Transkript
MEDIEN ■ MODEN ■ MEDIZIN
Rosenbergstrasse 115
Die Medikamente in der Schweiz sind zu teuer. In der Regel ist daran entweder die Pharmaindustrie schuld oder es sinds die selbstdispensierenden Ärzte. Diese Leier würde von der santésuisse wohl auch dann noch gespielt, wenn wir in der Schweiz die Medi-Preise – und das wäre wohl der sehnlichste Wunsch der Krankenversicherer – endlich am Warenkorb von Ländern wie Madagaskar, Togo, Surinam, Grenada und Myanmar ausrichten würden. De facto sind die Medikamentenpreise auf Basis Ex factory in der Schweiz stattdessen sogar heute schon 10 Prozent niedriger als in Deutschland. Der Unterschied beim Publikumspreis (den man dadurch erzwingt, dass die Mehrwertsteuern nicht berücksichtigt werden, die in Dänemark beispielsweise 25(!) Prozent betragen) dürfte auf unterschiedliche Margen von Apotheken und Grosshandel zurückgehen. Vorschlag zur Güte: Die Vergütungen der Krankenkassenfunktionäre, der CEOs, Verwaltungsräte und was sich sonst da so tummelt, werden ebenfalls den Vergleichsländern Madagaskar & Co. angepasst. Das könnte man dann Opfersymmetrie nennen und ist von einem Kässeler doch sicher nicht zuviel verlangt.
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Die Krankenkassen drohen mit massiv höheren Prämien im kommenden Jahr. Einige müssen angeblich ihre Reserven anknabbern, heisst es. Nun, ganz so arg kann es nicht stehen um die Kassen. Immerhin hat sich die Kolping-Krankenkasse soeben für einen «grosszügigen sechsstelligen Betrag» (pro Jahr!) das Recht erkauft, der öffentlichen Sportanlage mit bisherigem Namen «Schluefweg» (zeitweise auch bekannt wegen eines Damen-Tennisturniers) neu ihren Namen voran zu setzen. Die Stadt Kloten als Besitzerin des neu
«Kolping-Arena» benamsten Stadions hat das Namensrecht für sieben Jahre vergeben. Kein schlechtes Geschäft. Für Kloten und den am Ertrag zur Hälfte nutzniessenden Hauptmieter des Stadions, die Kloten Flyers mit der EHC Kloten Sport AG. Ob auch für die Krankenkassen-Mitglieder und Prämienzahler?
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Rapper Grégoire Vuilleumier, besser bekannt unter dem Namen «Greis», erhielt den Förderpreis gegen Rassismus und Diskriminierung des Anne-Frank-Fonds. Der junge Mann entspreche den humanistischen Idealen von Anne Frank und habe eine positive Ausstrahlung auf die Jugend, heisst es. Zur Erinnerung: der mit 5000 Franken Preisgeld Bedachte singt in seinem bekanntesten Stück «Fuck Blocher»: «Dank der SVP (eine Partei, deren Programm man nicht unbedingt teilen muss, der aber fast 30 Prozent der Schweizer(innen) ihre Stimme gaben) wird Fremdenhass wieder salonfähig. (...) Fick jeden, der sich nicht dagegen wehrt.» (Im Original: «Dank svp frömdehass wider salonfähig. (…) figg jede wo sech nid drgäge wehrt. (…) übrigens, figg o dr merz.»). Die Preisverleihung fand anlässlich des Open airs «Schweiz mit Herz» statt. Patronat des Anlasses: Pascal Couchepin.
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Nachtrag: Greis auf die Frage «Aber grundsätzlich sind Sie ja Alkohol nicht abgeneigt, oder?»: «Oh, nein, definitiv nicht. Ausgehen, sich besaufen, das ist grossartig.» Wie gesagt, der Preis wurde ihm zuerkannt wegen seiner positiven Ausstrahlung auf die Jugend …
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China hat 1984 zum ersten Mal überhaupt eine Goldmedaille bei Olympischen Spielen gewonnen. 24 Jahre später könnte es passieren, dass das ehrgeizige Land am Ende den Medaillenspiegel anführt. Was die keineswegs weniger ehrgeizigen Amerikaner zu verhindern versuchen werden. Alles unter den Augen der Präsidenten dieser Supermächte. Die sehr wohl wissen, dass der Sport für die beiden Nationen nur für den viel ernsteren Kampf um die künftige wirtschaftliche Vormachtstellung steht. Dessen Ausgang wiederum, machen wir uns nichts vor, ist längerfristig längst klar. Wer unter 40 Jahre alt ist, lerne also am besten Chinesisch.
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Ein interessanter Begriff: Kleptokratie. Gebraucht für die neuen EU-Mitglieder Rumänien und Bulgarien, denen die EU wegen ihrer «kulturellen Besonderheiten» (hier synonym für das Verschwinden von Subventionsgeldern auf Konten, für die sie nicht gedacht sind) die Unterstützungsgelder sperrte. Zugegeben, es wäre ungerecht, die Schweiz eine Kleptokratie zu nennen. Schliesslich wird uns das Geld vom Staat nicht gestohlen, sondern juristisch und politisch korrekt nur entzogen.
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Hinweis: Das folgende Zitat wird nicht Bundesrat Schmid zugeschrieben. Wenn uns schon mal jemand etwas fragt, antworten wir grundsätzlich mit einem entschiedenen «Vielleicht».
Richard Altorfer
ARS MEDICI 16 ■ 2008 685