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TEOSS-Studie bei Kindern mit schizophrenen Störungen
Atypische Neuroleptika — nicht wirksamer als konventionelle
Oft wird darüber geklagt, dass Medikamente bei Kindern und Jugendlichen nicht oder unzureichend getestet werden. Dazu gehören auch die atypischen Neuroleptika, die zumindest in den USA relativ bedenkenlos eingesetzt werden. Schliesslich ist mit diesen Substanzen – im Gegensatz zu den älteren konventionellen Neuroleptika – nicht mit den gefürchteten extrapyramidalen Nebenwirkungen zu rechnen. Jetzt zeigt sich aber, dass diese Vorteilsrechnung nicht so einfach aufgeht. Die vom National Institute of Mental Health (NIMH) finanzierte Treatment of Early Onset Schizophrenia Study (TEOSS) kommt zunächst zu dem Ergebnis, dass die neueren Mittel nicht wirksamer sind als die konventionellen. Damit werden Ergebnisse der CATIE-(Clinical-Antipsychotic-Trials-of-Intervention Effectiveness-)Studie bestätigt. In der TEOSSStudie offenbarte sich aber darüber hinaus eine teilweise starke Zunahme des Körpergewichts. Einzelheiten sind jetzt im «American Journal of Psychiatry» online (http://ajp.psychiatryonline.org/) nachzulesen. «Unsere Resultate stellen infrage, ob es eine weise Entscheidung ist, ‹kids› mit atypischen Neuroleptika zu behandeln», sagt die Erstautorin Linmarie Sikich von der University of North Carolina. «Sie erinnern uns daran, dass wir sicherere und wirksamere Medikamente benötigen, denn sowohl atypische als auch konventionelle Antipsychotika haben nur eine begrenzte Wirksamkeit.»
An der TEOSS, der bislang grössten einschlägigen Vergleichsstudie, nahmen zwischen 2002 und 2007 116 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 19 Jahren teil, bei denen eine Schizophrenie, eine schizophreniforme Erkrankung oder eine schizoaffektive Störung mit psychotischen Symptomen diagnostiziert worden war.
Die jungen Patienten wurden in drei Gruppen randomisiert und über acht Wochen
therapiert – mit den atypischen Neuroleptika Olanzapin und Risperidon oder mit dem älteren konventionellen Neuroleptikum Molindon, das in der Schweiz nicht auf dem Markt ist. In diesem Therapiearm erhielten die Patienten zusätzlich das Anticholinergikum Benztropin, um dem unter Molindon oft auftretenden Tremor zu begegnen. Die Auswertungen ergaben eine Ansprechrate von 50 Prozent unter Molindon, von 46 Prozent unter Risperidon sowie 34 Prozent unter Olanzapin. Die Wirkung war unter den atypischen Neuroleptika schon in den ersten beiden Wochen spürbar, unter Molindon erst in der dritten Woche. Auffällig unterschiedlich war der Einfluss auf das Körpergewicht. Während die Kinder unter Molindon ihr Gewicht hielten, nahmen innert weniger Wochen jene unter Risperidon durchschnittlich um 3,6 kg zu, unter Olanzapin waren es sogar 6 kg, und dies begleitet von einem Anstieg von Blutzucker und Cholesterin – Grund genug für die Studienleiter, den Olanzapinarm bereits im vergangenen Jahr vorzeitig abzubrechen.
Der Direktor des NIMH, Thomas R. Insel,
weist darauf hin, dass die Schizophrenie in
der Kindheit schwerer verlaufe und eine
schlechtere Prognose habe als im Erwach-
senenalter. Deshalb dürfte bis auf Weiteres
der Einsatz von Neuroleptika nicht zu um-
gehen sein, vermutlich weiterhin auch mit
den atypischen Vertretern. Ein Zurück-
gehen auf die konventionellen Vertreter
stellt aufgrund des Risikos extrapyrami-
daler Nebenwirkungen jedenfalls keinen
Königsweg dar. Allerdings werden in den
USA Neuroleptika bei Kindern offenbar
mehrheitlich in anderen Indikationen ver-
schrieben, etwa bei bipolaren Störungen
und ADHS.
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U.B.
Bluthochdruck: Diuretika sind erste Wahl
Die Therapie eines Bluthochdrucks sollte mit einem Diuretikum beginnen. Zu diesem Fazit ist das Kölner Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gekommen. Nach einer ausführlichen Nutzenbewertung hat das IQWiG Diuretika als Mittel der ersten Wahl eingestuft. Es gebe keinen Anlass, andere Wirkstoffe den Diuretika als Initialtherapie vorzuziehen. Diuretika seien in Hinblick auf Folgekomplikationen keiner anderen Wirkstoffgruppe unterlegen und wiesen in einzelnen Aspekten Vorteile gegenüber ACE-Hemmern und Kalziumantagonisten auf, heisst es in dem Gutachten. Die Expertise sieht Belege dafür, dass Diuretika das Risiko einer Herzinsuffizienz stärker mindern als Kalziumantagonisten. Auch im Vergleich mit ACE-Hemmern sind Diuretika möglicherweise überlegen, allerdings gebe es für diese Annahme nur Hinweise. In dem kürzlich vorgelegten Bericht wurden insgesamt 16 Studien mit den fünf in Deutschland zugelassenen antihypertensiven Wirkstoffgruppen ausgewertet: Diuretika, Betablocker, ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten und Angiotensin-II-Antagonisten. Kriterium für den Nutzen war dabei nicht die Senkung des Blutdrucks, sondern das Auftreten von Folgekomplikationen. Es ging also neben einer möglichen Lebensverlängerung vor allem um die Vorbeugung von Herzerkrankungen, Schlaganfällen und Nierenschäden. Aber auch Aspekte der Lebensqualität, die Therapiezufriedenheit und die Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten berücksichtigten die Gutachter. Ob zunächst nur ein Wirkstoff oder, wie letztlich oft erforderlich, gleich mehrere Antihypertensiva eingesetzt werden sollten, war nicht Gegenstand des Gutachtens. Der Bericht, der unter www.iqwig.de kostenlos einsehbar ist, wird nun bis zum 17. Oktober 2008 zur Diskussion gestellt. ■
U.B.
828 ARS MEDICI 19 ■ 2008