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EDITORIAL q ÉDITORIAL
D ie «Geschenke», die in den vergangenen Wochen verteilt oder angekündigt wurden, habens in sich. Während die meisten Arbeitnehmer im Dezember eine Gratifikation oder einen 13. Monatslohn erhalten, jenen des Bundes und der Kantone darüber hinaus Stufenanstieg oder/und Teuerungsausgleich angekündigt wurde (nicht allen, zugegeben), wurden die Ärzte mit ab Januar 2005 neu gewichteten Taxpunktwerten bedacht. Die wenigsten von uns gerieten darob vor Freude aus dem Häuschen. Die Zürcher haben schon lange das Geschenk mit ihrer grünen Regierungsrätin. Nachdem die deren Herz verschachert hat, will sie ihnen nun
Künstler beschert: eine Installation in Paris und eine politische Kulturkrise. Der rebellische Kunstschaffende, der am Staat Schweiz so gar nichts Gutes finden mag (ausser sich selber), hat sich die beförderliche Behandlung seiner beruflichen Karriere dann aber doch aus Steuergeldern dieses Staates finanzieren lassen. Sollen
Zeit der Geschenke
wenigstens die Leber schenken. Die föderalistische Organaufteilung in der Transplantationsmedizin hat dazu geführt, dass der Kollege Carrell auf den Umzug in die wichtigste Schweizer Stadt verzichtete und nun selbst die Chefs der Zürcher Kliniken misstrauisch werden. Nichts gegen Bern, Basel, Genf oder Lausanne und nichts gegen die überaus menschliche Schadenfreude darüber, dass das mächtige Zürich für einmal übertölpelt wurde und den Kürzeren zog. Nichts gegen Sparen im Gesundheitswesen und schon gar nichts gegen einen ausgeprägten Föderalismus. Aber kann es sich die Schweiz wirklich leisten, ihr wirtschaftliches und wissenschaftliches Zentrum durch Beschluss von politischen «Bazaris» zur Provinz zu degradieren? Man kann, natürlich. Man sollte nur bedenken: Wer zu viele Eigentore schiesst, verliert und steigt am Ende in die zweite Liga ab. Gleich zwei überflüssige Geschenke hat uns ein nur wenigen Insidern bekannter Schweizer
wir Kunst etwa nicht subventionieren? Klar doch, meinte eine durchaus liberale Publizistin, aber müssen die Schenkenden sich von den (mit Subventionen) Beschenkten gleich noch vera…en lassen? Das vielleicht grösste Geschenk wurde den Kantonen in Aussicht gestellt. Hunderte von Millionen Franken sollen sie, die hoch verschuldeten, im Lauf des kommenden Jahres erhalten. Der Ertrag aus dem Verkauf des NationalbankGoldes. Ein Geschenk wie ein Lottogewinn: Alle wollen etwas davon abhaben. Und so geht das in der Regel mit Lottogewinnen: Nach drei, vier Jahren ist alles futsch und der Gewinner so stier wie zuvor. Schliesslich hat uns auch die Natur ein Geschenk gemacht. Ohne Hintergedanken und einfach nur uns zur Freude: Schnee und damit manchenorts weisse Weihnacht. Freuen wir uns daran.
Richard Altorfer
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