Transkript
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Rosenbergstrasse 115
Im Zürcher Kantonsrat wundert man sich über den Zürcher Regierungsrat, weil dieser der Initiative der Ärzteschaft für die Erlaubnis zur Selbstdispensation in den grossen Städten einen Gegenvorschlag gegenübergestellt hat, der sich von der Initiative nur marginal unterscheidet. Egal wie es zu so viel Vernunft in der Regierung kam, interessant sind die Reaktionen der Kantonsräte. Willy Haderer (SVP) meinte, das Volk wolle keine Änderung, das hätten die beiden Abstimmungen (übers Gesundheitsgesetz) deutlich gemacht. Hat der Volksvertreter sein Volk wirklich richtig verstanden? Wollte das Volk nicht gerade das Gegenteil? Nämlich keine Beibehaltung der Änderung (nämlich des Verbots der SD)? Möglich, gell? Silvia Seizer (SP) wiederum hat Angst vor einem Verkaufsmonopol der Ärzte. Offenbar aber weniger vor dem aktuellen Monopol der Apotheker. Und mit «Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug» kann sie gar nichts anfangen.
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Und so positionieren sich die Parteien im Zürcher Kantonsrat: ■ FDP: einstimmig Ja zur Initiative. Gott sei
Dank, wenigstens die. ■ SVP: zwei Drittel dafür. Nun gut, mit
einem Drittel Ahnungsloser muss man bei der SVP immer rechnen. ■ SP: ein Drittel dafür. Das scheint plausibel. Mit einem Drittel Vernünftiger darf man selbst bei der SP rechnen. ■ Grüne: ein Viertel dafür. Ist halt kein grünes Thema, und die Sache ist ökologisch offenbar nicht so schlimm. Die meisten Leute vergeuden ihre Zeit für den überflüssigen Apothekerbesuch ja mit dem grüngeliebten Tram. ■ CVP: grossmehrheitlich dagegen. Was sonst? Oder hat jemand etwas anderes erwartet? Anders gefragt: Wählt eigentlich noch jemand CVP?
■ EVP: 6 zu 5 dagegen, EDU und GLP: dagegen. Eine illustre Gesellschaft, spricht für sich selber.
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Wie geht’s eigentlich der Vogelgrippe? Und SARS? Erinnern Sie sich noch daran? Da hat ein übereifriger Chefbeamter beim BAG (Kollege Zeltner) doch mal kurzfristig eine internationale Messe abgesagt, mit Dutzenden von Millionen Franken Folgekosten – nicht für den Beamten natürlich. Und heute? SARS? Nennt sich so eine islamische Terrorgruppe? Und wie stehts mit dem Waldsterben? Für die Jüngeren: Der Anfang vom Ende! Nie gehört? Tja. Überlebt haben dafür die allerdings viel jüngeren Themen Kampfhunde und Passivrauchen. Erst im Kommen sind der Kampf gegen die Dicken (absehbar ein Dauerbrenner), die Transfette (mit eher mässigem Angstpotenzial) sowie die mystische Geissel Elektrosmog. Die Angst davor ist noch nicht sehr verbreitet, da muss man noch dran arbeiten. Immerhin: Da nicht nachweisbar ist, dass Elektrosmog krank macht, aber leider auch nicht, sind endlose Diskussionen garantiert – vergleiche: Impfungen. Nicht zu vergessen: der Feinstaub. Den gibts zwar schon seit Hunderten von Jahren, nur hat niemand danach gefragt. Jetzt aber, wo wir trotz Feinstaub immer älter werden, haben wir endlich Zeit, uns darum zu kümmern. Genfood hingegen fürchten fast nur noch die Hardcore-Körnis. Die Kreativen unter den Katastrophepropheten haben sich neuen, spannenderen Themen zugewandt: den Nanopartikeln beispielsweise. Die versprechen jede Menge Angstpotenzial bei grossem wirtschaftlichem Interesse – ein ideales Tummelfeld für Angstmacher und Angstgewinnler.
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Von der Klimaerwärmung betroffen sind nun definitiv auch die resistentesten Skep-
tiker: In Südfrankreich sollen wegen der warmen Temperaturen nämlich die schwarzen Trüffeln selten geworden sein. Für manche die erste wirklich erschreckende Meldung in Sachen Klimakatastrophe.
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BBC sendet einen Film über eine bisher wenig erforschte Art von Pinguinen, die etwas können, was anderen Pinguinen verwehrt ist: fliegen. Sie starten im antarktischen Eis und fliegen in Schwärmen zu Hunderten, ja Tausenden nach Norden, Südamerika entgegen und landen im Regenwald zwischen Tukanen und Jaguaren. Ein Film, so wunderbar wie die meisten BBC-Naturfilme. Und es ist 1. April. Wissenschaftler des American Petroleum Research Institute’s Laboratory for Fuels (Haha!) haben ein Nanotechnologiegerät entwickelt, das aus den Tastenschlägen der PC-Nutzer elektrische Energie gewinnt. Man hat errechnet, dass der durchschnittliche Amerikaner täglich 20 000-mal auf die Tasten haut, was der Energie einer 60-Watt-Glühbirne entspricht, die eine Stunde lang brennt. Und es ist 1. April im Internet. Google bietet eine neue Dienstleistung: Über «one day in advance» lassen sich dank einer revolutionären neuen Technologie Ereignisse bis 24 Stunden in der Zukunft sicher vorhersagen, Aktienkurse ebenso wie Blog-Einträge. Und es ist 1. April im Internet. Dies alles und vieles mehr zu sehen über aprilfoolsdayontheweb.com.
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Nieder mit der Schwerkraft – es lebe der Leichtsinn!
Richard Altorfer
ARS MEDICI 8 ■ 2008 309