpalen Gelenkspalts, Sklerose, zystische Veränderungen, Subluxation des Gelenks und Osteophytenbildung. Es ist wichtig, dass im Röntgenbild sämtliche Gelenke der Hand dargestellt werden. So lässt sich beurteilen, ob ausser dem Trapeziometakarpalgelenk noch weitere Gelenke wie das Skaphotrapeziotrapezoidgelenk betroffen sind oder ob multiple Gelenke verändert sind, was auf eine rheumatoide Arthritis hindeuten könnte. Falls die klinische Untersuchung und die Röntgenbilder keinen eindeutigen Befund ergeben, empfehlen die Autoren Injektionen mit einem Lokalanästhetikum und einem Kortikosteroid zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken.
Nichtoperative Therapie Nichtoperative Strategien sind zwar nicht kurativ, führen jedoch oft zu guten funktionellen Ergebnissen und zu hoher Patientenzufriedenheit. Einfache Modifikationen von Alltagsaktivitäten können Schmerzen und Funktionseinschränkungen im Trapeziometakarpalgelenk effektiv reduzieren. Dabei soll dem Patienten vermittelt werden, wie er das betroffene Gelenk schont und bestimmte Aktivitäten so modifiziert, dass das Gelenk möglichst wenig belastet wird. Hilfreich kann es sein, bestimmte Bewegungen zu vermeiden, die andere Hand mehr einzusetzen oder auch eine Schiene zu tragen. Verhaltensmodifikationen können durch eine Schmerzbehandlung mit einfachen Analgetika oder mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) ergänzt werden. Einfache Analgetika weisen ein günstigeres Sicherheitsprofil auf, NSAR bie-

ten den Vorteil, dass sie nicht nur analgetisch, sondern auch entzündungshemmend wirken. Für welche Substanz man sich entscheidet, hängt vom Einzelfall ab. Physiotherapie und spezifische Übungen werden ebenfalls befürwortet, und es wurde über gute Ergebnisse berichtet, jedoch ist der genaue Wirkmechanismus nicht geklärt. Die Schienenbehandlung ist bei Daumensattelgelenksarthrose einfach durchzuführen und weitverbreitet. Gebräuchlich sind kurze Schienen, die nur das Daumensattel- und das Daumengrundgelenk ruhigstellen, sowie lange Schienen, die zusätzlich das Handgelenk fixieren. Die Schienenbehandlung mit Daumenabduktion kann arthrotisch veränderte Gelenkflächen entlasten und zu einer effektiven Schmerzlinderung führen. Häufig werden die Schienen nachts oder bei bestimmten Aktivitäten getragen. Kortikosteroidinjektionen in das Trapeziometakarpalgelenk können in Ambulatorien und im Rahmen der Primärversorgung verabreicht werden. Nach heutigem Kenntnisstand können Kortikosteroidinjektionen bei sorgfältig selektionierten Patienten Schmerzen effektiv lindern und einen operativen Eingriff hinauszögern oder sogar überflüssig machen, vor allem, wenn die Injektionstherapie mit einer Schienenbehandlung kombiniert wird. Falls sich das arthrotische Gelenk schlecht lokalisieren lässt, können die Injektionen auch unter Röntgenkontrolle verabreicht werden. Wenn sowohl das Trapeziometakarpalgelenk als auch das Skaphotrapeziotrapezoidgelenk betroffen ist, kann eine konservative Kombinationstherapie (Analgesie, Verhaltensmodifikation, Injektionen, Orthesen) zur Behandlung beider Gelenke eingeleitet werden.
Operative Therapie Patienten, deren Lebensqualität durch die Daumensattelgelenksarthrose stark beeinträchtigt wird oder die auf eine konservative Behandlung nicht ausreichend angesprochen

180

ARS MEDICI 4 ■ 2012

FORTBILDUNG

haben, sollten zügig einem entsprechend erfahrenen Chirurgen vorgestellt werden. Für die operative Therapie der Rhizarthrose stehen mehrere Verfahren zur Verfügung. Bei der Abduktions-Extensions-Osteotomie wird ein kleines, keilförmiges Knochenstück aus dem Os metacarpale I entfernt, sodass das Metakarpale neu ausgerichtet werden kann. Ziel ist es, die Kräfte, die auf das Trapeziometakarpalgelenk einwirken, neu zu verteilen und arthrotisch veränderte Gelenkoberflächen zu entlasten. Dieses Verfahren kommt für Patienten mit nicht zu weit fortgeschrittener Daumsattelgelenksarthrose infrage. Die Trapezektomie ist die bei Rhizarthrose am häufigsten durchgeführte Operation. Dabei wird das Os trapezium an der Daumenbasis exzidiert und auf diese Weise das arthrotische Gelenk entfernt. Dieser Eingriff lindert die Schmerzen, doch geht damit ein Verlust an Kraft und Stabilität des Daumens einher. Deshalb wurden zahlreiche Modifikationen der Trapezektomie entwickelt. Eine kürzlich publizierte Übersichtsarbeit kam zu dem Schluss, dass keine der derzeit häufig angewandten Operationsmethoden überlegen ist, dass die einfache Trapezektomie aber mit einer geringeren Komplikationsrate verbunden ist als andere Verfahren.

Eine Arthrodese kommt in Betracht, wenn eine isolierte

Arthrose des Trapeziometakarpalgelenks vorliegt, nichtope-

rative Verfahren versagt haben und hohe funktionelle Anfor-

derungen bestehen. Wenn Schmerzlinderung, Gelenkstabili-

tät und Kraft wichtiger sind als der Gelenkerhalt, kann eine

Arthrodese die richtige Option sein.

Seit vielen Jahren stehen auch künstliche Sattelgelenke zur

Verfügung, die arthrotische Gelenke ersetzen können. Aller-

dings konnten bisher noch keine wesentlichen Vorteile der

Gelenkersatzchirurgie im Vergleich zur Trapezektomie oder

zur Arthrodese nachgewiesen werden.

Ist das Skaphotrapeziotrapezoidgelenk arthrotisch verändert,

und lassen sich die Beschwerden durch konservative Mass-

nahmen nicht ausreichend lindern, empfehlen die Autoren

eine lokale Fusion. Allerdings sind Komplikationen keine

Seltenheit.

Andrea Wülker
Anakwe RE et al.: Osteoarthritis at the base of the thumb. BMJ 2011; 343:d7122 doi: 10.1136/bmj.d7122
Interessenlage: Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

ARS MEDICI 4 ■ 2012

181