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PHARMA FORUM
Alternative für die Langzeit-Schmerztherapie
Dr. Nicola Keller, Rheumatologe, Morbio Inferiore, Ticino
Kommentiert von Prof. Klaus Hörauf, Anästhesiologe, Intensivmediziner und Schmerztherapeut, Universitätsspital Wien
NICOLA KELLER
Nach dem Marktrückzug von Rofecoxib und der seitdem aufgekommenen Diskussion um die Risiken der selektiven COX-2-Hemmer sind viele Ärzte und Patienten verunsichert und auf der Suche nach wirksamen und zugleich gut verträglichen Alternativen für die RheumaLangzeittherapie. Lornoxicam, ein traditionelles NSAR mit balanciertem Verhältnis von COX-1- und COX-2-Inhibition, ist eine solche Alternative: Studien haben die hohe therapeutische Sicherheit und Wirksamkeit in der Langzeittherapie belegt.
In der Schweiz nehmen etwa 1,4 Millionen Menschen regelmässig Rheumamittel. Typischerweise handelt es sich um eine ältere Patientenklientel, die multimorbide ist, oft zusätzlich unter kardiovaskulären Erkrankungen leidet und zahlreiche weitere Medikamente einnimmt. Ziel der Rheumatherapie ist es, Schmerz und Entzündung in den betroffenen Gelenken zu mindern und die Gelenkfunktion so gut wie möglich zu erhalten.
In der Wirkung mindestens vergleichbar mit Diclofenac Die gute Eignung von Lornoxicam für die Langzeittherapie hat unter anderem eine multizentrische doppelblinde Vergleichstudie bestätigt (1). In der Untersuchung wurden in der ersten kontrollierten doppelblinden Phase 247 Arthrose-Patienten entweder mit Lornoxicam (12 mg/Tag) oder Diclofenac (150 mg/Tag) behandelt. Nach zwei Wochen hatte der Spontanschmerz in beiden Grup-
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Dr. Nicola Keller
pen signifikant abgenommen – unter Lornoxicam um knapp 50 Prozent und unter Diclofenac um 40 Prozent. Bei der Schmerzreduktion war der Unterschied bereits nach einer Woche signifikant zu Gunsten des Oxicams. Die Rate der Patienten, die über starke Schmerzen klagten, hatte sich in den beiden Behandlungswochen unter Lornoxicam von 67 auf 15 Prozent und unter Diclofenac von 79 auf 24 Prozent verringert. Die Dauer der Morgensteifigkeit reduzierte sich unter Lornoxicam um etwa die Hälfte und unter Diclofenac um rund ein Drittel. Die anschliessende offene zweite Studienphase, in der dann 153 Patienten über sechs Wochen nur Lornoxicam erhielten, belegte die unverminderte Wirkung auf Spontan- und Bewegungsschmerz sowie die Morgensteifigkeit.
Therapieerfolg steigt mit zunehmender Behandlungsdauer In einer anderen Langzeitstudie mit Lornoxicam bei rheumatoider Arthritis (2) zeigte sich sogar eine mit der Behandlungsdauer zunehmende Wirkungsverstärkung. Die rheumatologische Arbeitsgruppe am Kranken-
haus «Ospedale Maggiore» in Bologna hat bei 34 Patienten in einer offenen Beobachtung zwei Verabreichungsschemata von Lornoxicam in Tabletten zu 4 und 8 mg bei einer Tagesdosis von 8 bis 16 mg über sechs bis zwölf Monate eingesetzt. «Lornoxicam kontrollierte die klinischen Parameter der Krankheit über einen langen Zeitraum hinweg», so heisst es in der Publikation, «und zeigte dabei eine kontinuierliche Wirkung, die stets mit einer ausgezeichneten Verträglichkeit verbunden war.»
Kardiovaskuläre Risikoparameter günstig beeinflusst Ein besonderer Aspekt von Lornoxicam ist dessen gutes kardiovaskuläres Sicherheitsprofil, das eine Studie von Tsurko et al. (3) bestätigt hat. Neben der guten analgetischen und antiinflammatorischen Wirkung zeigte sich sogar eine signifikante Reduktion des systolischen Blutdrucks, eine Senkung der Herzfrequenz und eine verbesserte Herzfrequenzvariabilität – all dies nach Ansicht der Autoren wohl bedingt durch die Verminderung des Schmerzsyndroms, den verringerten Stress für Psyche und Blutdruck und die Verbesserung des Blutgefäss-Endothels. Im Gegensatz dazu ist für andere konventionelle NSAR, vor allem aber für selektive COX-2-Hemmstoffe, in Studien ein negativer Effekt, nämlich eine Natriumretention, gesteigerte Ödemneigung sowie ein erhöhtes Risiko für Herzversagen und Hypertonie nachgewiesen worden (4).
Sieger auch im Direktvergleich mit Rofecoxib Im Direktvergleich mit Rofecoxib schnitt Lornoxicam in der COLOR-Studie (5), einer Praxisbeobachtung mit mehr als 2500 Patienten mit aktivierter Arthrose, ebenfalls hervorragend ab: In den analgetischen und entzündungshemmenden Wirkungen war
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Alternative für die Langzeit-Schmerztherapie
Lornoxicam signifikant überlegen, ohne dass
eine schlechtere Verträglichkeit beobachtet wurde. Unerwünschte Ereignisse waren sel-
Lornocixam – ein NSAR mit besonderen Eigenschaften
tener unter dem Oxicam (5,4% versus 12%
In der Praxis steht uns eine Vielzahl von NSAR zur Verfügung. Dies ermöglicht die in-
unter Rofecoxib). Selbst bei den MagenDarm-Symptomen war Lornoxicam dem COX-2-Hemmer ebenbürtig (Abbildung 1).
dividuelle Therapie unter Berücksichtigung der jeweiligen Patientenbedürfnisse. Die Oxicame waren unter den NSAR immer beliebt, weil sie sehr gut wirksam sind. In puncto Magen-Darm-Verträglichkeit wurden sie jedoch oft nicht so positiv beurteilt. Lornoxicam grenzt sich von anderen Oxicamen vor allem durch die kurze Halbwerts-
Das Fazit: Eine geeignete
zeit von etwa vier Stunden im Plasma ab. So ist das Potenzial für nachteilige Reaktionen geringer. Postoperativ setzen wir darum Lornoxicam in einer Dosierung von
Langzeitalternative
maximal 24 mg pro Tag ein. Es gibt Hinweise, dass im Gelenk und den entzündeten
Mit Lornoxicam steht ein konventionelles NSAR zur Verfügung, das – wahrscheinlich
Geweben die Konzentration des Wirkstoffs über 10 bis 12 Stunden hoch bleibt, sodass bei rheumatischen Beschwerden die zweimal tägliche Gabe ausreicht. Die Vergleichsstudien, etwa mit Diclofenac (1), aber auch unsere klinischen Erfahrungen, bestätigen,
aufgrund seiner balancierten COX-1- und
dass es sich bei Lornoxicam um ein wirksames und gut verträgliches NSAR handelt.
COX-2-Inhibition sowie bedingt durch die
Bestehende Studienresultate (6) bezüglich postoperativer Schmerztherapie, bei der
kurze Plasmahalbwertszeit (bei wahrscheinlich längerer Verweildauer am Gelenk) – sehr gute analgetische und antiinflammatorische Effekte vereint. Seine zudem herausragende Verträglichkeit, sowohl in puncto kardiovaskuläre als auch gastrointestinale
die Lornoxicamwirkung mit der von Tramadol und Pethidin verglichen wird, kann ich nur bestätigen. Sie sind mit ein Grund, weshalb ich Lornoxicam schon seit sechs Jahren mit Erfolg einsetze. Lornoxicam ist ein viel versprechendes NSAR mit grossem Potenzial für die Praxis.
Kommentar von Prof. Klaus Hörauf, Universitätsspital Wien
Nebenwirkungen, bestätigt – ebenso wie die
günstigen Tagestherapiekosten – Lornoxicam Referenzen:
Dr. Nicola Keller
als besonders geeignete Langzeittherapie- 1. Lanzetta et al.: Minerva Ortop Traumatol
Rheumatologe, Morbio Inferiore
Alternative für Patienten mit rheumatoider 2002; 53: 165–171.
Arthritis oder (aktivierter) Arthrose.
q 2. Frizierro et al.: Minerva Med 2002; 93: Weitere Informationen:
315–320.
Internet: www.just-medical.com
Keywords:
3. Surko et al.: Ter Arkh 2002; 74: 63–66.
Langzeit-Schmerztherapie, COX1, COX2, 4. Krämer et al.: Kidney Blood Press Res 2004;
Kontakt:
Rheuma, rheumatoide Arthritis, aktivierte 27: 43–62.
E. Cornacchia
Arthrose, Gelenksbeweglichkeit, Bewegungs- 5. Rose et al.: Clin. Drug Invest. 2004; 24:
dr-ouwerkerk ag, Baar
schmerz, Schmerz, Rofecoxib, NSAR, Pethidin, 227–236.
Tel. 041-766 11 46
Diclofenac, Opioid, Tramadol, Lornoxicam
6. Rosenow et al.: Clin. Drug Inv. 1996; 11: 11–19.
xefo® 4 und 8 mg; W: Lornoxicam (L); HS: Laktose
u.a.; I: Sympt. Behandlung von Schmerz und Ent-
zündung assoziiert mit entzündl. und deg. Erkran-
kungen des rheum. Formenkreises, wie chronische
PA (rheumatoide Arthritis) oder OA; D: (8–) 16 mg
auf 2–3 x tägl. verteilt; KI: Bekannte Überempfind-
lichkeit/Allergie gegen L, ASS oder andere NSAR;
akute gastrointestinale Blutungen, akutes Magen-
oder Darmulkus; bestehendes Ulcus pepticum;
schwere Nieren- und Leberinsuffizienz; Blutdys-
krasie; Schwangerschaft, Stillzeit; Patienten unter
18 Jahren; VM: bei gastrointestinaler Blutung oder
Magen-/Darmulzera; Blutkoagulationsstörungen;
beeinträchtigter Nierenfunktion; UW: Störungen
des GI-, Leber- und Gallensystems; Diarrhö; Dys-
pepsie; Nausea; derm.; Kopfschmerzen; IA: Anti-
koagulanzien und Plättchenaggregationshemmer;
Phenprocoumon; Sulphonylharnstoffe; nichtstero-
idale Antirheumatika; Diuretika; Cimetidin; Digo-
xin; Lithium; P: 4 und 8 mg, je 20, 50, und 100
Abbildung 1: Die gastrointestinale Verträglichkeit von Lornoxicam und COX-2-Hemmern ist gesamthaft vergleichbar (1,06 resp. 1.11), die Unterschiede waren statistisch nicht signifikant (5).
Filmtabl.; Liste B; kassenzulässig (SL); V: Nycomed AG, 8820 Wädenswil/Au. Ausführliche Angaben entnehmen Sie bitte dem «Arzneimittel-Kompendium der Schweiz».
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