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Titel
Risikobewertung und Strategien zur Lipidmodifikation
Untertitel
Checklisten zur Identifizierung von Risikopatienten und zur Behandlung
Lead
Viele Ärzte behandeln ihre Patienten aufgrund einzelner klinischer oder laborchemischer Befunde und versäumen es, das individuelle Gesamtrisiko für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu bewerten. Eine NICE-Leitlinie versucht hier eine Hilfestellung.
Datum
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-
Rubrik
MEDIZIN — Fortbildung
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Artikel-ID
13856
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Risikobewertung und Strategien zur Lipidmodifikation
Checklisten zur Identifizierung von Risikopatienten und zur Behandlung

FORTBILDUNG

Viele Ärzte behandeln ihre Patienten aufgrund einzel-
ner klinischer oder laborchemischer Befunde und
versäumen es, das individuelle Gesamtrisiko für die
Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu
bewerten. Eine NICE-Leitlinie versucht hier eine Hilfe-
stellung.
BRITISH MEDICAL JOURNAL
Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko oder manifester Herz-Kreislauf-Erkrankung profitieren von einer Behandlung ihrer Risikofaktoren, wie randomisierte kontrollierte Studien belegen. Derzeit werden viele Patienten opportunistisch bewertet und auf der Basis einzelner klinischer oder laborchemischer Befunde behandelt, schreiben A. Cooper und N. O'Flynn. In ihrem Artikel fassen die beiden Autorinnen die aktuellen Empfehlungen des National Institute of Health and Clinical Excellence (NICE) zur effektiven Identifizierung von Risikopatienten und zur Behandlung ihrer Lipidwerte in der Primär- und Sekundärprävention zusammen. Das Ergebnis sind «Checklisten» mit konkreten Handlungsempfehlungen.
Wer benötigt eine Primärprävention? Verlassen Sie sich lieber nicht auf eine opportunistische Einschätzung, sondern wenden Sie eine systematische Strategie an, um Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko zu identifizieren. Schliessen Sie Patienten mit manifester Herz-Kreislauf-Erkrankung sowie Patienten mit bekanntem hohem Risiko (beispielsweise Diabetiker und Patienten mit Fettstoffwechselstörung) aus. Schätzen Sie das kardiovaskuläre Risiko Ihrer Patienten mithilfe der Aufzeichnungen in Ihren Krankenakten ein (etwa Blutdruckwerte, Alter, Geschlecht). Auf der Basis dieser Risikoeinschätzung sollten Sie bei Patienten mit einem geschätzten Zehn-Jahres-Risiko von ≥ 20 Prozent eine komplette, offizielle Risikobewertung veranlassen. Verwenden Sie zur Risikobeurteilung die Zehn-Jahres-RisikoGleichung von 1991, die aus der Framingham-Studie abge-

leitet wurde und folgende Variablen berücksichtigt: Alter (30–74 Jahre), Geschlecht, systolischer Blutdruck (Durchschnittswert aus zwei systolischen Werten), Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin, eventueller Nikotinkonsum und Vorliegen einer Hypertrophie des linken Ventrikels. Berücksichtigen Sie weitere Faktoren, die für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Bedeutung sind wie ethnische Zugehörigkeit, Body-Mass-Index und positive Familienanamnese (Herzerkrankungen von Angehörigen in jungen Jahren). Fällt der Risikoscore so hoch aus, dass die Grenze zur medikamentösen Behandlung fast erreicht ist, entscheiden Sie anhand des klinischen Gesamtbilds, ob eine Therapie eingeleitet werden soll. Berücksichtigen Sie dabei Faktoren wie ausgeprägte Adipositas, sozioökonomischen Status, Rauchverhalten.
Aufklärung und Beratung des Patienten Erklären Sie Ihrem Patienten in einfachen Worten, wie die Risikoeinschätzung abläuft und was das ermittelte Risiko bedeutet. Informieren Sie ihn über das absolute Risiko, und klären Sie ihn mithilfe von Abbildungen und Broschüren über Risiken und Nutzen von Interventionen auf. Fragen Sie den Patienten nach seinen eigenen Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit, und finden Sie heraus, ob er dazu bereit ist, seinen Lebensstil zu ändern und gemeinsam mit Ihnen einen Behandlungsplan zu erstellen.
Lipidsenkende Pharmakotherapie in der Primärund Sekundärprävention Bestimmen Sie vor einer medikamentösen Behandlung folgende Nüchternwerte: Gesamt-, LDL- und HDL-Cholesterin sowie Triglyzeride (Ausnahme: Bei Patienten mit akutem
Merksätze
■ Schätzen Sie das kardiovaskuläre Risiko Ihrer Patienten ein. Bei einem geschätzten Zehn-Jahres-Risiko ≥ 20% sollte eine offizielle Risikobewertung erfolgen.
■ Zur Lipidsenkung im Rahmen der Primär- und Sekundärprävention eignet sich eine Statinbehandlung (Simvastatin).

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FORTBILDUNG

Lebensstilinterventionen
Alle Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko sollten folgende Regeln beachten: ■ Nikotinabstinenz ■ Einschränkung des Alkoholkonsums ■ Körperliche Aktivität von 30 Minuten Dauer an mindestens
fünf Tagen pro Woche und von zumindest mässiger Intensität (Radfahren, Walking, Treppensteigen) ■ Fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag, fetter Fisch mindestens zweimal pro Woche ■ Die Ernährung sollte wenig Cholesterin und gesättigte Fettsäuren enthalten. Gesättigte Fettsäuren durch einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren ersetzen.

40 mg kontraindiziert ist oder ein Risiko für Medikamenteninteraktionen bestehen, wählen Sie eine niedrigere Dosis oder ein anderes Präparat wie Pravastatin. Patienten mit akutem Koronarsyndrom bieten Sie eine intensivere Statinbehandlung an. Eine Erhöhung der Simvastatindosis auf 80 mg oder ein Alternativpräparat mit vergleichbarer Wirksamkeit und vergleichbaren Kosten kommt in Betracht, wenn ein Gesamtcholesterinwert von <4 mmol/l oder ein LDL-Cholesterin-Wert von <2 mmol/l nicht erreicht wird. Verwenden Sie bei Patienten in der Sekundärprävention einen «Audit»-Gesamtcholesterinwert von 5 mmol/l, um Therapiefortschritte zu beurteilen, denn über 50 Prozent dieser Patienten werden eine Gesamtcholesterinkonzentration von < 4 mmol/l oder einen LDL-Cholesterin-Wert von <2 mmol/l nicht erreichen. Koronarsyndrom sollten die Nüchternwerte frühestens drei Monate nach dem akuten Ereignis bestimmt werden). Falls eine Statintherapie eingeleitet werden soll: Verordnen Sie ein kostengünstiges Medikament, dessen klinische Wirksamkeit belegt ist. Wenn Sie eine Statintherapie beginnen oder die Statindosis erhöhen, sollten Sie Risiken und Nutzen mit dem Patienten diskutieren. Berücksichtigen Sie eventuelle Begleiterkrankungen, weitere Medikamente, die Lebenserwartung sowie die Präferenzen des Patienten. Statine zur Primärprävention: Denken Sie an alle modifizierbaren kardiovaskulären Risikofaktoren, an Begleiterkrankungen und sekundäre Ursachen für Dyslipidämien und optimieren Sie deren Behandlung, wenn möglich. Berücksichtigen Sie dabei folgende Faktoren: Rauchverhalten, Alkoholkonsum, Blutdruck, Body-Mass-Index oder andere Parameter einer Adipositas, Nüchtern-Blutzucker, Nieren- und Leberfunktion sowie TSH-Werte (falls eine Dyslipidämie besteht). Bieten Sie Erwachsenen mit einem Zehn-Jahres-Risiko von ≥ 20 Prozent eine Statinbehandlung als Teil der Primärprävention an. Behandeln Sie mit Simvastatin 40 mg. Bei Kontraindikationen oder möglichen Arzneimittelinteraktionen wählen Sie eine niedrigere Dosierung oder ein anderes Präparat wie Pravastatin. Bieten Sie nicht routinemässig eine intensivere Statintherapie an (d.h. Statine in Dosierungen, die zu einer stärkeren Cholesterinsenkung führen als Simvastatin 40 mg, also zum Beispiel Simvastatin 80 mg). Setzen Sie in der Primärprävention keinen Zielwert für Gesamt- oder LDL-Cholesterin fest. Statine zur Sekundärprävention: Denken Sie an alle modifizierbaren Risikofaktoren, Begleiterkrankungen und sekundäre Ursachen einer Hyperlipidämie und optimieren Sie deren Behandlung. Warten Sie mit der Behandlung aber nicht bis zur Optimierung der Risikofaktoren ab. Bieten Sie Erwachsenen mit klinischer Evidenz einer kardiovaskulären Erkrankung eine Statintherapie an. Beginnen Sie die Behandlung mit Simvastatin 40 mg. Wenn Simvastatin Überwachung der Statinbehandlung Wenn ein Patient unter einer Statinbehandlung weitere Medika- mente einnehmen muss oder aufgrund einer Begleiterkrankung eine Behandlung benötigt, die mit Stoffwechselprozessen inter- feriert oder die Wahrscheinlichkeit für Medikamenten- oder Lebensmittelinteraktionen erhöht, können Sie die Statindosis senken oder das Statin vorübergehend oder dauerhaft absetzen. Informieren Sie Patienten, die Statine einnehmen, darüber, dass sie ärztlichen Rat einholen sollen, falls Muskelbeschwer- den wie Schmerzen, Berührungsempfindlichkeit oder Schwä- che auftreten. Bestimmen Sie den Kreatinkinase-(CK-)Wert, wenn ein Patient über diese Symptome klagt. Bei asymptomatischen Patienten sind routinemässige CK-Be- stimmungen nicht nötig. Bestimmen Sie vor Beginn der Statintherapie die Leberenzyme (Transaminasen), dann erneut nach drei und zwölf Monaten. Weitere Transaminasenbestimmungen sind nur bei klinischer Indikation erforderlich. Setzen Sie die Statintherapie ab und ziehen Sie einen Spezia- listen zurate, wenn ein Patient eine unerklärte periphere Neu- ropathie entwickelt. Weitere Lipidsenker: Fibrate oder Anionenaustauscherharze sollten zur Primär- oder Sekundärprävention nicht routine- mässig eingesetzt werden, doch kommen sie als Alternative in Betracht, wenn Statine nicht vertragen werden. Nikotinsäure sollte zur Primärprävention nicht verwendet werden, doch kann sie Patienten, die Statine nicht tolerieren, zur Sekundärprävention gegeben werden. Bieten Sie Anionenaustauscherharze, Fibrate oder Nikotin- säure nicht in Kombination mit einem Statin zur Primärprä- vention an. Ziehen Sie bei Patienten mit primärer Hypercholesterinämie eine Ezetimibtherapie in Erwägung. ■ A. Cooper (National Collaborating Centre for Primary Care, Royal College of General Practitioners, London) et al.: Risk assessment and lipid modification for primary and secondary prevention of cardiovascular disease: summary of NICE guidance. BMJ 2008; 336: 1246—1248. Interessenkonflikte: keine deklariert. Andrea Wülker 1048 ARS MEDICI 23 ■ 2008