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Editorial
Am 30. November sprach sich das Zürcher Stimmvolk erneut für die ärztliche Medikamentenabgabe aus. Bereits zum dritten Mal folgte die Mehrheit der Bevölkerung, ohne Rücksichtnahme auf anderslautende Zeitungsberichte, der Empfehlung der Ärzteschaft. Und dies bei einer Volksinitiative, die bekanntlich wesentlich schwerer zu gewinnen ist als ein Referendum. Dennoch scheint die Einführung der Selbstdispensation (SD) im ganzen Kanton noch nicht gesichert zu sein. Die Apotheker suchen krampfhaft nach Möglichkeiten, um dieses politische Verdikt nochmals auf den zu Kopf stellen. Erste Ankündigungen waren zumindest schon zu lesen.
Denn «Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug» heisst, dass die Patienten selbst entscheiden können, wo sie ihre Medikamente beziehen möchten. Entweder direkt beim Arzt, in einer nahegelegenen Apotheke oder über den Versandhandel.
Das Volk schätzt die ärztliche Medikamentenabgabe!
Aus polit-strategischer Sicht ist dieser Volksentscheid von grösster Bedeutung. Erstens haben alle drei Abstimmungen der letzten acht Jahre gezeigt, dass die ärztliche Medikamentenabgabe im Volk verankert ist. Wer diese hat, möchte sie nicht mehr hergeben. Zweitens gibt es in der Schweiz nunmehr 14 Kantone, in denen die SD uneingeschränkt zulässig ist. Also eine klare Mehrheit der Stände. Drittens ist nun auch der bevölkerungsstärkste Kanton der Schweiz wieder wie vor rund 50 Jahren ein echter SD-Kanton. Und viertens besteht mit dieser Zürcher Abstimmung eine weitere, sehr hohe demokratische Legitimation. Das Volk will die bewährte und geschätzte ärztliche Medikamentenabgabe! Insbesondere dort, wo sie traditionell besteht. Dies muss nun auch das Bundesamt für Gesundheit zur Kenntnis nehmen. Selbstgeschriebene OECD- und WHO-Berichte hin oder her! Wichtig ist aber auch, dass die in der Abstimmung abgegebenen Versprechen eingehalten werden. Will der Patient das Medikament lieber in einer Apotheke kaufen oder über eine Versandapotheke beziehen, dann soll ihm dies auch ermöglicht werden.
Schliesslich noch ein Wort zur Ärzteschaft: Der Erfolg an der Urne war nur möglich, weil diese geschlossen auftrat und am Abstimmungskampf aktiv teilnahm. Diesmal halfen zwar die grundsätzliche Unterstützung des Regierungsrats sowie zahlreiche Parteien (CVP, EDU, EVP, FDP und SVP) über ihre Parolenfassungen mit. Ohne den engagierten und intensiven Einsatz insbesondere der Praxisärzte wäre dieses Resultat aber nicht möglich gewesen. Dies zeigt, dass die Mediziner sich durchaus politisches Gehör verschaffen können, wenn sie gezielt und geeint ans Werk gehen. Dieser kantonale Abstimmungserfolg soll deshalb Mut machen, auch auf Bundesebene engagiert für die eigenen Standpunkte und Ideen einzustehen. In diesem Sinne wünsche ich allen Schweizer Ärzten für das Jahr 2009 viel Mut und Erfolg. Mögen Sie geschlossen und engagiert für ihre Meinung einstehen und die Interessen der Patienten bestmöglich vertreten!
Dr. Sven Bradke
Leiter der Abstimmungs-Task-Force im Kanton Zürich und Geschäftsführer der Ärzte mit Patientenapotheke (APA)
ARS MEDICI 25/26 ■ 2008 1097