Transkript
MEDIEN ■ MODEN ■ MEDIZIN
Rosenbergstrasse 115
Wenn ein Engländer «not amused» ist, dann ist er eigentlich stinkesauer. Und wenn er etwas « very interesting» findet, dann findet er’s gelinde gesagt «total ungeniessbar». Da fragt man sich schon, was die persönliche Medienreferentin von Fifa-Präsident Sepp Blatter genau meint, wenn sie im Hinblick auf ihren Rücktritt per Ende Jahr meint, es sei eine «aussergewöhnliche Erfahrung» gewesen, für Sepp Blatter zu arbeiten.
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Wir ärgern uns gelegentlich über die Steuern, vor allem über die von unseren Steuern lebenden Steuerkommissäre. Dabei sollten wir uns eher darüber wundern, wofür alles wir keine Steuern bezahlen müssen. Grad machts Herr Sarkozy in Frankreich vor, wie reich an Phantasie Beamte sein können, wenn’s darum geht, neue Einnahmequellen zu erschliessen. Aber auch in früheren Zeiten war man kreativ. Es gab Liegenschaftssteuern, die sich an der Zahl der Fenster bemassen oder an der Fläche der Dächer – worauf die Leute die Fenster zumauerten und die Häuser abdeckten (letzteres mit üblen Folgen). Die Leute zahlten Zuckersteuern, Salzsteuern, Teesteuern, Zündhölzersteuern, Wachssteuern, Heiratssteuern, Steuern auf Bärte, Mützen, Stiefel, Eichensärge, Gurken, Honigbienen, Flinten, Salpeter und vieles mehr. Pecunia non olet war bekanntlich die Rechtfertigung für die Einführung einer Urinsteuer. Immerhin ärgerte man sich auch schon vor 800 Jahren darüber. Thomas von Aquin meinte jedenfalls «Steuern seien ein erlaubter Fall».
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Felix Austria, kannst weiterwursteln. Dies das Fazit nach den Wahlen bei unserem Nachbarn Ende September. Es hat gewurstelt. Haider ist nicht mehr und vom neuen SPÖ-Chef Faymann heisst es, er sei «ein wendiger Meister der pragmatischen Prinzipienlosigkeit». Keine schlechten Voraussetzungen, um östlich von uns erfolgreich zu politisieren.
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Thema Groupies: Jörg Haider kann sturzbetrunken und mit 140 Sachen in eine Wand rasen – er bleibt das Idol, das er in Kärnten immer war. Der Albaner, der mit seinem Golf GT das Gleiche macht, kommt als Balkan-Raser in die Schlagzeilen und wird abgeschoben. Ärzte, nicht nur Chefärzte, wirken ähnlich. Man denke nur an Herr Zäch, der an der Spitze der Paraplegikerstiftung kaum weniger Millionen ähh … – wie soll man sagen? – zu seinen Gunsten umfunktionierte als Herr Ospel an Boni kassierte. Während Ospel deswegen seit Monaten verbal geteert und gefedert wird, geniesst Herr Zäch weiterhin die Verehrung einer breiten Groupiegemeinde (vermutlich der gleichen Leute, die jetzt über die Banker schimpfen). Das zeichnet Groupies aus: Sie sind standhaft uneinsichtig und unbeirrt blind für charakterliche und andere Mängel.
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Was die Haiders und Zächs für die Groupies, sind staatliche Regulierungen, Gesetze und Verbote für manche Ideologen. Vor allem seit Beginn der Finanzkrise keifen sie um die Wette – in Talk-Sendungen,
Kolumnen und Parlamenten. Schluss mit lustig, Schluss mit Boni. Schluss mit Eigenverantwortung und Selbstregulierung. Banken an die Kandare. Dabei haben wir eben erst den politischen Zusammenbruch des staatlich maximal regulierten Ostblocks erlebt. Und Pleiten von staatlich kontrollierten Banken in Deutschland. Aber eben, das zeichnet Ideologen aus: Sie sind standhaft uneinsichtig und unbeirrt blind für systemische und andere Mängel.
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Sie sind nicht schuld an der Finanzkrise, aber so ganz unschuldig auch nicht. Jedenfalls haben sie sich als ziemlich unnütz erwiesen. Die Rede ist von den Rating-Agenturen. Was sind eigentlich Qualitätskontrollen anderes als RatingAgenturen? Ob sich unsere allgegenwärtigen, bald jeden Bereich des Lebens, vor allem aber des Berufs infiltrierenden Qualitätskontrollen dereinst auch als so überflüssig erweisen werden? Von ISO bis Quali – wetten, der Nutzen dafür ist ziemlich assymmetrisch verteilt: zu 90 Prozent bei den Anbietern derartiger Kontrollen.
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Zum Schluss die dumme Frage: Wenn es Antilopen gibt, warum gibt es dann keine Lopen?
Richard Altorfer
ARS MEDICI 21 ■ 2008 933