Transkript
Editorial
Wie bringt man Ärzte (und Ärztinnen) dazu, gute Ärzte zu sein? Indem man sie dafür bezahlt, wenn sie gut sind. Und indem man sie finanziell bestraft, wenn sie schlecht sind. Die Idee ist einfach und darum bestechend. In den USA nennt man die damit verbundenen praktischen Programme «Payfor-Performance», und sie haben Hochkonjunktur. Damit ist absehbar, dass Pay-for-Performance auch bei uns Einzug halten wird, wenn es nach den Liberalisierern im Gesundheitswesen geht, die zwar meistens keine Ärzte sind, aber ihre Vorstellung mit Beharrlichkeit schon durchbringen werden. In den USA schaffen bereits die Schattenseiten Besorgnis. Zum einen ist die Effektivität
Arztes ruinieren. Anreize müssten sich gegen diese Diskriminierung richten und dafür sorgen, dass Ärzte ein Interesse haben, sich um die kränksten und verletzlichsten Patienten zu kümmern. Der Gesellschaft käme dabei die Aufgabe zu sicher-
Fröhliche Marktwirtschaft: Die Anreize für die Ärzte müssen auch den Patienten nützen
solcher marktwirtschaftlichen Steuerungssysteme keineswegs durch Evidenz untermauert, zum anderen ist wenig bis nichts über unbeabsichtigte Auswirkungen auf die Arzt-Patienten-Beziehung bekannt. Gerade diese beunruhigen das American College of Physicians (ACP) und dessen Ethikkomitee. Das ACP glaubt, dass Pay-for-Performance trotz guter Messparameter zu einer schlechteren anstatt besseren Patientenbetreuung führen kann («Pat. starb, aber die Elektrolyte waren im Gleichgewicht»). Aus Gründen der Praktikabilität wird sich Pay-for-Performance auf wenige Qualitätsparameter pro Krankheitsbild abstützen wollen, zum Beispiel das HbA1c oder den Blutdruck: Hauptsache gut messbar, wobei die Frage nach der Bedeutung des Messwerts für den individuellen Patienten aussen vor bleibt. Das ACP formuliert etliche Problemfelder. Da ist der Ausschluss schwieriger Patienten, etwa von Diabetikern, die sich nicht auf das geforderte HbA1c einstellen lassen und damit das Qualitätsprofil des
zustellen, dass Probleme wie Sprachbarrieren oder schlechte Gesundheitsbildung vom Gesundheitswesen angepackt (und nicht als Privatsache angesehen) werden. Patienten müssen überzeugt sein, dass ihre Ärzte in ihrem Interesse handeln und nicht aus Eigennutz. Alles andere zerstört Vertrauen. Hier hilft vermutlich einzig, wenn Qualität mit patientenzentrierten Zielen gemessen wird, wie Kontinuität, Kommunikation, Respekt für vertrauliche Patientendaten, Verfügbarkeit. Die Empfehlungen der ACP zur Verhütung übler Auswüchse in Anreizsystemen lesen sich vergleichsweise banal: Transparenz herstellen; nur messen, was für Patienten wirklich wichtig ist; aber auch Verstärkung der administrativen Überwachung der Ärzte (!) und Bestrafung unethischen Verhaltens besonders in der Patientenselektion. Sozusagen weniger Freiheit für mehr Markt …
Halid Bas
ARS MEDICI 7 ■ 2008 265