Transkript
INTERVIEW
«Für die Schweiz liegt aber eher noch ein Undertreatment mit TNF-Hemmern vor»
Ein Interview mit dem Gastroenterologen Gerhard Rogler zum Management bei entzündlichen Darmerkrankungen
Zur Person
Prof. Dr. med. Dr. phil. Gerhard Rogler hat neben einem abgeschlossenen Philosophiestudium mit dem Schwerpunkt Wissenschafts- und Erkenntnistheorie eine Ausbildung zum Facharzt Innere Medizin, Spezialgebiet Gastroenterologie, durchlaufen. Er hält seit 2007 die ausserordentliche Professur für Gastroenterologie und Hepatologie (Novartis-Professur) an der Universität Zürich und ist Leitender Arzt an der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital Zürich, Zürcher Zentrum für Integrative Humanphysiologie (ZIHP), Universität Zürich.
Diagnostik und Therapie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen können sich heute auf viele Optionen stützen. Dies erfordert aber ein individuell sorgfältig abwägendes Vorgehen.
ARS MEDICI: Kortikosteroide sind bei akuten Schüben eine bewährte Therapie. Wie hoch muss man dosieren? Prof. Gerhard Rogler: Eine fixe Dosierung für Kortikosteroide bei entzündlichen Darmerkrankungen existiert nicht. Im Allgemeinen werden bei einem schweren akuten Schub entweder 60 mg pro Tag verabreicht, oder es wird 1 mg/kg KG gegeben. Dabei muss jedoch bedacht werden, wie häufig der Patient Durchfälle hat. Wenn die Durchfallfrequenz sehr hoch ist, ist die Resorption oraler Steroide deutlich erniedrigt und eine intravenöse Gabe anzustreben.
ARS MEDICI: Wie lange darf man Steroide verordnen? Rogler: Eine Vergleichsstudie zwischen schnellem und langsamem Ausschleichen einer Steroidmedikation nach Erreichen einer Beschwerdefreiheit (Remission) erbrachte keine Unterschiede. Sowohl die Dosis wie auch die Schnelligkeit des Ausschleichens von Kortikosteroiden sollten also an die individuelle Situation angepasst werden. Die früher angegebenen Standards sind heutzutage obsolet. Im Einzelfall bei einem mäs-sigen Schub kann es zum Beispiel auch sinnvoll sein, nur mit 20 mg Steroid zu therapieren. Bei einem Befall im terminalen Ileum ist ohnehin Budesonid (Budenofalk®, Entocort®) vorzuziehen, da es zwar etwas weniger effektiv ist, dafür aber kaum Nebenwirkungen hat. Im Allgemeinen sollte eine Steroidtherapie nie länger als drei Monate gegeben werden,
sonst ist mit langfristigen schweren Nebenwirkungen zu rechnen. Sollte sich eine Steroidrefraktärität oder -abhängigkeit zeigen, sind die Symptome also nicht vollständig zu beseitigen oder treten sie nach Steroidreduktion frühzeitig wieder auf, muss eine alternative Therapie, beispielsweise mit Immunsuppressiva, eingeleitet werden.
ARS MEDICI: Angesichts der Komplikationen einer längerfristigen Steroidtherapie stellt sich die Frage, womit man Patienten am ehesten in eine steroidfreie Remission bringt. Rogler: Die Komplikationen der längerfristigen Steroidtherapie widersprechen nicht dem Ansatz, grundsätzlich zunächst einmal einen Steroidstoss durchzuführen, der durchaus bei einem Drittel der Patienten eine langfristige steroidfreie Remission bringen kann. Auch wenn Immunsuppressiva wie zum Beispiel Azathioprin (Imurek®, Azarek®, Azaimun®) oder 6-Mercaptopurin (Purinethol®) eingesetzt werden, sollten zur Induktion der Remission Steroide verabreicht werden. Die Remissionserhaltung erfolgt dann mit dem Immunsuppressivum. Die Effizienz von Azathioprin und 6-Mercaptopurin ist klar besser, wenn durch Steroide eine Remission erreicht werden konnte. Nur wenn das nicht gelingt, muss an eine andere Induktionsmedikation gedacht werden. Auch Operationen sind in die Überlegungen mit einzubeziehen, wobei die Gefahren einer langfristigen Medikation gegen das Risiko der Operation abzuwägen sind.
ARS MEDICI: Welche weiteren Optionen bestehen, wenn mit den traditionellen Immunsuppressiva wie Azathioprin oder Methotrexat kein ausreichender Therapieerfolg zu erzielen ist? Rogler: Neben den traditionellen Immunsuppressiva wie Azathioprin oder Methotrexat sind heute in der Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen die AntiTumornekrosefaktor (TNF-)Antikörper (Cimzia®, Humira®, Remicade®), sogenannte Biologika, fest etabliert. In einzelnen Studien sind sie zur Induktion einer Remission deutlich effizienter als Azathioprin oder 6-Mercaptopurin. Eine dieser Studien hat gezeigt, dass die Kombination von Immunsuppressiva und TNF-Blocker noch effektiver ist. Die TNF-Blocker haben insbesondere den Vorteil, dass sie – bei jenen Patienten, die gut auf diese Medikamente ansprechen – eine Remission sehr schnell herbeiführen können. Die klassischen Immunsuppressiva brauchen dafür sehr viel länger. Der optimale Azathioprineffekt ist erst nach 12 bis 16 Wochen, der Methotrexateffekt oft erst nach 8 bis 10 Wochen zu erreichen.
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ARS MEDICI: Der aggressive Einsatz von TNF-Hemmern hat auch Kritiker gefunden. Wo liegen die Probleme? Rogler: Medikamente sollten grundsätzlich nicht aggressiv eingesetzt werden. Es muss immer eine sinnvolle Nutzen-Risiko-Überlegung zugrunde liegen. Wir wissen aus epidemiologischen Studien, dass ein Viertel der Patienten mit Morbus Crohn möglicherweise effizient mit 5-Aminosalicylsäure (Mesalazin, Asacol®, Asazine®, Pentasa®, Salofalk®) zu behandeln ist. Die klassischen Präparate hierzu wurden weitgehend aus den Leitlinien entfernt oder wurden dort ignoriert, weil immer mehr Daten aus spezialisierten Zentren erhoben werden. Wenn man aber wirklich bevölkerungsbezogen schaut, ist es doch ein Viertel der Patienten, der sehr gut auf diese Medikamente anspricht. Neben den Kosten einer Biologikatherapie sind natürlich auch die Infektionsrisiken zu beachten. TNF-Blocker schliessen das Risiko von schweren systemischen Infektionen ein, was auf die traditionellen Immunsuppressiva, aber auch für die hoch dosierten Steroide ebenfalls zutrifft. Vonseiten der amerikanischen Kollegen ist häufig der Satz «Don’t undertreat your patients» zu hören. Bei einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Analyse muss aber auch der Grundsatz «Don’t overtreat your patients» gelten. Wenn ich Patienten, die einer Anti-TNF-Therapie definitiv nicht bedürfen, eine solche zukommen lasse, setze ich sie einem unnötigen Infektionsrisiko aus. Insofern ist die Kritik am Topdown-Ansatz, bei dem alle Crohn-Patienten primär eine Kombination von Immunsuppressivum und TNF-Hemmer erhalten, sicherlich berechtigt. Zudem zeigt die SONIC-Studie, dass letztlich nur jeder Zehnte wirklich von dieser Kombinationstherapie profitiert. Die «Number needed to treat» ist also 10. Daher plädieren die Kritiker gegen eine pauschale Behandlung aller Patienten mit TNF-Hemmern und für eine sorgfältig abgewogene Behandlung jener Patienten, die wirklich einen Bedarf haben. Für die Schweiz ist aber zu sagen, dass eher noch ein Undertreatment mit TNF-Hemmern vorliegt.
ARS MEDICI: Welche Punkte sollten in der Diskussion von Behandlungsrisiken mit den Patienten zur Sprache kommen? Rogler: Unter TNF-Hemmern kann eine latente Tuberkulose wieder ausbrechen. Durch unsere Vorsichtsmassnahmen wie Interferon-Gamma-Release-Tests und Röntgenaufnahme der Lunge konnten wir in der Schweiz das Risiko drastisch senken, sodass in den letzten Jahren praktisch keine Tuberkulosefälle mehr aufgetreten sind. Sicherlich muss ebenfalls über das Risiko schwerer Infektionen gesprochen werden. Insgesamt ist es jedoch so, dass das Infektionsrisiko auch unter längerfristig gegebenen Steroiden und unter den klassischen Immunsuppressiva erhöht ist. Sollte eine Hepatitis B oder C vorliegen, kann sich diese verschlechtern. Darüber hinaus sollte man mit den Patienten auch über das leicht erhöhte Risiko eines Lymphoms sprechen, wozu auch die FDA auffordert.
ARS MEDICI: Selbst die neueren Biologika sind allein oder mit einem Immunsuppressivum nicht in jedem Fall in der Lage, eine Remission einzuleiten und zu erhalten. Was dann? Rogler: Heute sind etliche weitere Substanzen in Entwicklung, die ein Potenzial für die Therapie des Morbus Crohn haben. Wir sind in der Schweiz in der glücklichen Lage, in den letzten Jahren wieder vermehrt bei solchen internationalen Multizen-
terstudien berücksichtigt zu werden. Dies geht nur aufgrund der hervorragenden Kooperation mit den niedergelassenen Kollegen, die uns Patienten für solche Studien zuweisen. Die Durchführung solcher Studien auch in der Schweiz ist essenziell, damit man neue Medikamente entwickeln kann.
ARS MEDICI: Wann kommen Operationen zum Zug? Rogler: Wie schon erwähnt ist eine Operation beim komplizierten Morbus Crohn immer eine Möglichkeit. Der Eingriff sollte möglichst schon dann diskutiert werden, wenn noch keine Komplikationen vorliegen. Wenn es zu Fisteln, Perforationen oder Stenosen gekommen ist, muss die Operation oft notfallmässig und mit einem höheren Komplikationsrisiko durchgeführt werden. Meistens wird zu spät operiert, weil man eine Operation in jedem Fall vermeiden will. Sollte eine Operation unbedingt vermieden werden, und sind alle gängigen Therapien schon durchgeführt, gibt es auch noch Substanzen, die eher selten eingesetzt werden. Hierzu zählt beispielsweise Cyclophosphamid (Endoxan®), das in einer Dosierung von 750 mg alle vier Wochen in spezialisierten Zentren verabreicht werden kann und für das es inzwischen in mehreren kleineren Studien eine gute Evidenz gibt. Als Ultima Ratio kommt auch eine Stammzelltransplantation infrage. Hierzu wird die europaweite ASTIC-Studie durchgeführt. Auch in Zürich wurden bisher zwei Patienten stammzelltransplantiert. Bei beiden Patienten war eine drastische Besserung der Darmentzündung zu bemerken. Die Stammzelltransplantation hat aber bei Fistelkomplikationen weniger Effekt.
ARS MEDICI: Welches sind aus internistischer Sicht die Zielvorstellungen für das chirurgische Vorgehen? Rogler: Sicherlich muss zum einen eine ausreichende Resektion erfolgen, das heisst, ein strikturierter Darmabschnitt muss entfernt werden. Andererseits sollte so wenig Darm wie möglich entfernt werden. Es ist sicher nicht sinnvoll, eine «Resektion im Gesunden» durchzuführen, also möglichst alle entzündeten Darmabschnitte zu entfernen, weil wir wissen, dass gerade an der Anastomose ein hohes Risiko für ein Wiederauftreten der Entzündung besteht. Darüber hinaus müssen Komplikationen wie Abszesse oder enterische Fisteln komplett reseziert werden, denn hier sind die konservativen Möglichkeiten sehr beschränkt.
ARS MEDICI: Was sagen Sie einem Patienten oder einer Patientin mit Colitis ulcerosa und Angst vor der Kolektomie? Rogler: Die Gründe, bei der Colitis ulcerosa eine Kolektomie durchzuführen, sind sehr unterschiedlich. Bei Patienten, die eine extrem hohe Krankheitsaktivität haben, die durch keine medikamentöse Behandlung unter Kontrolle zu bringen ist, ist die Angst vor einer Kolektomie oft vorhanden, aber nicht so stark ausgeprägt. Diese Patienten versprechen sich vom Eingriff eine Verbesserung der Situation, die auch fast immer erreichbar ist. Nach einer Kolektomie haben die Patienten 6 bis 8 Stuhlgänge aus dem Pouch pro Tag. Das ist im Vergleich zu 20 blutigen oder schmerzhaften Durchfällen immer eine Verbesserung. Die Angst vor einer Kolektomie ist bei Patienten besonders hoch, denen die Operation wegen intraepithelialer Neoplasien in den Vorsorgekoloskopien empfohlen wird. Bei ihnen besteht gleichzeitig noch die Angst vor
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einem Kolonkarzinom. Wir vermitteln unseren Patientinnen und Patienten im Allgemeinen Gespräche mit Betroffenen, bei denen bereits eine Kolektomie durchgeführt wurde. Als Arzt darüber zu sprechen, kann immer der Informationsweitergabe dienen, mit einem persönlich Betroffenen zu sprechen, hat jedoch viel weiter reichende Wirkungen. Bisher hat sich herausgestellt, dass ein solches Gespräch immer förderlich für die Entscheidungsfindung war.
ARS MEDICI: Wann kommen bei chronischer Proktitis oder Kolitis topische Präparate zum Einsatz? Sollten diese häufiger verordnet werden? Rogler: Grundsätzlich sollten bei einer Proctitis ulcerosa oder linksseitigen Kolitis immer zunächst topische Präparate (Rektalschaum, Klysmen) zum Einsatz kommen, deren höhere Effizienz im Vergleich zu systemischer Therapie vielfach belegt ist. Primär mit einer oralen Therapie zu beginnen, ist nur bei denjenigen Patienten sinnvoll, die eine topische Therapie auf keinen Fall tolerieren, etwa wenn die perianale Haut zu stark entzündet ist. Insgesamt wird die topische Therapie nach wie vor noch zu wenig eingesetzt, weil die Studiendaten nicht bekannt sind oder weil es möglicherweise unangenehm ist, mit dem Patienten diese topische Therapie zu besprechen. Unserer Erfahrung nach sind die Patienten jedoch sehr gerne bereit, diese topische Behandlung zu akzeptieren, wenn sie einmal angesprochen wird.
ARS MEDICI: Welchen Stellenwert haben rein symptomatische Therapien? Rogler: Die antientzündliche Therapie sollte immer durch eine symptomatische Therapie unterstützt werden. Gegen den Einsatz von Loperamid zum Beispiel bestehen keine Einwände. Eine stuhlregulierende Therapie mit Metamucil® (indischer Flohsamen) ist sicherlich ebenfalls sinnvoll. Auch Buscopan® zur Krampflösung kann eine sinnvolle Massnahme sein. Inzwischen gibt es gute Hinweise dafür, dass auch eine Eisensubstitution, selbst wenn noch keine eigentliche Anämie, jedoch ein Eisenmangel vorliegt, eine positive Wirkung auf den Gesamtzustand der Patienten hat. Es gibt aber klare Hinweise dafür, dass einige oral verfügbare Präparate zu einer Verstärkung der intestinalen Symptome führen. Wir haben heute gut verträgliche intravenöse Eisenpräparate zur Verfügung, die die Therapie der Wahl bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen darstellen.
ARS MEDICI: Welche Medikamente dürfen Patienten mit chronischen Darmentzündungen nicht einnehmen? Rogler: Im Bereich der Schmerzmittel ist klar zu unterscheiden zwischen solchen, die keine Verschlechterung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen verursachen, und solchen, die das tun. Leider gehören zu den Standardschmerzmitteln Diclophenac, Naproxen und Ibuprofen. Für diese konnte 2006 nachgewiesen werden, dass sie bei bis zu einem Viertel der Patienten innerhalb von neun Tagen zu einem Schub der chronisch entzündlichen Darmerkrankung führen. Im Gegensatz hierzu sind Schmerzmittel wie Novalgin® oder Tramal® gut verträglich, auch Dafalgan® kann verabreicht werden. Acetylsalicylsäure ist möglicherweise auch relativ ungefährlich. Wenn hier Zweifel bestehen, ist es immer am besten, mit einem Spezialisten Rücksprache zu halten. Wir
geben unseren Patienten inzwischen eine standardisierte Liste von Medikamenten mit, die vertragen werden oder nicht. Dies kann verhindern, dass junge Patienten mit Sporttraumata etwa beim Snowboarden von Sportärzten und Orthopäden mit Voltaren® behandelt werden.
ARS MEDICI: Welche Therapien kommen für Frauen mit Kinderwunsch beziehungsweise für Schwangere überhaupt infrage? Rogler: Die meisten etablierten Therapien für chronisch entzündliche Darmerkrankungen sollten auch in der Schwangerschaft und bei Kinderwunsch fortgeführt werden. Eine Schwangerschaft wird kaum entstehen, wenn eine ausgeprägte Entzündungssituation im Becken vorhanden ist. Die einzigen Medikamente, die definitiv bei Kinderwunsch nicht verabreicht werden dürfen, sind Methotrexat und Cyclophosphamid. Fast alle anderen Substanzen sind in grossen Reihenuntersuchungen untersucht worden und haben sich als ungefährlich herausgestellt. Zwar gibt es bei Azathioprin eine erhöhte Frühgeburtsrate, diese ist jedoch vermutlich auf die chronisch entzündliche Darmerkrankung und deren Aktivität zurückzuführen und nicht eigentlich auf das Medikament. Bei Männern mit Zeugungswunsch gilt gegenüber Sulfasalazin Zurückhaltung, da Untersuchungen eine reduzierte Spermienqualität ergeben haben.
ARS MEDICI: In welchen Situationen ist eine Endoskopie zwingend, wann kann auf sie verzichtet werden? Rogler: Stuhlmarker der Entzündung wie Calprotectin ermöglichen es uns immer mehr, den Verlauf zu beurteilen, ohne dass eine Endoskopie notwendig ist. Bei der Colitis ulcerosa ist sicherlich die Überwachungskoloskopie zur Tumorprophylaxe notwendig. Das erste Mal sollte bei einer Pankolitis nach acht Jahren nochmals endoskopiert werden. Beim Morbus Crohn sollte dann endoskopiert werden, wenn die klinische Situation unklar ist und sich aus der Endoskopie therapeutische Konsequenzen ableiten lassen. Dies sollte überhaupt der Grundsatz sein: Endoskopieren nur, wenn sich daraus therapeutische Konsequenzen ergeben können. Die reine Überwachungskoloskopie zur Therapiekontrolle ist in den allermeisten Fällen obsolet. Nach Operationen wie beispielsweise der Ileozökalresektion hat es sich durchgesetzt, nach sechs Monaten zu endoskopieren, um frühzeitig ein Rezidiv zu erkennen.
ARS MEDICI: Wann kann eine Abdomensonografie als alterna-
tive diagnostische Massnahme durchgeführt werden?
Rogler: Der Ultraschall wird leider insgesamt viel zu selten
eingesetzt. Er gibt Auskunft über die Darmwanddicke, kann
Stenosen und Fisteln nachweisen und ersetzt inzwischen
schon häufig die Schnittbildgebung. Der Stellenwert der
Abdomensonografie in der Verlaufskontrolle ist als sehr hoch
einzustufen. Wenn es um den Begriff der kompletten Ab-
heilung («Mucosal Healing») und der Beendigung einer lang-
zeitigen Therapie geht, kann sie die Endoskopie aber nicht
ersetzen.
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ARS MEDICI: Herr Professor Rogler, wir bedanken uns für das Interview.
Das Interview führte Halid Bas.
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