Transkript
STUDIE REFERIERT
Angiotensinrezeptorblocker verbessert exekutive kognitive Funktion bei älteren Hypertonikern
Randomisierte Studie mit Lisinopril, Candesartan und Hydrochlorothiazid
tion und die Zahl gemeldeter Nebenwirkungen waren in den drei Behandlungsgruppen gleich. Nach Adjustierung für das Alter und den initialen MMSE-Score zeigten die zu Candesartan randomisierten Studienteilnehmer die grösste Verbesserung im TMT B (p = 0,008), dem für die motorische Geschwindigkeit adjustierten TMT A und B (p = 0,01) sowie dem Wiedererkennungsanteil der Wörter im HVLT.
Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass das Renin-AngiotensinSystem bei der Beziehung zwischen Hypertonie und kognitiver Funktion eine zentrale Rolle spielt. Eine randomisierte doppelblinde Studie hat untersucht, ob die relative Aktivierung des Angiotensinrezeptors Typ 2 mit einem Angiotensinrezeptorblocker (ARB) kognitiven Schutz vermittelt.
ARCHIVES OF INTERNAL MEDICINE
Ungefähr 50 Prozent der älteren hypertensiven Individuen haben Schwierigkeiten bei der exekutiven Funktion, also der Bewältigung komplexer Aufgaben, und bei ihnen wird eine hohe Rate an Demenzentwicklungen festgestellt. Forschungsergebnisse neueren Datums weisen darauf hin, dass in diesem Zusammenhang dem Renin-Angiotensin-System eine bedeutende Rolle zukommt, die auch therapeutische Ansätze bieten könnte. Im Gehirn blockieren Angiotensinrezeptorblocker (ARB) den Rezeptor Typ 1, nicht aber Typ 2, wohingegen ACE-Hemmer die Aktivierung beider Rezeptortypen verringern. Die Autoren von verschiedenen amerikanischen Institutionen gingen von der Hypothese aus, dass eine blutdrucksen-
Merksatz
❖ Eine Studie hat ergeben, dass Angiotensinrezeptorblocker (nicht aber ACE-Hemmer) bei älteren Hypertonikern mit früher exekutiver kognitiver Beeinträchtigung zu einer Verbesserung der exekutiven Funktion führen.
kende Therapie mit ARB hinsichtlich der kognitiven Protektion anderen antihypertensiven Therapieregimes, überlegen sein müsste.
Methodik Die Studie rekrutierte hypertensive Individuen aus Boston und Umgebung ab 60 Jahren mit systolischem Blutdruck über 140 mmHg und einer exekutiven Dysfunktion, die anhand des Uhrentests erfasst wurde. Ausgeschlossen wurden jedoch Patienten mit einem Mini-Mental-Status-Examination-(MMSE-)Score < 20, klinischer Demenzdiagnose sowie Diabetes, Stroke oder Herzinsuffizienz. Die Teilnehmer wurden randomisiert mit steigenden Dosen des ACE-Hemmers Lisinopril (Zestril® oder Generika), des ARB Candesartan (Atacand®, Blopress®) oder von Hydrochlorothiazid (Esidrex®) bis zum Erreichen des BD-Ziels < 140/90 mmHg behandelt; falls nötig waren zusätzlich Nifedipin (Adalt® CR oder Generika) oder Metoprolol (Beloc® ZOK oder Generika) erlaubt. Eine Prüfung der kognitiven Funktion erfolgte nach 6 und 12 Monaten und umfasste den Trail-Making-(ZahlenVerbindungs-)Test A und B (TMT A und B) zur Erfassung der exekutiven Funktion, Hopkins-Verbal-LearningTest (Revised) (HVLT) zur Gedächtnisprüfung sowie den Digit-Span-Test zur Erfassung der Aufmerksamkeit.
Resultate Für diese Studie entsprachen 63 Individuen den Aufnahmekriterien, 53 stoppten ihre antihypertensive Medikation und liessen sich zu Lisinopril (n = 18), Candesartan (n = 20) oder Hydrochlorothiazid (n = 15) randomisieren. Sowohl der Anteil der Patienten, die eine BD-Kontrolle erzielten, als auch das Ausmass der systolischen BD-Reduk-
Diskussion
Die Autoren interpretieren ihre Ergeb-
nisse dahingehend, dass ARB tatsäch-
lich mit einer Verbesserung der exeku-
tiven Funktion bei älteren Hyper-
tonikern assoziiert sind, die an einer
frühen exekutiven kognitiven Beein-
trächtigung leiden. Andere Studien, die
sich zuvor mit kognitiven Outcomes
unter antihypertensiver Therapie be-
fassten, hatten Individuen mit vorbeste-
hender kognitiver Beeinträchtigung
ausgeschlossen und den MMSE einge-
setzt, welcher für die Domänen der
frontalen exekutiven Dysfunktion nicht
sensitiv ist.
Diese Resultate stützen frühere Hin-
weise aus Beobachtungsstudien, die im
Vergleich mit ACE-Hemmern oder an-
deren Antihypertensiva bei ARB ein
geringeres Risiko für Demenz und
M. Alzheimer fanden. Die Autoren ver-
muten, dass für den günstigen Einfluss
der ARB auf die Kognition die Wieder-
herstellung einer gestörten zentralen
Endothelfunktion, eine Verminderung
von Entzündungen und eine Verhütung
der neuronalen Degeneration durch die
selektive Nichthemmung des Angio-
tensinrezeptors Typ 2 verantwortlich
sein könnten. Sie rufen nach weiteren,
grossen Behandlungsstudien zu dieser
Fragestellung.
❖
Halid Bas
Ihab Hajjar et al.: Effect of Antihypertensive Therapy on Cognitive Function in Early Executive Cognitive Impairment: A Double-blind Randomized Clinical Trial. Arch Intern Med 2012; 172 (No. 5): 442–444.
Interessenlage: Die Autoren des Antihypertensive and Vascular, Endothelial and Cognitive Function (AVEC) Trial deklarieren die Unterstützung durch verschiedene Forschungsinstitutionen und keine Interessenkonflikte.
472
ARS MEDICI 9 ■ 2012