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Hinweise zur Aknetherapie
MEDSCAPE
Im letzten Jahr sind einige
Verfeinerungen bei der
Therapie der Akne diskutiert
worden.
Antibiotika
Für Diskussionen unter Dermatologen hat die Anregung gesorgt, Doxycyclin in der Behandlung der Akne in einer sehr tiefen Dosierung zu verordnen, sodass Wirkstoffspiegel unterhalb der minimalen inhibitorischen Konzentration (MIK) entstehen. Diese so genannten Sub-MIK-Dosen sollen die Spiegel von Interleukin-1 und -6 sowie die Enzymaktivität von Metalloproteinasen senken, die als Entzündungsmediatoren gelten. Die Sub-MIK-Dosis für Doxycyclin (z.B. Vibramycin®) beträgt 20 mg zweimal täglich (anstatt 1 x 50 mg/Tag, was über der MIK liegt). Sub-MIK-Dosen sollen die Entzündung bei Akne ohne Resistenzerzeugung, Fotosensitivitätsprobleme und Hefeinfekte eindämmen. In einer Phase-II-Studie mit 2 x 20 mg/Tag Doxycyclin über sechs Monate ergab sich eine über 50-prozentige Reduktion von Komedonen und entzündlichen Läsionen. Sichtbar wurde der Effekt allerdings erst nach zwei Monaten, was diese Dosierung eher für die Erhaltungstherapie als zur Induktion attraktiv erscheinen lässt, schreibt Arthur C. Huntley in einer knappen Übersicht über neue Entwicklungen in der Aknetherapie auf der InternetFortbildungsplattform www.medscape. Bei schwerer Akne ist Cotrimoxazol (Bac-
trim® u.v.a.) eine Option, vor allem, wenn Isotretinoin (Roaccutan® und neuerdings die Generika Isotretinoin-Mepha®, Liderma® und Tretinac®) nicht eingesetzt werden kann. Manche Dermatologen behaupten sogar, dass der Therapieerfolg ebenso eindrücklich ausfalle wie unter Isotretinoin – allerdings hält er nach Absetzen nicht an, wie bei dem Retinoid. Aber wie sicher ist die Langzeitbehandlung? Offenbar treten Nebenwirkungen fast immer während der ersten vier bis sechs Wochen zu Tage. Dennoch erscheint eine periodische Kontrolle der Laborparameter ratsam. Eine Möglichkeit zur Dosisreduktion besteht in der Verordnung einer Cotrimoxazol-Tablette vor dem Zubettgehen, dies mit der Vorstellung, dass die Nieren nachts weniger aktiv sind und die Ausscheidung der Wirkstoffe somit erst am nächsten Morgen einsetzt, so Huntley.
Isotretinoin-Versager, die keine sind
Viele Patienten, die als Isotretinoin-Versager eingestuft werden, haben nicht zur Akne gehörige Läsionen oder komplizierende Faktoren, die es zu identifizieren und gezielt zu behandeln gilt. Manche Aknepatienten leiden unter massiven follikulären Papeln auf Stirn und manchmal auch Schultern. Diese follikuläre Erscheinung ist von der Akne verschieden und kann eine Antwort auf ein Überhandnehmen des Pilzes Pityrosporum sein. Dagegen hilft eine antimykotische Therapie. Lokale Anwendung von Selendisulfid (Selsun®) kann ausreichend sein, allerdings vertragen manche Aknepatienten dies nicht für längere Zeit. Dann ist bei Pytorosporum-induzierten follikulären Papeln eine perorale Behandlung mit Keto-
Merk-
sätze
q Bei schwerer Akne ist Cotrimoxazol eine Therapieoption, wenn Isotretinoin nicht gegeben werden kann.
q Viele Patienten, die als Isotretinoin-Versager eingestuft werden, haben nicht zur Akne gehörige Läsionen oder komplizierende Faktoren, die es zu identifizieren und gezielt zu behandeln gilt.
q Fasst man bei Aknepatienten eine Isotretinoin-Behandlung ins Auge, sollte man auf granulomatöse Veränderungen (verkrustete Läsionen oder Blut am T-Shirt) achten und die Therapie in sehr niedriger Dosierung beginnen.
q Androgenüberschuss kann die Wirkung einer IsotretinoinBehandlung bei jungen Frauen beeinträchtigen; zu erwägen sind dagegen wirksame Kontrazeptiva.
q Auch ein Hyperinsulinismus bei starkem Übergewicht kann die Androgenproduktion stimulieren; dann hilft eine Abmagerungsdiät auch gegen Akne.
conazol (Nizoral®) eine weitere Option. Ketoconazol ist im Gegensatz zu anderen Imidazolen lipophil. Eine typische Dosierung ist 200 mg/Tag während fünf Tagen, gefolgt von 400 mg einmal pro Woche
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Hinweise zur Aknetherapie
während fünf Wochen (insgesamt 15 Kapseln). Die gleichzeitige Einnahme von Grapefruitsaft kann den Effekt verstärken. Obwohl Ketoconazol antiandrogene Eigenschaften besitzt, spricht der rasch einsetzende Effekt eher für einen antifungalen Wirkmechanismus. Bei einigen Isotretinoin-«Versagern» liegt eine genetische Disposition vor, die längliche Epithelzungen von der primären Akneläsion in die Umgebungen einwachsen lässt, ähnlich wie dies bei Schweissdrüsenabszessen oder Pilonidalzysten vorkommt. Die Patienten beschreiben das dann oft als wachsende Zysten. Das Problem kommt vor allem bei Teenagern, aber auch bei viel jüngeren Patienten vor. Therapie ist hier die intraläsionale Kortikoid-Injektion unter häufigen Kulturabnahmen und nötigenfalls antibiotischer Behandlung. Persistieren derartige Läsionen, hilft nur die Exzision. Exzessive Bildung von Granulationsgewebe äussert sich als hämorrhagische, verkrustete Läsionen bei Patienten, die Isotretinoin einnehmen (am häufigsten unter der Standarddosierung von 1 mg/kg KG p.os, aber sogar bei topischer Applikation). Das Erscheinungsbild gleicht nicht einem Aufflackern der Akne, sondern eher einem pyogenen Granulom. Instinktiv würde man hier die Isotretinoin-Dosis heraufsetzen. Doch dies ist falsch: Es drohen Fieber, Arthralgien und Absenzen in der Schule oder bei der Arbeit. Der richtige Schritt ist eine Reduktion der Isotretinoin-Dosis. Das Phänomen hat noch eine weitere praktische Bedeutung: Fasst man bei Aknepatienten eine Isotretinoinbehandlung ins Auge, sollte man auf granulomatöse Veränderungen (verkrustete Läsionen oder Blut am T-Shirt) achten, rät Huntley. Bei solchen Patienten mit hämorrhagischen Läsionen sollte man Isotretinoin in einer sehr niedrigen Dosierung von 0,1 mg/kg KG pro Tag beginnen und die Dosis nur langsam steigern, bis man sicher ist, dass sie vertragen wird. Ein anderes Problem unter Isotretinoin in Normaldosierung ist das explosive Auftreten von keratinösen Zysten, die Aknezysten oder grossen Komedonen ähneln können. Histologisch sind sie jedoch mit
verhornendem Material gefüllt, das bei Einriss der Zystenwand ins umgebende Gewebe austreten und eine Entzündung hervorrufen kann. Therapeutisch kommen lokale Steroidinjektion, chirurgische Entfernung der Läsionen oder offenbar auch niedrig dosiertes Isotretinoin (0,1 mg/ kg KG pro Tag) für ein Jahr in Frage.
Hormone und Akne
Kinder vor der Pubertät und Teenager brauchen manchmal mehrere Isotretinoin-Behandlungen bis zu einer anhaltenden Remission. Dahinter kann ein Androgenüberschuss stecken. Paradoxerweise zeigen junge Frauen mit Androgenüberschuss gelegentlich ein sehr rasches Ansprechen (innert eines Monats) auf Isotretinoin, rezidivieren nach Absetzen jedoch innert Monaten. Junge Frauen mit Androgenüberschuss können eine geringere Zahl von Menstruationen per Jahr haben, nachfragen lohnt sich. Zur Androgensenkung kommen verschiedene pharmakologische Wege in Frage, neben einer offenbar in den USA (noch) gebräuchlichen, nicht ganz unbedenklichen Verabreichung von Spironolacton (z.B. Aldactone®) etwa die Verschreibung des Drospiron-haltigen Kontrazeptivums Yasmin®. Vor der Gabe dieses oder eines anderen Kontrazeptivums empfiehlt Huntley die anamnestische Befragung nach Anhaltspunkten einer erblichen Faktor-V-LeidenBelastung (Thrombosen, Spontanaborte) und allenfalls die Bestimmung eines Antikardiolipin-Antikörper-Titers und einer Faktor-V-Leiden-Mutation.
Ernährung und Akne
Die Rolle der Ernährung bei der Akneentstehung bleibt kontrovers. Tatsache ist, dass in «modernen» Gesellschaften Akne häufiger ist, was sich nicht nur durch die verschiedene Verteilung genetischer Prädispositionen erklären lässt, sondern auch in Umweltfaktoren gründen muss, von denen die Ernährung ein nahe liegender ist. Plausibel ist eine Beeinflussung des Androgenspiegels durch Ernährungsfaktoren. Der Insulin-ähnliche Wachstums-
faktor (IGF) ist bei Akne erhöht, und Tolbutamid soll die Aknesymptomatik bessern. Hyperinsulinismus kann in vitro die Sebozyten und die Komedonenentstehung über eine Erhöhung der Androgenproduktion stimulieren. Zumindest bei einer kleinen Gruppe von Aknepatienten kann eine Abmagerungsdiät hilfreich sein.
Neue Therapien
Neue Therapieansätze befassen sich mit der Zerstörung des Propiobacterium acnes oder der Talgdrüse, entweder durch Fototherapie mit blauem Licht von 405– 420 nm Wellenlänge oder mittels spezieller Laser. Hier sind noch viele Fragen offen. Offene Studien deuten darauf hin, dass die Fototherapie mehrheitlich gute Ergebnisse erbringt, manchmal sogar dramatische. Eine Minderheit erfährt jedoch auch eine Verschlechterung, und offen bleibt vorerst, ob so resistente, das heisst keine Porphyrine produzierende und damit fototherapieunempfindliche Propionibakterien selektiert werden, ferner auch, wie lange der Therapieeffekt anhalten wird.
Arthur C. Huntley (Department of Derma-
tology, University of California, Davis/
USA): Notes on the treatment of acne.
www.medscape.com.
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Halid Bas
Interessenkonflikte: keine deklariert
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