Transkript
EDITORIAL
Sie ist seit 2007 in Kraft, die «Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über
Lebensmittel», die sogenannte Health-Claim-Verordnung der EU. Hersteller von Lebensmitteln können Health-ClaimAnträge bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) einreichen. Ziel der Verordnung: Jede Angabe über den gesundheitlichen Nutzen des Produkts muss wissenschaftlich nachgewiesen sein. «Kalzium ist gut für Ihre Knochen» oder «Omega-3Fettsäuren senken den Cholesterinspiegel» gelten als allgemeine Claims. Mehr als 40 000 Anträge auf Claims dieser Art gingen bisher bei
sind Aussagen über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos wie «Verringert den Cholesterinspiegel» oder «Senkt das Risiko für Herz-KreislaufKrankheiten». Auch in diesen Fällen müssen die Antragsteller wissenschaftliche Nachweise erbringen, die den behaupteten Effekt belegen. Insgesamt 1600 Werbeaussagen hat die Efsa bereits verboten. Gut gemeint oder Entmündigung der Bürger? Bürokratischer Leerlauf oder notwendiger Schutz der dummen Konsumenten vor den schlauen Werbern? Die Nagelprobe käme, wenn sich die EU entschlösse, auch politische Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und zu verbieten beziehungsweise zu genehmigen. Schliesslich, warum soll man nicht auch das dumme Stimmvolk und die ahnungslosen Wählenden vor den
Die Dummen schützen!
der Efsa ein. Die EU-Behörde hat die Liste inzwischen auf 4186 reduziert. Ursprünglich sollte im Januar 2010 eine Positivliste der erlaubten Werbeaussagen veröffentlicht werden. Doch leider sind bisher erst knapp tausend Anträge abgearbeitet. Daneben wurden bis dato 280 Anträge für «gesundheitsbezogene Angaben im Hinblick auf neue Wirkungen» eingereicht, wie zum Beispiel «Actimel unterstützt das natürliche Abwehrsystem im Darm» oder «Activia hilft mit (…) das Darmwohlbefinden zu verbessern». Von diesen sogenannten individuellen Health Claims, die nur für ein bestimmtes Produkt gelten, sind 80 abgearbeitet. Eine dritte Kategorie von Health Claims
leeren Versprechen von Politikern und den Behauptungen politischer Interessenvertreter bewahren? Eben. Behauptungen wie «Managed Care führt zu Kosteneinsparungen und verbessert die medizinische Qualität» wären dannzumal erst einer EU-Behörde vorzulegen. Spannend, auf Basis welcher Unterlagen solche Aussagen durchgingen oder verboten würden und vor allem – wer derartige Entscheide treffen würde.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 6 ■ 2012
257