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Titel
APA: Qualitätssicherung in der Praxisapotheke: ein Muss!
Untertitel
-
Lead
Angesichts der Einführung der direkten ärztlichen Medikamentenabgabe bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten der Städte Winterthur und Zürich wurde an der diesjährigen Generalversammlung der APA eine Fortbildung zur Qualitätssicherung in der Praxisapotheke durchgeführt. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden verschiedene Massnahmen für einen gesetzeskonformen Betrieb der Praxisapotheke aufgezeigt und das überarbeitete Handbuch der APA vorgestellt, das den Ärzten die Implementierung eines Qualitätssicherungssystems erleichtern soll.
Datum
Autoren
-
Rubrik
BERUF - PRAXIS - POLITIK - GESELLSCHAFT
Schlagworte
-
Artikel-ID
1368
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Qualitätssicherung in der Praxisapotheke: ein Muss!

Angesichts der Einführung der
direkten ärztlichen Medikamen-
tenabgabe bei den niedergelas-
senen Ärztinnen und Ärzten der
Städte Winterthur und Zürich
wurde an der diesjährigen Gene-
ralversammlung der APA eine
Fortbildung zur Qualitätssiche-
rung in der Praxisapotheke
durchgeführt. Im Rahmen dieser
Veranstaltung wurden verschie-
dene Massnahmen für einen
gesetzeskonformen Betrieb der
Praxisapotheke aufgezeigt und
das überarbeitete Handbuch der
APA vorgestellt, das den Ärzten
die Implementierung eines Qua-
litätssicherungssystems erleich-
tern soll.
Da die direkte Abgabe von Medikamenten am 1. Mai 2012 nun endlich auch bei den Ärztinnen und Ärzten in den Städten Zürich und Winterthur eingeführt werden kann, fand im Anschluss an die diesjährige Generalversammlung der APA vom 15. März 2012 eine Fortbildungsveranstaltung zur Qualitätssicherung in der Praxisapotheke statt. In der Einleitung dieses im Zunfthaus zur Schmiden abgehaltenen Anlasses wies Dr. med. HansUlrich Kull, Präsident der APA, darauf hin, dass die nun erlangte Erlaubnis zum Führen einer Praxisapotheke neben verschiedenen Vorteilen auch erhebliche Verpflichtungen bezüglich der Qualitätssicherung mit sich bringt.

Stolpersteine bei der Qualitätssicherung Gemäss Dr. phil II Dieter Schilling, Kantonsapotheker des Kantons St. Gallen, umfasst ein Qualitätssicherungssystem eine klare Regelung und Dokumentation der Zuständigkeiten, Arbeitsabläufe und Kontrollen, da nur auf diese Weise die Produktequalität gewährleistet werden kann. Zur praktischen Umsetzung der Qualitätssicherung wird vorteilhafterweise ein Handbuch herangezogen, das als Vorlage von der APA, aber auch von verschiedenen Lieferanten zur Verfügung gestellt wird. Der Inhalt der gewählten Vorlage muss an die jeweilige Praxis angepasst werden, damit wirklich auch sämtliche Vorgänge im praxiseigenen Qualitätssicherungsdokument erfasst sind. So sollte in diesem praxisspezifischen Qualitätssicherungsdokument ein Organigramm der Mitarbeiter enthalten sein, das die Anstellungsverhältnisse, Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Qualifikationen beschreibt. Zur Lagerung der kühlpflichtigen Arzneimittel muss ein vorzugsweise mit Umluft ausgestatteter Medikamentenkühlschrank verwendet werden, wobei Arzneimittel und Lebensmittel getrennt voneinander aufzubewahren sind. Ausserdem muss belegt werden, dass die Reinigung und Wartung des Kühlschranks regelmässig durchgeführt wurden. Die Temperaturen im Kühlschrank, die im gesamten Kühlschrankbereich stets zwischen 2 °C und 8 °C liegen müssen, sollten mit Hilfe eines Minimum-Maximum-Thermometers täglich erfasst oder mit einem Datenlogger kontinuierlich aufgezeichnet und kontrolliert werden. Besondere Aufmerksamkeit muss dem Konzept geschenkt werden, wie ausserhalb der Toleranzgrenze zu liegen kommende

Temperaturen erkannt werden und welche Massnahmen bei solchen Zwischenfällen zu treffen sind. Die Raumtemperatur in der Praxisapotheke muss zwischen 15 °C und 25 °C liegen, wobei der Temperaturbereich täglich mit einem kalibrierten Minimum-Maximum-Thermometer bestimmt und im entsprechenden Protokollblatt eingetragen werden muss. Ausserdem sind die regelmässigen Reinigungen der Praxisapotheke zu belegen sowie die Eingangskontrolle der Medikamente einzuhalten und insbesondere bei allen in der Praxisapotheke und dem Notfallkoffer gelagerten Medikamenten halbjährlich die Ablaufdaten zu kontrollieren, wobei diese Verfallsdatenkontrollen mit Namen und Datum festzuhalten sind. Beim Anstechen von Mehrdosenbehältnissen mit sterilem Inhalt müssen die hygienischen Minimalanforderungen beachtet und das Anbruchdatum vermerkt werden, damit die Aufbrauchfristen eingehalten werden können. Die Sterilisation von Medizinprodukten in Kleinsterilisatoren ist im Art. 24 der Medizinalprodukteverordnung geregelt, wobei die Kantone für die Kontrollen zuständig sind. Die Homepage der Swissmedic liefert eine Anleitung über die gute Praxis zur Aufbereitung von Medizinprodukten in Arzt- und Zahnarztpraxen mithilfe von DampfKleinsterilisatoren. Allerdings stellt die Anwendung dieser Geräte erhebliche Anforderungen an die Qualitätssicherung, da Wartung und Instandhaltung regelmässig durchgeführt und dokumentiert werden müssen und für jeden einzelnen Arbeitsschritt bestimmte Qualitätskriterien zu erfüllen sind. So muss einerseits die Unterteilung des Arbeitsbereichs in drei unterschiedliche Ablagezonen gewährleistet werden, und andererseits sind Druck, Zeit und Temperatur der Sterilisations-

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abläufe festzuhalten und in regelmässigen Abständen chemische und mikrobiologische Wirksamkeitsnachweise zu erbringen. Die Einfuhr von nicht zugelassenen verwendungsfertigen Arzneimitteln ist in Art. 36 der Arzneimittel-Bewilligungsverordnung geregelt, wonach eine Medizinalperson mit Detailhandelsbewilligung solche Arzneimittel ohne ausdrückliche Bewilligung von Swissmedic aus dem Ausland beziehen kann. Diese Arzneimittel dürfen jedoch nur aus einem Staat mit gleichwertigem Zulassungssystem und nur in kleinen Mengen und für einen bestimmten Patienten oder Notfall eingeführt werden, sofern in der Schweiz kein alternativ einsetzbares Arzneimittel zugelassen oder auf dem Markt verfügbar ist. Betäubungsmittel müssen schriftlich be-

stellt und in einem diebstahlsicheren Schrank aufbewahrt werden, wobei sämtliche Ein- und Ausgänge unter ärztlicher Kontrolle erfolgen müssen. Die Entsorgung der Betäubungsmittel muss via eingeschriebenes Paket mit einem Begleitschreiben, in welchem die Art und Menge des Betäubungsmittels und dessen Herkunft wie «Patientenrückgabe» oder «aus Lager» angegeben sind, über den Kantonsapotheker abgewickelt werden. Die Erstabgabe von Arzneimitteln und Betäubungsmitteln erfolgt nach der Konsultation durch den behandelnden Arzt, wogegen weitere Abgaben desselben Medikaments in der Regel von der Praxisassistentin unter Kontrolle der Ärztin oder des Arztes übernommen werden. Arzneimittel nach Formula magistralis und Formula officinalis dürfen von den

selbstdispensierenden Ärzten nicht abgegeben werden, weshalb bei einem entsprechenden Bedarf ein Rezept ausgestellt werden muss. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Qualitätssicherung ist das Vorgehen im Falle von Beanstandungen oder Rückrufen von Medikamenten, bei welchem das betreffende Arzneimittel einschliesslich der Charge, des Datums und des Lieferanten sowie die getroffenen Massnahmen schriftlich festzuhalten sind. Für die abgebende Person besteht zudem nach Art. 59 HMG die Pflicht, schwerwiegende oder bis anhinnicht bekannte unerwünschte Wirkungen und Vorkommnisse sowie Qualitätsmängel wie beispielsweise Fehler bei der Beschriftung oder der Packungsbeilage wie auch verfärbte Arzneimittel oder einen Inhalt mit Untermischung der Swissmedic zu melden. Die ebenfalls als Qualitätskriterium geforderte Selbstkontrolle ist ein wichtiges Führungsinstrument, das zur einheitlichen Handhabung der Arbeitsabläufe und zur stetigen Verbesserung des Qualitätssicherungssystems dient.

Tipps für eine gute Qualitätssicherung Dr. med. Philippe Luchsinger, Allgemeine Innere Medizin FMH, Affoltern am Albis, betonte, dass die selbstdispensierenden Ärzte sowohl wegen ihrer Verantwortung gegenüber den Patienten, Mitarbeitern und Bewilligungserteilern als auch in Anbetracht der getätigten Investitionen die Pflicht zur Qualitätssicherung haben, die überdies auch im Gesetz verankert ist. Zur Einhaltung der Qualitätsanforderungen sollte die Praxisapotheke für die Praxisassistentinnen gut zugänglich, aber für Fremdpersonen nicht erreichbar sein und zudem abschliessbar, sauber sowie übersichtlich und ordentlich eingeräumt sein. In der Praxisapotheke werden sämtliche Arzneimittel, Impfstoffe und in einem Tresor die Betäubungsmittel gelagert, wobei die Rückgabe- beziehungsweise Rücknahmemedikamente und die abgelaufenen Medikamente örtlich getrennt von den neuen Arzneimitteln aufbewahrt werden müssen. Für die Praxisapotheke sind der Praxisinhaber oder dessen Stellvertreter und

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die Praxisassistentin zuständig, wobei die Verantwortlichkeiten geregelt und in einem immer nachgeführten Organigramm festgehalten werden müssen. Im Hinblick auf einen reibungslosen Betrieb der Praxisapotheke lohnt es sich, anfänglich genügend Zeit zu investieren, um sämtliche Unterlagen bereitzustellen und die für die Betreuung der Praxisapotheke zuständige Praxisassistentin auf ihre Aufgaben gut vorzubereiten. Als weitere Qualitätsanforderung müssen die Reinlichkeit und die Temperaturen im Kühlschrank und in den Lagerräumlichkeiten täglich – am besten beim morgendlichen Rundgang – überprüft werden, und diese Kontrollen müssen in einem Dokument mit Namen und Datum belegt werden. Darüber hinaus muss das Qualitätssicherungsdokument alle Abläufe beim Eingang von Medikamenten festhalten, wobei auch das Vorgehen bei falschen Lieferungen von Medikamenten beschrieben sein muss. Die Bestandeskontrollen, die neben der Praxisapotheke unbedingt auch den Notfallkoffer einschliessen sollten, müssen in einem definierten Intervall durchgeführt und die demnächst ablaufenden Medikamente vorteilhafterweise markiert werden. Im Falle der Betäubungsmittel müssen sämtliche Ein- und Ausgänge mit Angabe von Menge, Datum, Patientennamen und Präparatenamen fortlaufend im Protokollheft eingetragen werden, und am Ende des Jahres muss unaufgefordert ein Inventar der Betäubungsmittel an die kantonale Heilmittelkontrolle gesandt werden. Ausserdem müssen die Preise der Arzneimittel ständig aktualisiert werden, weshalb die Einführung eines guten Preisbeschriftungssystems äusserst lohnenswert ist. Die Abgabe der Arzneimittel darf nur unter Aufsicht des Praxisinhabers und nur an Patienten, die in der Praxis in Behandlung sind, erfolgen. Des Weiteren müssen die abzugebenden Arzneimittel mit einem Etikett versehen werden, auf dem der Name der Patientin

oder des Patienten, die Art und Menge des Arzneimittels, die Gebrauchsanweisung und der Einnahmezeitpunkt angegeben sind. Bei Verwendung der elektronischen Krankengeschichte werden diese Angaben direkt übernommen und die Etiketten automatisch beschriftet, die dann durch den Arzt kontrolliert werden müssen. Die Implementierung eines derartigen Qualitätssicherungssystems mit all den erforderlichen Vorgabe- und Nachweisdokumentationen ermöglicht es, die täglich in der ärztlichen Praxis gelieferte Qualität auch gegen aussen sichtbar werden zu lassen.
Handbuch der APA für die Qualitätssicherung in der Praxis Dr. med. Beat Manser, Past-Präsident der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern und Vorstandsmitglied der APA, erläuterte, dass aufgrund der kantonal unterschiedlichen Regelung der direkten Medikamentenabgabe keine einheitlichen Bestimmungen zum Betrieb einer Praxisapotheke existieren. Zur Sicherstellung einer korrekten und gesetzeskonformen Arbeitsweise hat deshalb die APA bereits im Jahr 2005 ein Handbuch zur Qualitätssicherung entwickelt, das inzwischen überarbeitet wurde. Dieses wichtige Arbeitsinstrument kann als CD von den APA-Mitgliedern kostenlos bezogen werden, während es für Nichtmitglieder zu einem Preis von 200 Franken erhältlich ist. Das nunmehr in 13 Register unterteilte Handbuch gibt einen praktikablen Standard für die Qualitätssicherung vor und wurde vom St. Galler Kantonsapotheker geprüft und für gut befunden. Im Handbuch der APA findet sich einerseits alles Wissenswerte zu Themen wie Personalwesen, dem grundsätzlichen Umgang mit Heil- und Betäubungsmitteln sowie dem Betrieb der Praxisräumlichkeiten, und andererseits sind darin auch die rechtlichen Grundlagen der direkten Medikamentenabgabe und nützliche Hinweise zur

Preisanschreibepflicht und zur Selbst-

kontrolle aufgeführt. Darüber hinaus

enthält das Handbuch die notwendigen

Vorlagen für das Organigramm, die

Regelung der Zuständigkeiten sowie

das Konzept und die Kontrolle der Mit-

arbeiterausbildung und die Einsatz-

pläne. Ausserdem finden sich darin An-

weisungen und Kontrollblätter, welche

die korrekte Ausführung und Über-

prüfung aller Tätigkeiten wie der Rei-

nigung und Temperaturkontrolle des

Medikamentenlagers und des Kühl-

schrankes sowie der Bestellung, Lage-

rung und Abgabe von Arznei- und Be-

täubungsmitteln, der Handhabung von

Retouren, Rückrufen und Beanstan-

dungen, aber auch der Kontrolle der

Ablaufdaten der Arzneimittel in der

Praxisapotheke und im Notfallkoffer

beschreiben. Das neu eingeführte Kapi-

tel zur Aufbereitung von Mehrwegma-

terialien mit Dampf-Kleinsterilisato-

ren, welches anhand der Anleitung der

Swissmedic erstellt wurde, liefert die

Anweisung zum korrekten Ablauf der

Sterilisation sowie zur Durchführung

der erforderlichen Kontrollen.

Zum Erstellen des praxiseigenen

Handbuches werden zunächst alle

Dateien von der CD auf eine Arbeits-

station kopiert und anschliessend mit

den spezifischen Angaben der Praxis

ergänzt. Nachdem die so angepassten

Vorlagen abgespeichert und zur Versi-

onskontrolle mit dem aktuellen Datum

gekennzeichnet worden sind, kann der

Praxisinhaber das Handbuch mit

Datum und Visum in Kraft setzen. Die

konsequente Anwendung dieses Hand-

buches der APA ermöglicht es, die zu-

nächst kompliziert und aufwendig er-

scheinende Qualitätssicherung relativ

einfach in der täglichen Praxis umzu-

setzen, und ist überdies hilfreich für die

stetige Weiterentwicklung der Praxis-

organisation.

APA – Ärzte mit Patientenapotheke Vereinigung der selbstdispensierenden Ärzte der Schweiz Internet: www.patientenapotheke.ch

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