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FORUM
PULSUS ist bereit für Abstimmungskampf zu «Managed Care»
Kämpferische Töne waren an der Generalversammlung der Vereinigung PULSUS vom Mittwoch, 7. März 2012, in Luzern zu hören. PULSUS ist die Organisation, die entscheidend zum Zustandekommen des Referendums gegen die Managed-Care-Vorlage beigetragen hat. «Nun wollen und werden wir auch die Abstimmung vom 17. Juni 2012 gewinnen», sagte Präsident Prof. Dr. med. Marcus M. Maassen.
«Managed Care» war das beherrschende Thema an der Generalversammlung der Vereinigung PULSUS. Das vergangene Jahr stand ganz im Zeichen der Unterschriftensammlung gegen die KVG-Revision «Managed Care». Schliesslich kamen 131 000 gültige Unterschriften zusammen. Das ist die drittgrösste Unterschriftenzahl für ein Referendum in der Geschichte der Schweiz. Fast die Hälfte davon, nämlich 60 000, stammen von der Vereinigung PULSUS. Jetzt bereitet sich PULSUS intensiv auf den Abstimmungskampf vor. «Wir wollen und werden die Abstimmung vom 17. Juni 2012 gewinnen», sagte Präsident Prof. Dr. med. Marcus M. Maassen an der Generalversammlung.
Lange Wartelisten und verdeckte Rationierungen Gastreferent Dr. med. Marco Bianchetti, Mitinhaber einer Augentagesklinik in Sursee, legte dar, aus welchen Gründen die Einführung von Managed Care sowohl für Patienten als auch für Ärzte negative Folgen hätte. Marco Bianchetti erläuterte anhand von Daten aus Ländern, in denen Managed Care bereits eingeführt wurde, die Auswirkungen von Ärztenetzwerken mit Budgetmitverantwortung auf die Patientinnen und Patienten. Kosteneinsparungen würden nur, falls überhaupt, durch lange Wartelisten für Untersuchungen und Behandlungen sowie verdeckte Rationierungen erreicht.
Angestellte Funktionäre statt selbständige Ärzte «Mit der Einbindung in Netzwerke werden aus selbständigen Ärzten angestellte Funktionäre», zeigte sich Marco Bianchetti überzeugt. Das gelte im gleichen Masse sowohl für Grundversorger als auch für Spezialärzte. «Es ist nicht wahr, dass es bei Managed Care um einen Kampf zwischen Grundversorgern und Spezialärzten geht», sagte Marco Bianchetti. «Die Grundversorger werden unter dem neuen Regime fast noch mehr leiden als die Spezialisten. Wer einmal in einem Netzwerk drin ist, kann kaum mehr aussteigen, weil er sonst seinen gesamten Patientenstamm verliert.»
fast allen lukrativen Privatkliniken der Fall ist. Bei Managed Care geht es nicht um den Kampf von Grundversorger gegen Spezialist, sondern von Grosskonzernen gegen Kleinunternehmer. Den durch Rationierungen erzielten Gewinn der Ärztenetzwerke werden die internationalen Multis abschöpfen. Finanzieren werden ihn die Prämienzahler.»
«Kick-backs» und Korruption
Ärztenetzwerke können mit Vertrags-
partnern, Lieferanten oder bei der
Zusammenarbeit mit Angehörigen an-
derer Gesundheitsberufe Rabatte und
sogenannte «Kick-backs» vereinbaren.
Dies sei äusserst problematisch, sagte
Marco Bianchetti. Das Gesetz schreibe
vor, dass die medizinischen Versorger
bei der Zusammenarbeit mit Angehö-
rigen anderer Gesundheitsberufe aus-
schliesslich die Interessen der Patienten
zu wahren hätten und verpflichtet
seien, unabhängig von finanziellen
Interessen zu handeln. Der Referent
zitierte zu diesem Punkt aus einer Stu-
die der Firma Medvice: «Eine Ver-
pflichtung gegenüber den Krankenkas-
sen tangiert dieses Verhältnis und birgt
das Risiko der Korruption, insbeson-
dere wenn es, wie in der Budgetmit-
verantwortung von Managed-Care-
Modellen, mit Gewinn- oder Verlust-
beteiligung verbunden ist.»
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Weitere Auskünfte: Paul Felber Mediensprecher PULSUS Tel. 079-467 24 43
PULSUS – Für eine freie und sozial verantwortbare Medizin
PULSUS ist eine standespolitisch, geografisch und parteipolitisch unabhängige Vereinigung von Praktikern aus dem Gesundheitswesen. PULSUS kämpft gegen überbordende Regulierungen im Gesundheitswesen, gegen ein Diktat der Krankenkassen und eine bürokratische Staatsmedizin. Die Vereinigung hat rund 4500 Mitglieder.
Internationale Multis kaufen Ärztenetzwerke Mit den Ärztenetzwerken werde das Gleiche passieren wie mit den Privatkliniken in der Schweiz, prophezeite Marco Bianchetti. «Hoher Konkurrenzdruck unter den Netzwerken führt zu Fusionen und macht sie für Übernahmen attraktiv. Irgendwann werden sie von internationalen Multis aufgekauft und streng nach gewinnorientierten Vorgaben geführt, wie das heute bei
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ARS MEDICI 7 ■ 2012