Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
Jean-François Steiert, Nationalrat SP, FR, reichte am 3.10.2008 folgende Interpellation ein:
Der Bau der letzten Abschnitte der Höchstspannungsleitung (380 kV) Galmiz-Verbois stösst seit 1976 immer wieder auf Schwierigkeiten. Insbesondere macht sich die Bevölkerung begründete Sorgen über die Auswirkungen dieser neuen Anlage auf die Gesundheit und die Umwelt. Offenbar braucht der Bau einer Leitung für den Transport elektrischer Energie in der Schweiz viel Zeit: im vorliegenden Fall mehr als 30 Jahre. Diese lange Dauer führt natürlich zu Fragen über die Zweckmässigkeit der strategischen und technischen Entscheide der für das Netz Verantwortlichen. Solche Entscheide können zu erheblichen Mehrkosten führen, die dann auf die Kundinnen und Kunden überwälzt werden. Hinzu kommt die berechtigte Frage, welche Auswirkungen solche Leitungen auf die Gesundheit der Personen haben, die in den betroffenen Gebieten leben. Bei Optimierung der Produktionsstätten namentlich für erneuerbare Energien ist zwangsläufig auch
Zukunft der Höchstspannungsleitungen
die Frage der Versorgungssicherheit zu beachten, und zwar unter einem Blickwinkel, der ganz Europa und Nordafrika umfasst. Der Bundesrat hat für Ende 2008 einen Bericht zur Energiepolitik in Auftrag gegeben, der sich mit der Versorgungssicherheit, der wirtschaftlichen Bedeutung und der Umweltverträglichkeit befasst. In diesem Kontext und in Erwartung des Berichts stelle ich folgende Fragen: 1. Welche Bedeutung misst der Bundesrat
denjenigen Technologien für den Stromtransport zu, mit denen die Gesundheit weniger belastet wird und die weniger Übertragungsverluste generieren — zu denken ist hier insbesondere an Erdkabel und an längere Distanzen (> 50 km) —, und zwar mit Blick sowohl auf die Zukunft des schweizerischen Höchstspannungsnetzes wie auch auf die Energiepolitik unter europäischer Perspektive und auf die Rolle, die die in diesem Bereich führende Schweizer Industrie darin spielen könnte? 2. Welche Formen der Zusammenarbeit mit den übrigen europäischen Ländern oder mit nordafrikanischen Staaten zieht der Bundesrat bei der Produktion erneuer-
barer Energien und bei der künftigen Organisation des europäischen Höchstspannungsnetzes in Betracht? 3. Wann wird Swissgrid einen nationalen Netzplan präsentieren können? 4. Bis wann und in welcher Form werden die schweizerischen Pläne mit denjenigen der EU-Mitgliedstaaten koordiniert werden? 5. Wo und mit welchen Fachleuten geht die Schweiz den Fragen über die Entwicklung und die Kosten der Höchstspannungsnetze nach? 6. Ist der Bundesrat bereit, Richtlinien über die Effizienz von Höchstspannungsnetzen und über deren Belastungen (Elektrosmog, Energieverluste etc.) zu erlassen?
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
Hans-Jürg Fehr, Nationalrat SP, SH, reichte am 17.9.2008 ein Postulat ein:
Der Bundesrat lässt von einer von der Atomwirtschaft und vom PSI unabhängigen Institution wissenschaftlich untersuchen, welche Auswirkungen die Emission von Niedrigstrahlen aus Atomkraftwerken auf Menschen, Tiere und Pflanzen in der Umgebung der schweizerischen AKW hat.
Niedrigstrahlung aus AKW — Studie
Begründung Der Kamin eines Atomkraftwerks emittiert Niedrigstrahlung. Sie gerät in die Biosphäre und kommt in die Nahrungskette. Dieser Vorgang betrifft zum Beispiel das radioaktive Tritium, das auf der Trägersubstanz Wasser in Pflanzen und Menschen gelangt, im Zellwasser gebunden bleibt und durch den Stoffwechsel den Weg in verschiedene organische Moleküle findet. Radioaktivität gelangt auch in die Wurzeln der Pflanzen oder haftet auf Blättern. Pflanzen reichern die Radioaktivität an und geben sie in der Nahrungskette weiter. In der Umgebung von Tschernobyl sind nach der Katastrophe Forschungen auch
zur Niedrigstrahlung gemacht worden. Diejenigen von Prof. Pierre Flor-Henry weisen nach, dass gerade die Niedrigstrahlen viele Krankheiten hervorrufen können. Zur Beurteilung der Gefährlichkeit von AKW ist es wichtig, auch den von ihnen an die Umwelt abgegebenen «Cocktail» von Radionukleiden und deren gesundheitsschädigendes Potenzial zu kennen. Da solche Studien bisher in der Schweiz nicht gemacht wurden, ist die Erforschung der Niedrigstrahlung unverzüglich an die Hand zu nehmen.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
1024 ARS MEDICI 23 ■ 2008
Ida GlanzmannHunkeler, Nationalrätin SP, BS, reichte am 3.10.2008 dazu ein Postulat ein:
Der Bundesrat wird beauftragt, ■ sich zu äussern, welchen Stellenwert
er der Osteoporose zusammen mit anderen chronischen Krankheiten wie COPD, Asthma, Diabetes und Bluthochdruck einräumt. ■ Bericht zu erstatten, was er seit Erscheinen des BAG-Berichts zur Aufklärung und Steigerung der Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger unternommen hat, um das Risikobewusstsein zu erhöhen und das präventive Verhalten zu verbessern, aber auch um aufzuzeigen, was die Massnahmen bewirkt haben. ■ einen Massnahmenkatalog «Osteoporose 2009—2012» zu entwickeln, bis Massnahmen im Rahmen der Umsetzung des Präventionsgesetzes formuliert, respektive umgesetzt werden.
Osteoporose — Risiko für das Gesundheitswesen
Begründung Ausgangslage: Der BAG-Bericht «Osteoporose und Stürze im Alter» hat bereits im Jahr 2004 aufgezeigt, dass rund jede zweite Frau über 50 Jahre und jeder fünfte Mann über 50 Jahre an Osteoporose leidet. Das Bundesamt für Statistik (BfS) kommt in der im September 2008 publizierten Gesundheitsbefragung 2007 zum Schluss, dass gerade Sturzunfälle ein besonderes Problem im Alter seien. Mehr als 10 Prozent der Männer und mehr als 15 Prozent der Frauen zwischen 65 und 74 Jahren gaben an, in den letzten 12 Monaten einen Sturzunfall erlitten zu haben. In der Bevölkerung fehlt das Risiko- und Präventionsbewusstsein, wie der eingangs genannte BAG-Bericht zeigt: Obschon jede zweite Frau ab 50 davon betroffen ist, stuften gemäss einer Umfrage des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin Bern 63 Prozent das persönliche Osteoporoserisiko als eher gering ein. Gesundheitsausgaben: Die Folgen von Osteoporose schränken nicht nur die Lebensqualität und die Bewegungsfreiheit erheblich ein, Osteoporose führt auch bedeutende Kostenfolgen mit sich: So verursachte Osteoporose bei den Frauen allein im Jahr
2000 rund 300 000 Akutspitaltage (im Vergleich: COPD rund 130 000 Tage, Brustkrebs rund 100 000 Tage, Diabetes rund 50 000 Tage). Die daraus resultierenden direkten Kosten beliefen sich auf rund 710 Millionen Franken. Die indirekten Kosten sind bis heute nicht beziffert. Aufgrund der demografischen Veränderung wird der Anteil der Betroffenen weiter zunehmen, weshalb Berechnungen davon ausgehen, dass die Kosten bis 2020 auf rund 950 Millionen Franken pro Jahr ansteigen werden, was knapp 2 Prozent der heutigen Gesundheitsausgaben entspricht. Gesetzliche Rahmenbedingungen: Das zu schaffende Präventionsgesetz befasst sich mit den nicht übertragbaren Krankheiten. Gemäss Plan wird es 2011 in Kraft treten. In der Botschaft zum neuen Präventionsgesetz ist Osteoporose nicht in der Liste der «Burden of Diseases» aufgeführt, obschon man gemäss BAG-Bericht weiss, dass allein im Jahr 2000 8,5 Prozent aller Todesfälle der Personen ab 50 Jahre auf die erhöhte Mortalität nach einer Wirbelkörper- oder Hüftfraktur entfielen.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
Silvia Schenker, Nationalrätin SP, BS, reichte am 3.10.2008 ein Postulat dazu ein:
Der Bundesrat wird gebeten zu berichten, ob in den kommenden Jahren genügend ausgebildetes Pflegepersonal vorhanden ist, mit welchen Massnahmen der Beruf attraktiver gemacht und wie die Qualität der Aus- und Weiterbildung des Pflegepersonals sichergestellt werden kann. Insbesondere ist zu prüfen, mit welchen Angeboten Berufsumsteigerinnen und Berufsumsteiger sowie
Mangel an Pflegepersonal
Wiedereinstiegerinnen und Wiedereinsteiger unterstützt und gefördert werden können.
Begründung Immer wieder ist zu hören und zu lesen, dass es in verschiedenen Spitälern und Alters- und Pflegeheimen zu Engpässen bei der Rekrutierung des Pflegepersonals kommt. Die verantwortlichen Personalabteilungen müssen viel Aufwand betreiben, um offene Stellen besetzen zu können. Angeblich wird teilweise versucht, mit der Ausrichtung von Prämien die Personalrekrutierung zu unterstützen.
Der Pflegeberuf stellt sehr hohe Anforderungen an diejenigen, die ihn ausüben. Nicht nur in den Akutspitälern, sondern auch in Alters- und Pflegeheimen ist der Bedarf an gut qualifiziertem Personal sehr hoch. Einerseits muss genügend Personal ausgebildet werden, andererseits ist alles daranzusetzen, die Arbeitsbedinungen so auszugestalten, dass das ausgebildete Personal den Beruf wirklich ausübt und im Arbeitsmarkt verbleibt.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
ARS MEDICI 23 ■ 2008 1025