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Kontroverse um die ENHANCE-Studie
Lipidexperten suchen nach Erklärungen für die überraschenden Studienresultate
Bei der diesjährigen Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) sorgten die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse der ENHANCEStudie für reichlich Diskussionsstoff: Der Lipidsenker Ezetimib verstärkt demnach zwar die cholesterinsenkende Wirkung von Simvastatin, beeinflusst jedoch nicht die Intima-Media-Dicke der Karotis. Wie sind diese unerklärlichen Resultate zu bewerten?
Mit der Kombination der beiden Lipidsenker Ezetimib und Simvastatin (Inegy®) wurden zwei unterschiedliche Wirkmechanismen – nämlich die Hemmung der Cholesterinresorption im Darm und der Cholesterinproduktion in der Leber – miteinander verbunden. Bislang konnte eine gute lipidsenkende Wirkung des Medikaments gezeigt werden (1), für einen Effekt auf die Reduktion der Progression der Atherosklerose fehlte bislang der Nachweis. Beim amerikanischen Kardiologenkongress in Chicago (ACC) wurden nun kürzlich – zeitgleich zur Publikation im «New England Journal of Medicine» (NEJM) – die Studienergebnisse der ENHANCE-Studie* in ihren Einzelheiten vorgestellt (2). Schon seit Mitte Januar sorgte die – relativ späte – Veröffentlichung der ersten Studienresultate in der Fachwelt, aber auch auf den Finanzmärkten für erhebliche Aufregung. Denn diese Ergebnisse hatte man nicht erwartet.
* ENHANCE: Effect of Combination Ezetimibe and High-Dose Simvastatin vs. Simvastatin Alone on the Atherosclerotic Process in Patients with Heterozygous Familial Hypercholesterolemia
Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie Für Statine konnte bislang in mehreren Studien der lipidsenkende und antiatherosklerotische Effekt bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie (HeFH) gezeigt werden (3, 4). In der ASAP-Studie zeigten Patienten unter dem Einfluss von Statinen im ersten und zweiten Behandlungsjahr eine Verschmälerung der Intima-Media-Dicke (IMT) an den Karotisarterien (4). Für den Leiter der ENHANCE-Studie, Professor John Kastelein vom Academic Medical Center in Amsterdam, war diese Untersuchung daher nur ein weiterer logischer Schritt bei der Abklärung arterioprotektiver Effekte lipidsenkender Medikamente. Denn auch in ENHANCE litten alle 720 Teilnehmer (Durchschnittsalter 46 Jahre) unter familiärer Hypercholesterinämie (HeFH). Diese mit einer Häufigkeit von etwa einem Fall pro 500 Neugeborenen eher seltene Erkrankung beruht auf einem Defekt des LDL-Rezeptorgens. Die Folgen sind erhöhte Cholesterinspiegel und kardiovaskuläre Erkrankungen. Während die Verumgruppe in der ENHANCEStudie randomisiert mit 363 Teilnehmern
über zwei Jahre mit einer Kombination aus täglich 10 mg Ezetimib plus 80 mg Simvastatin behandelt wurde, bekam die zweite Gruppe mit 357 Patienten lediglich 80 mg Simvastatin/Tag. Etwa 80 Prozent aller Patienten waren schon mit Statinen vorbehandelt. Primäre Surrogatendpunkte waren die über B-ModeUltraschallaufnahmen gemessenen Veränderungen der Intima-Media-Dicke an drei genau definierten Punkten der beiden Karotisarterien (5). Zusätzlich waren vier sekundäre Surrogatendpunkte festgelegt worden, wie etwa das Auftreten neuer Plaques oder weitere Messungen innerhalb der Karotis- beziehungsweise Femoralarterien. Diese Messungen erfolgten zum Beginn der Studie, sowie nach 6, 12, 18 und 24 Monaten.
Lipidspiegel verbessert – Arterienwand unverändert Wie zu erwarten, reduzierte die Ezetimib/Simvastatin-Kombination den LDLCholesterinspiegel im Vergleich zur Baseline um 16,5 Prozent signifikant stärker als die Simvastatinmonotherapie (55,6% vs. 39,1%) (Tabelle 1). Bei einem Ausgangswert von knapp 320 mg/dl für beide Gruppen erreichten die Patienten unter Kombinationsbehandlung 141,3 mg/dl, aber unter Statinmonotherapie nur 192,7 mg/dl. Auch die Triglyzeridwerte zeigten unter Ezetimib/Simvastatin mit –29,8 Prozent im Vergleich zur Monotherapie mit –23,2 Prozent Verbesserungen (p<0,01). Der Anstieg des HDL-Cholesterins war dagegen bei Patienten unter Kombinationstherapie nur leicht und nicht signifikant im Vorteil (+10,2% vs. +7,8%, p = 0,05). Schliesslich reduzierte sich auch der CRP-Spiegel in der
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Alle Fotos: Klaus Duffner
Prof. Harlan Krumholz, New Haven
Prof. John Kastelein, Amsterdam
Tabelle 1: Veränderung von LDL-Cholesterin und CRP-Spiegel (ENHANCE-Studie)
LDL-Cholesterin (mg/dL) Baseline
LDL-Cholesterin nach 24 Monaten
Veränderung nach Baseline (%)
CRP-Baseline
CRP (nach 24 Monaten)
Veränderung nach Baseline (%)
Simvastatin Monotherapie (n = 363)
Simvastatin plus Ezetimibe (n = 357)
Signifikanz (p)
317,8 319,0 ns
192,7 141,3 < 0,01
–39,1 –55,6 < 0,01 1,70 1,70 ns
1,20 0,90
–23,5 –49,2 < 0,01
Ezetimib/Simvastatin-Gruppe mit 49 Prozent signifikant stärker als im Simvastatinarm mit 24 Prozent (p < 0,01). In Bezug auf den primären Endpunkt beziehungsweise die sekundären Endpunkte konnten hingegen keine Unterschiede zwischen beiden Medikationen festgestellt werden. Die Intima-Media-Dicke blieb über den 24-monatigen Behandlungszeitraum hinweg bei allen drei für den primären Endpunkt relevanten Karotis-Messpunkten relativ stabil. An den Ausgangswerten von durchschnittlich 0,69 mm (Kombitherapie) und 0,70 mm (Simvastatinmonotherapie) änderte sich kaum etwas, das heisst, die beobachteten
minimalen Veränderungen zwischen der Ezetimib/Simvastatingruppe (0,0111 mm) und der Simvastatingruppe (0,0058 mm) in Bezug auf die Baseline waren nicht signifikant (p = 0,29) (Tabelle 2). Ebenso wenig kam es bei den sekundären Endpunkten zu relevanten Unterschieden. Auch in der Analyse verschiedener Subgruppen zeigten sich die Medikationen hinsichtlich ihres Einflusses auf die Intima-Media-Dicke sehr ähnlich. Insgesamt zog John Kastelein ein nüchternes Fazit: «Die Schlussfolgerung ist einfach: Hinsichtlich der Karotisarterien wurde zwischen beiden Therapien keine statistische signifikante Veränderung festgestellt.»
Innovation oder nur teures Plazebo? Nicht bestätigt wurde der im Vorfeld geäusserte Verdacht, die Kombinationstherapie könne ernste Nebenwirkungen verursachen. «Es gibt überhaupt keine Sicherheitsbedenken, die Therapie wurde während der zweijährigen Untersuchungsdauer gut vertragen», erklärte Kastelein. Im dicht besetzten Hauptsaal des Kongressareals in Chicago folgte direkt im Anschluss an die neunminütige Präsentation der Studienergebnisse dann eine ungewöhnlich scharfe Antwort aus den Reihen des fünfköpfigen Panels. «Die Kenntnis, wie Lipide beeinflusst werden, sagt noch lange nichts darüber aus, wie das Medikament auf unsere Patienten wirkt», betonte Dr. Harlan Krumholz von der Yale University School of Medicine in New Haven, «viele Medikamente senken zwar den LDL-Spiegel, verbessern aber nicht den Outcome.» Man müsse sich fragen, wie man überhaupt ein Medikament einsetzen könne, ohne dessen Wirkung auf die Atherosklerose zu kennen. «Diese Studie zeigt uns keinen Weg für die Behandlung unserer Patienten. Wir sollten zu den bewiesenen therapeutischen Prinzipien zurückkehren», bekräftigte der Kardiologe. Krumholz, der selbst im «New England Journal of Medicine» parallel zur dort erschienenen ENHANCEStudie und einem ausführlichen Editorial eine eigene Untersuchung zur Verschreibungspraxis von Ezetimib in Kanada und den USA veröffentlicht hatte (6, 7), beklagte zudem die hohen Kosten, die solche Medikamente verursachen. «Möglicherweise werden uns im Jahr 2012 Studien zu diesem Thema zeigen, dass dies doch eine wichtige Innovation bei der Bekämpfung kardiovaskulärer Risiken war. Sie könnten aber auch zeigen, dass dieses Medikament nur ein teures Plazebo ist.» Auch Professor Steven Nissen aus Cleveland, Ohio, gab sich kritisch. Es sei fraglich, ob Ezetimib überhaupt die Fähigkeit besässe, harte klinische Endpunkte zu reduzieren. Allerdings räumte er ein, dass die ENHANCE-Studie ja keine klinische Endpunktstudie sei und sie daher auch nicht «das letzte Wort» sei.
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Drei Erklärungsansätze Dieses letzte Wort wird spätestens in vier Jahren gesprochen werden, wenn die Daten einer umfangreichen neuen Endpunktstudie vorliegen. Bis dahin wird jedoch die Diskussion über das Zustandekommen der widersprüchlichen Ergebnisse – einerseits die Verbesserung des Lipid- und CRP-Profils, andererseits keine Veränderung der Intima-MediaDicke – fortgesetzt. Professor Kastelein, der als erfahrener Spezialist für die Behandlung von Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie gilt, präsentierte für das überraschende Ausbleiben solcher Veränderungen drei mögliche Erklärungen: Erstens könnte die verwendete Messtechnik nicht fein genug gewesen sein, um atherosklerotische Veränderungen tatsächlich zu reflektieren. Zweitens könnte der Wirkstoff, trotz der beobachteten Lipid- und CRP-Reduktion – im Gegensatz zu den Statinen – keinen Einfluss auf die Gefässe genommen haben. Und drittens könnte das HeFH-Patientenkollektiv so intensiv mit lipidreduzierender Medikation vorbehandelt worden sein, dass eine weitere Cholesterinsenkung keinen zusätzlichen Einfluss auf die Ausdehnung der Intima Media mehr hatte.
Prof. François Mach, Genf und Prof. Roger Darioli, Lausanne
Tabelle 2: Veränderung der mittleren Intima-Media-Dicke (IMD): Primärer Endpunkt (ENHANCE-Studie)
IMD-Dicke der Karotisarterie (mm)
Prim. Endpunkt Baseline (mm)
Prim. Endpunkt (mm) nach 24 Monaten
Veränderung nach Baseline (%)
Simvastatin Monotherapie
0,70
0,70
0,0058
Simvastatin plus Ezetimib 0,69
0,71
0,0111
Signifikanz (p) 0,64 0,29 0,29
Kompression der Realität? Der enge Zusammenhang zwischen Zunahme der Intima-Media-Dicke und erhöhtem kardiovaskulärem beziehungsweise Schlaganfallrisiko ist in mehreren Untersuchungen nachgewiesen worden (8, 3). Obwohl die in ENHANCE verwendete Ultraschallmethode in den vergangenen Jahren in vielen Untersuchungen zum Einsatz kam (7), stellt sich doch die Frage, ob sie die häufig nur aus Bruchteilen von Millimetern bestehenden IMDDifferenzen wirklich sicher zu zeigen vermag. «Für mich ist es sehr unwahrscheinlich, dass die verwendete Bildtechnik für die fehlenden Unterschiede verantwortlich zu machen ist», sagte der holländische Studienleiter auf dem ACC. Denn sowohl der sehr hohe IntraklassenKorrelationskoeffizient als auch die sehr geringe Standardabweichung würden gegen diese These sprechen. Das sieht Professor Roger Darioli vom CHUV in Lausanne etwas anders: «Ich bin mir
nicht so sicher, ob diese Methode für eine solche Studie geeignet ist. Die messbaren Unterschiede der Karotis-IMD sind einfach zu gering, als dass man verlässliche Aussagen machen könnte. Das ist eine Kompression der Realität», meinte der Kardiologe gegenüber ARS MEDICI. Dagegen seien die Unterschiede bei der Messung anderer arterieller Strukturen deutlicher. «Für eine Vorhersage neuer kardiovaskulärer Ereignisse sind die Veränderungen der Plaques geeigneter.» Auch Professor Georg Noll vom Universitätsspital Zürich zeigte sich in einem Video-Interview mit der Zeitung «Medical Tribune» skeptisch: «Ich muss sagen, mich haben diese Resultate nicht erstaunt. Ich glaube, die Messung der Intima-Media-Dicke ist wahrscheinlich nicht die adäquate Methode, um eine Progression beziehungsweise eine Regression der Atherosklerose zu erfassen.» Dass nach zweijähriger medikamentöser Behandlung keine Veränderungen der
Intima-Media-Dicke gemessen wurde, könnte aber auch am Wirkstoff selbst liegen. In diesem Fall wäre der LDL-Spiegel durch die Behandlung mit Ezetimib zwar signifikant gesunken – allerdings ohne mit einem vaskulären Benefit verbunden zu sein. Das würde aber auch bedeuten, dass keine weiteren gefässprotektiven pleiotropen Effekte, wie sie für Statine diskutiert werden, vorhanden sind (1, 2). Dagegen, so Kastelein im NEJM, spräche eine neuere Metaanalyse (9). Nach dieser sollen von den lipidunabhängigen Eigenschaften der Statine, neben den durch die Lipidsenkung sowieso erwarteten, keine zusätzlichen Risikoreduktionen ausgehen.
Patienten zu intensiv vorbehandelt? Die für Kastelein wahrscheinlichste Erklärung für diese unerwarteten Ergebnisse liegt in der Vorbehandlung der Patienten. Denn im Gegensatz zu früher
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werden Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie heute schon früh mit hohen Statindosen behandelt. Wie in der ASAP-Studie gezeigt wurde, führt eine solche intensive Statintherapie zu einer schwächeren Verdickung der Intima Media (4). Daher, so der Internist aus Amsterdam, sei die mittlere Dicke der Intima Media mit etwa 0,69 mm von vornherein deutlich geringer gewesen als bei HeFH-Patienten der meisten anderen Studien. Und: Während in der ENHANCE-Studie mit einer hohen Statindosierung von 80 mg/Tag eine minimale Progression der Intima-MediaDicke von 0,0029 mm pro Jahr festgestellt wurde, betrug diese bei HeFHPatienten mit nur 40 mg/Tag in der ASAP-Studie 0,018 mm pro Jahr – ein sechsfach höherer Wert. Ähnlich argumentierte Professor Michael Davidson von der University of Chicago auf einer Pressekonferenz: «Die einbezogene Population war schon vor Studienbeginn so gut behandelt, dass dies die wahrscheinlichste Erklärung für fehlende IMD-Unterschiede ist.» Studien der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass die Arteriendicke bei behandelten Patienten mit Hypercholesterinämie immer weiter zurückgegangen sei. «Sie können die Wanddicke nicht von normal zu ‹noch normaler› verbessern. Damit war es überhaupt nicht möglich, einen Effekt zu sehen», sagte Davidson. Das Argument gegen diese Hypothese, formulieren von Brown und Tayler in ihrem Editorial im NEJM: Die Kombinationsbehandlung konnte auch bei den 19 Prozent Patienten, die in ENHANCE nicht mit Statinen vorbehandelt waren, keine bessere Response als die Simvastatinmonobehandlung zeigen (7). Allerdings war diese Subgruppe zahlenmässig recht klein, sodass auch hier Vorsicht mit vorschnellen Schlüssen geboten scheint. «Letztlich», resümierte Kastelein in Chicago, «bleiben die Gründe für diese widersprüchlichen Ergebnisse unbekannt.»
Andere Situation in den USA Die Diskussion um die Ergebnisse der ENHANCE-Studie machte aber auch deutlich, dass Ezetimib in den USA einen ganz anderen Stellenwert besitzt als in
anderen Ländern. Während in den Vereinigten Staaten im Jahr 2006 der Anteil des Medikaments unter den Cholesterinsenkern bei 15,2 Prozent lag, erreichte es beispielsweise in Kanada nur 3,4 Prozent. In der Schweiz liegt der Marktanteil momentan bei etwa 5 bis 7 Prozent. Dort sind für die Behandlung der Hypercholesterinämie (LDL-C) laut einer klaren Empfehlung der AGLA (Arbeitsgruppe Lipide und Atherosklerose) die Statine das Mittel der Wahl (10). Werden jedoch die Zielwerte nicht erreicht oder kommt es zu Interaktionen mit anderen Medikamenten beziehungsweise die Statine werden nicht vertragen, kann unter anderem mit Ezetimib behandelt werden. Für Professor François Mach vom Hôpitaux Universitaires de Genève herrscht in Amerika eine völlig andere Situation, da dort Ezetimib teilweise auch als FirstLine-Therapeutikum verwendet wurde: «Möglicherweise wurde das Medikament in den USA auch ohne Indikation eingesetzt, und jetzt haben wir dort wahrscheinlich zu viele Patienten, die damit behandelt werden.» Obwohl die Ergebnisse der ENHANCE-Studie für diese spezielle Patientengruppe enttäuschend seien, solle man jetzt nicht überreagieren und Therapien abbrechen oder das Medikament aufgeben. Die heftigen seismischen Ausschläge in den USA sind hierzulande bisher kaum zu spüren: «Bislang haben sich in der Schweiz nur sehr wenige Patienten von diesen Ergebnissen beeinflussen lassen und ihre Therapie gewechselt», erklärte der Genfer Spezialist. Auch Professor Roger Darioli gibt zu bedenken, dass in der Praxis viele Patienten mit Statinen ihre LDL-Ziele nicht erreichen. «Wir brauchen neben den Statinen andere Werkzeuge.» Im Laufe seines langen Kardiologenlebens hat Darioli schon so manchen Strauss ausgefochten: «Das ist nicht der erste Kongress und nicht die erste Studie mit gegensätzlichen Resultaten. In der Lipidologie hatten wir immer wieder grosse Kontroversen.»
Warten auf 2012 Einig sind sich die Experten, dass es klinischer Endpunktstudien bedarf, um ein endgültiges Urteil abgeben zu können.
Eine solche gross angelegte Untersuchung
ist die IMPROVE-IT-Studie, deren Ergeb-
nisse im Jahr 2012 erwartet werden. Um
eine noch breitere Datenbasis zu haben,
wurde die Zahl der Teilnehmer mit aku-
tem Koronarsyndrom vor Kurzem von
12 500 auf 18 000 in insgesamt 30 Län-
dern erhöht. In der randomisierten Dop-
pelblindstudie wird die Behandlung der
Kombination aus 40 mg Simvastatin plus
10 mg Ezetimib mit 40 mg Simvastatin
alleine verglichen. In der Schweiz ist
Professor François Mach mit seiner Ar-
beitsgruppe an dieser Studie federfüh-
rend beteiligt. Die in der ENHANCE-
Studie als zu schwach kritisierten Sur-
rogatendpunkte werden dann durch
«harte» Endpunkte wie kardiovaskulärer
Tod, nicht fatale Herzattacken, Schlag-
anfälle oder Revaskularisation ersetzt.
«Wir warten auf 2012, dann können wir
uns wieder treffen und über diese End-
punkte sprechen», betont Mach.
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Klaus Duffner E-Mail: duffner@medizinundwissen.de
Quelle: Jahreskongress des American College of Cardiology (ACC) in Chicago, 29. März bis 1. April 2008.
Interessenlage: Die Kongressteilnahme wurde von MSD unterstützt. Die Firma nahm keinen Einfluss auf den Inhalt des Berichts.
Literatur 1. Landmesser U et al.: Simvastatin versus ezetimibe: pleiotro-
pic and lipid-lowering effects on endothelial function in humans. Circulation 2005; 111: 2356—2363. 2. Kastelein J: Simvastatin with or without Ezetimibe in Familial Hypercholesterolemia. N Engl J Med 2008; 358: 1431—1443. 3. Wiegman A, Hutten BA, de Groot E et al.: Efficacy and safety of statin therapy in children with familial hypercholesterolemia. A randomized controlled trial. JAMA 2004; 292: 331—337. 4. Smilde TJ et al.: Effect of aggressive versus conventional lipid lowering on atherosclerosis progression in familial hypercholesterolaemia (ASAP): a prospective, randomised, double-blind trial. Lancet 2001; 357: 577—581. 5. de Groot E et al.: Circulation 2004; 109 (suppl. III): II33—III38. 6. Jackevicius CA: Use of Ezetimibe in the United States and Canada. N Engl J Med 2008; 358. 7. Brown BG, Taylor AJ: Does ENHANCE diminish confidence in lowering LDL or in Ezetimibe? N Engl J Med 2008; 358; 14: 1504—1507. 8. Howard G et al.: Carotid artery intimal-medial thickness distribution in general populations as evaluated by B-mode ultrasound. Stroke 1993; 24: 1297—1304. 9. Robinson JG et al.: Pleiotropic effects of statins: benefit beyond cholesterol reduction? A meta-regression analysis. J Am Coll Cardiol 2005; 46: 1855—1862. 10. AGLA-Homepage: www.agla.ch/04_guidelines/praevention.php? spr=de&rollover=4&rollavi=5&rollspr=de&sprtb=&praevLink= 04_therapie
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