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Neuartiger Schutz für Reisende
Weniger Reisedurchfälle dank Impfpflaster
Reisedurchfälle werden durch eine Vielzahl von Erregern verursacht, häufig und gefürchtet sind Infektionen mit enterotoxigenen Escherichia coli (ETEC). In einer Phase-II-Studie wurde untersucht, ob eine Vakzine, die hitzelabiles Enterotoxin (LT) von ETEC enthält und die aus einem Pflaster über die Haut abgegeben wird, Reisende in den durchfallgefährlichen Destinationen Mexiko und Guatemala zu schützen vermag. Experimentelle Daten hatten gezeigt, dass die Heranbringung des LT an die dendritischen Immunzellen in der Haut zu einer Schleimhautimmunität gegen das Antigen führt. Für die Teilnahme qualifizierten gesunde Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren, die Zugang zu einem regionalen Impfzentrum in den USA hatten. Sie wur-
den zentral entweder zu einem Pflaster mit 37,5 µg LT oder zu einem Plazebopflaster randomisiert. Vor der geplanten Reise applizierten die Teilnehmenden zwei Pflaster im Abstand von zwei bis drei Wochen. Später führten sie ein Tagebuch zu den Stuhlgewohnheiten und sammelten Stuhlproben, wenn bei ihnen eine Diarrhö auftrat. 22 Prozent der Teilnehmer mit dem Plazebopflaster erlitten eine Durchfallepisode, 10 Prozent hatten eine nachgewiesene ETEC-Infektion. Die 59 mit dem LT-Pflaster Geschützten waren gegen mittelschwere (protektive Wirksamkeit 75%, p = 0,0070) und schwere (protektive Wirksamkeit 84%, p = 0,0332) Diarrhö recht gut geschützt. LT-Geimpfte hatten im Erkrankungsfall zudem signifikant kürzere Durchfallepisoden
E.-coli-Bakterien unter dem Mikroskop
(0,5 vs. 2,1 Tage) und weniger wässrige
Stühle (3,7 vs. 10,5). Das Konzept bedarf
nun der Bestätigung in grösseren Phase-III-
Studien.
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H.B.
Quelle: Lancet 2008; 371: 2019—2025.
Prospektive Kohortenstudie bei Kriegdienstleistenden
Kampfeinsätze sind Risikofaktor für Alkoholprobleme
Historisch sind nicht nur nach dem Vietnam- und dem ersten Golfkrieg bei Heimkehrern Probleme im Umgang mit Drogen und Alkohol gut belegt. Studien bei Teilnehmern an Kriegseinsätzen etwa in Afghanistan oder im Irak haben eine Assoziation zu ungünstigen psychischen Entwicklungen mit höheren Raten von posttraumatischem Stresssyndrom, Major Depression und Alkoholmissbrauch bestätigt. Bei vielen dieser Beobachtungen fehlte jedoch eine geeignete Kontrollgruppe, was ihre Aussagekraft einschränkt. Die Millenium Cohort Study erlaubte nun eine genauere Erfassung der Problematik. Die soeben im «JAMA» veröffentlichte Analyse umfasst über 48 000 Individuen, von denen gut 26 000 aktiven Dienst leisteten und 21 000 der Reserve zugeteilt waren. Über 5000 waren in aktive Kampfeinsätze verwickelt. Für alle standen Ausgangswerte und die Ergebnisse späterer Befragungen zur Verfügung. Die zu Kampfeinsätzen ausgerückten Personen hatten im Vergleich zu nichtkämpfenden Armeeangehörigen statistisch
signifikante höhere Risiken für häufigen Alkoholkonsum, Alkoholexzesse und alkoholbedingte Probleme (Odds Ratios von 1,63, 1,46 und 1,24). Die jüngeren Angehörigen der Kohorte trugen das höchste Risiko für eine Alkoholproblematik. Die prospektive Untersuchung bestätigt somit die intui-
tive Annahme, dass kriegsbedingter Stress
zu vermehrtem Alkoholkonsum als Bewäl-
tigungsmechanismus verleitet, der in der
Folge aber nicht selten der Kontrolle auf
problematische Weise entgleitet.
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H.B
Quelle: JAMA 2008; 300(6): 663–675.
732 ARS MEDICI 17 ■ 2008